the long distance howl / ncv / seite
#16
Kerstin Feirer
(Cartoonistin,
Organisationsentwicklerin, systemische Coach und Consultant für
den stationären Einzelhandel)
Könnten wir bitte anfangen,
uns die richtigen Sorgen zu machen?
Die Kultur ist nicht
in Gefahr. Die passiert. Immer und zu jeder Zeit. Und ja, sie
ist immer im Wandel. Das ist ihr Wesen.
Die Kunst ist
auch nicht das Problem. Die findet ihren Ausdruck. Es wird immer
jemanden geben, der aus dem schöpft, was da ist. Weil es
menschlich ist, zu erschaffen.
Sorgen müssen wir uns um
die Menschen, die Kunst zu ihrem Beruf gemacht haben. Und jetzt
Bedingungen vorfinden, die es ihnen nicht mehr erlauben, ihren
Beruf auszuüben. Besonders betroffen sind BühnenkünstlerInnen
und mit ihnen alle, die bisher für den "großen" Auftritt gesorgt
haben.
Warum ich das schreibe? Weil der Slogan "ohne
Kunst und Kultur wird es still" eben nicht das Problem
anspricht, sondern das wiederspiegelt, was vorher schon ein
Problem war. Eines, das es bisher verhindert hat, dass unser
Berufsstand als solcher gesellschaftlich vollumfänglich
anerkannt und ernst genommen wird.
Kunst ist Arbeit! Ist
das klar?! Und KünstlerInnen bestreiten ihr Leben damit. Das
heißt, dass sie mit dieser Arbeit sich selbst und ihre Familien
erhalten. Sie zahlen damit ihre Miete, kaufen ein, leisten
Sozialabgaben... wie jeder andere auch. Und nein - die Freude an
der Sache macht nicht automatisch satt. Und das Klatschen auch
nicht. Falls das jemand glauben sollte.
KünstlerInnen
dienen nicht irgendeinem höheren Ziel, das je nach Gesinnung
dubios erscheint, oder glorifiziert wird. Und ja, hier sollten
auch KünstlerInnen ihren Habitus überdenken und zu einer
realistischen Selbsteinschätzung gelangen. Wir wurden nicht
"auserkoren" sondern tun lediglich das, was wir gut können. Und
nicht, weil wir nichts anderes können!
Darum:
BühnenkünstlerInnen haben aktuell keine, oder nur sehr
eingeschränkte Möglichkeiten, ihren Beruf auszuüben. Das heißt,
dass diese MENSCHEN existenziell bedroht sind. Ich spreche von
leeren Kühlschränken, offenen Mieten und einer immens hohen
psychischen Belastung aufgrund der momentanen
Aussichtslosigkeit.
Uns allen muss es ein Anliegen sein,
die Situation für KünstlerInnen zu verbessern. Nicht weil es
sonst still wird. Sondern weil es Menschen sind, die im
schlimmsten Fall für immer schweigen.
+)
Feirer
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