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#18
Auf das Leben! Auf die Poesie!
Notiz vom 12.4.2020: "Der Lockdown wird sicher noch etliche Zeit aufrecht bleiben. Die Pandemie wird uns noch weit länger umgeben. Dann also kommenden Samstag wieder. Um 19:00 Uhr. Tele-Drink-Session. Auf das Leben! Auf die Poesie!"
Selbst in schwierigen Zeiten muß das Leben manchmal wenigstens
für Augenblicke ein Fest sein. Wie sollte ich sonst meine
Zuversicht in Gang halten? Wir gehen gerade auf den zweiten Lockdown zu. Dieser Samstag,
der 31.10.2020, war draußen merkwürdig ruhig.
31.10.2020: neue Tele-Drink-Session.
Kaum Autoverkehr, geringe Menschendichte. Ich hatte mich
nachmittags noch mit meinem Sohn auf einen Drink getroffen. Wir
suchten uns einen Gastgarten, wo man in der milden Sonne sitzen
konnten. Gabriel sieht den Status quo völlig unaufgeregt, hat
Klarheit über die Abläufe, wie sie für ihn passen.
Als Fabrikarbeiter hat er ein
stabiles Umfeld mit striktem Reglement. Kontakt mit dem Virus
läßt sich da weitgehend ausschließen. De Papierfabrik boomt wie
blöd. Es gibt einzelne Arbeitsaufträge im Ausmaß von einer
Million Quadratmeter Karton. Gabe: „Wir könnten ganz Graz mit
Karton auslegen.“
Einmal mußte er sich testen lassen,
weil es im Betrieb einen Verdachtsfall gegeben hatte.
Stundenlanges Anstehen, bis der Abstrich erledigt war. Der
massive Würgereflex. Keine große Sache.
29.3.2020:
Zeilen aus dem Lockdown.
Mein Metier ist
dagegen den Bach runtergegangen. Für Freelancers auf dem Feld von
Kunst und Kultur wurde das 2020er Jahr natürlich ein Fiasko,
wobei speziell die letzten fünf Jahre davor schon vielfach
belastet waren.
Deshalb
also: manchmal muß das Leben ein Fest sein. Wir müssen Ideen und
Zuversicht pflegen, weiterarbeiten, egal wie die Bedingungen
sind. Tätig bleiben, in Bewegung bleiben. Ansonsten ließe sich
ein emotionaler Absturz kaum verhindern.
8.4.2020:
Es ist die vierte Woche im Lockdown.
Ich muß also arbeitsfähig bleiben, muß Schübe der Angst
unterbringen, die mich nicht lähmen sollen, muß mich den neuen
Verhältnissen anpassen, einerseits finanziell, andrerseits
inhaltlich. Ich muß damit zurechtkommen, daß auffallend viele
Menschen wortbrüchig wurden. Ich muß zur Kenntnis nehmen, daß
regionale Kulturpolitik sich selbst suspendiert hat und nichts,
nichts, nichts zu diesem Jahr zu sagen weiß, obwohl es in zwei
Monaten um sein wird.
12.4.2020:
Bisher wurden daher drei Flaschen auf diesen jeweiligen Augenblick verwendet: Samstag, 19:00 Uhr.
Ich hab einige
Menschen um mich, die ihre Zelte nicht im Jammertal
aufgeschlagen haben, sondern mit ähnlichen Intentionen wie ich
in Bewegung bleiben. Hier ein paar aktuelle Statements zum
Status quo:
+)
Satetement Kerstin Feirer
+)
Statement Martin Krusche
+)
Statement Oliver
Mally
Am Vorabend des zweiten 2020er Lockdowns.
Wir haben heuer schon einige Veranstaltungen realisiert, bei
denen man nicht wissen konnte, ob die geleistete Arbeit sich
einlöst oder ob die Behörde das Event letztlich sperrt. Wir
sehen Gelder den Bach runtergehen. Wir haben nun diesen neuen
Lockdown vor uns. Wir brauchen Zuversicht. Dazu gehören eben
diese kleinen Feste, an denen ich festhalte.
-- [Kontext
Covid-19] [Kulturpolitik] -- |