log #471: the track: pop | ikarus
(budget) Ich habe kürzlich vorgerechnet,
daß ich im Jahr für 50- bis 60.000,- Euro Rechnungen schreiben muß, damit mein
Geschäft stabil bleibt und mir zwölf mal im Jahr 1.500,- Euro zur privaten Verfügung
ermöglicht. Die Details: [link]
Das inkludiert keinen bezahlten Urlaub, schon gar keinen bezahlten Krankenstand. Ich werde
heuer 59, verfüge also nicht mehr über die Robustheit und Belastbarkeit vergangener
Jahre. Das ist demnach eine riskante Tour.
Diese Skizze handelt unter anderem davon, daß ich keinen
Arbeitsplatz gestellt bekomme, sondern nah Abzug von Steuern und Sozialabgaben ja auch
für mein Büro und mein Lager/Archiv sorgen muß, für die nötige Infrastruktur samt
EDV, um mein Geschäft betreiben zu können.
Dazu muß auch ein Auto verfügbar sein, weil ein
wesentlicher Teil an Terminen in der Provinz mit öffentlichen Verkehrsmitteln nur durch
großen Zeitaufwand oder auch gar nicht bewältigbar wäre.
Ich muß derlei immer wieder erklären, weil wir so viele
Leute in sicherer Anstellung um uns haben, die nicht einmal brutto von netto zu
unterscheiden wissen, deren Arbeitsplatzausstattung und Arbeitgeberanteile ihnen kein
Thema sind.
An anderer Stelle habe ich festgehalten, daß meine intensive Praxis und langjährige
Berufserfahrung in unserer Gesellschaft an dem Wert zu messen wäre, den der Staat einem
Mittelschullehrer zuschreibt:
"Ich hab eben wieder notiert, ein
Mittelschullehrer meines Alters würde monatlich zirka 4.200,- Euro brutto verdienen, im
Universitätsdienst seien es etwa 500,- Euro mehr,..." [Quelle] Das ist
für freischaffende Künstler in Österreich unerreichbar. (Die wenigen Ausnahmen können
in dieser Betrachtung unberücksichtigt bleiben.)
Als EPU = EinPersonenUnternehmen nehme also besser
an der freien Wirtschaft Maß, denn das ist mein reales Bezugsfeld: "Unternehmer
Jürgen Kapeller schrieb mir: 'der durchschnittliche selbständige verdient in der stmk
etwa 2100 netto im monat - allerdings nur 12 mal'" habe ich hier notiert: [link] Das macht
demnach 25.200,- Euro pro Jahr zur persönlichen Verfügung.
Mir klingeln noch die Ohren von den Sprüchen all jener,
die mir mit treuherzigem Blick beteuern: "Ich bin Künstler, kein
Unternehmer." Soziale Realitätsverweigerung bringt uns da keinen Zentimeter
voran. Es wäre auch kulturpolitisch noch zu klären, was so eine Aussage eigentlich
bedeutet.
Im Jahr 2001 habe ich nach einem Bescheid des Finanzamtes
festgehalten: "Daraus ergibt sich rechnerisch ein Monatsgehalt in der
Höhe von 1.125,- Euro, das mir verbleibt." [Die Quelle]
Mein heutiger Status laßt mich, wie hier eingangs
erwähnt, an der Vorstellung festhalten, zwölf mal im Jahr 1.500,- Euro netto seien
angemessen.
Da ich primär Autor bin, wäre es plausibel, den Hauptteil
davon mit publizistischer Arbeit zu erwirtschaften. Das ging vor sieben, acht Jahren in
meiner Region noch ganz gut. Doch diese Zeiten sind vorbei.
Schon 2011 waren die Preise im Keller; siehe zum Beispiel: "Ich schreibe für die Regionalpresse. Was bringt das?" [link] Ich hab nun
eine 2013er- und 2014er- Abrechnungen herangezogen.
2013 habe ich mit 30 Jobs brutto 768,40 Euro lukriert, 2014
waren es mit 15 Jobs brutto 248,20 Euro. Bleiben im 13er-Jahr brutto 25,60 pro Job, im
14er-Jahr brutto 16,55 Euro pro Job. Das ergibt nach Abzug aller Abgaben und Aufwendungen
maximal die Hälfte.
Diese Preisgestaltung entsteht durch eine
mm-Tarif pro Spalte von brutto 0,04 Euro und einem eher seltenen Seitenhonorar von
brutto 41,60 Euro ("Anmerkung Bildergalerie: Mindestens 50 Fotos, zu verrechnen
mit 20 Euro pro Galerie.")
Gehen Sie also davon aus, daß jede Putzfrau
für ihre Leistung höher bezahlt wird. Ich hab in meinem Logbuch kurz
aufgelistet, welche ökonomischen Strategien wir kennen, um als Kunstschaffende überleben
zu können: [link]
Diese Aufzählung (von Hochzeit über
Staatsdienst bis Sozialhilfe) ist nicht vollständig, aber durchaus anschaulich. Ich hab
mich in einem Eintrag kurz davor auf jene unter uns bezogen, die "Kommerzjobs"
auf obszöne Art als "Prostitution" deuten: [link]
Wollte ich gängige Ansichten und
Einschätzungen aus meinem Milieu zu einem Paket bündeln, würde dieses Paket besagen: "Es
ist unmöglich, auf annehmbare Art Künstler zu sein. Entweder man schafft es ökonomisch,
dann wird man moralisch inferior, oder man schafft es moralisch, dann ist man ökonomisch
im Arsch."
Solche Art der Selbstausschließung kann
freilich nur ein Agent der Blödheit vertreten. Im realen Leben werden wir von einer
Vielfalt der Lebenskonzepte zu reden haben, die uns eine längerfristige Kunstpraxis
ermöglichen.
P.S.:
Zum Vergleich: "Im Jahr 2013 verdienten unselbständig Beschäftigte, wenn
Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigte zusammen betrachtet werden, im Mittel (Median) 1.808
Euro netto im Monat (inkl. anteiligem Urlaubs- und Weihnachtsgeld). Die Einkommen der
Männer (2.082 Euro) waren um 41% höher als jene der Frauen (1.474 Euro)." [Statistik Austria]
-- [Kunst] [Wovon lebt der Krusche?]
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