Einige Takte Klartext:
Soziales
Von Martin Krusche
Kulturschaffende und Leute aus dem Sozialbereich sind zunehmend gerüstet,
mit steigendem Nachdruck Verteilungsfragen zu debattieren, dabei auch heftige Kontroversen
in Kauf zu nehmen. Mich interessiert das sehr.
Ich bin der Ansicht, daß es stichhaltige Befunde über den Staus quo
braucht, um mögliche Veränderungen anstreben zu können. Also beginne ich damit, einige
eigene Karten auf den Tisch zu legen, damit etwa bezüglich sozialer Dimensionen klar
wird, aus welcher Position ich spreche.
Ich bin freischaffender Künstler, was bedeutet, ich lebe nicht als
Dienstnehmer, sondern gewissermaßen als Dienstleister. Ich vermarkte liebe meine
Kompetenzen als mein künstlerisches Werk.
Das bedeutet, ich bemühe mich nicht sehr darum, auf dem Kunstmarkt zu
reüssieren, sondern meine aus all den Jahren gewonnen Erfahrungen und Kompetenzen auf
kunstnahen Felder anzubieten. So gelingt es mir, allfälligen Marktdruck auf meine
künstlerische Arbeit gering zu halten.
Es bestehen so allerhand kuriose Vorstellungen, auch Mythenbildungen, was die
Einkünfte eines freischaffenden Künstlers angeht. Ich möchte das jetzt einmal ganz
greifbar machen, damit an einem konkreten Beispiel deutlich wird, wovon wir reden, wenn
wir die soziale Lage von Kunstschaffenden in Österreich betrachten.
Das Finanzamt hat launiger Zufall den aktuellen
Einkommensteuerbescheid genau an meinem 55. Geburtstag an meinen Steuerberater geschickt,
womit ich unterstreichen möchte: Ich sollte kein Lehrlingsgehalt beziehen, sondern das
Einkommen eines beruflich vielseitig erfahrenen Menschen, der formell exakt ein Jahrzehnt
vor seinem gesetzlichen Pensionsantrittsalter steht. Mein Monatseinkommen soll also kein
Taschengeld" sein.
Das Finanzamt attestiert mir aktuell ein Jahreseinkommen von 28.000,-
Euro. Dafür sind rund 6.000,- Einkommensteuer fällig, die Sozialversicherung
schreibt mir in der Folge mindestens 4.000,- Euro für das Jahr vor, wahrscheinlich sogar
etwas mehr.
Ich runde die Beträge für meine kleine Milchmädchenrechnung ab. Bleiben
also etwa 18.000,- Euro Gesamteinkommen aus einem Jahr, in dem ich voll
durchgehackelt hab und Kranksein vermeiden konnte. Diese 18.000,- Euro kann ich aber nicht
durch 12 dividieren, ich muß sie durch 16 dividieren, wenn ich daran
Maß nehme, was österreichischer Standard ist.
Daraus ergibt sich rechnerisch ein Monatsgehalt in der Höhe
von 1.125,- Euro, das mir verbleibt. Wie komme ich auf die 16 Monate,
für die mein Jahreseinkommen steht? [weiter]