Log #116 Es sollte nützlich sein, daß über die soziale Lage dieses unseres
Berufsfeldes einige Klarheit herrscht. Und die besagt, daß das "mittlere
Äquivalenzeinkommen" Kunstschaffender pro Kopf in Österreich UNTER dem der
Gesamtbevölkerung liegt.
Kurz und schmerzlos ausgedrückt: Die Branche ist
ökonomisch im Eck. (Siehe dazu auch kunst O.ST-Log #9!) Aber das teilen wir zur Zeit mit unzähligen
Menschen in x Branchen. So what! Es sollte uns jedenfalls anregen, gesamt und kooperativ
viel konsequenter an den BEDINGUNGEN unseres Berufsfeldes zu arbeiten.
In "Der
Standard" war gerade nachzulesen, daß wir nicht erwarten dürfen, die Politik
würde dies FÜR uns und von sich aus anpacken, voran bringen. Die Studie ist in
ihrer ersten Fassung im Web verfügbar: "Zur sozialen Lage der Künstler und
Künstlerinnen in Österreich" [link]
Der Unterschied im oben erwähnten Äquivalenzeinkommen
sieht so aus, daß der Durchschnitt für die Menschen in Österreich mit 1.488 Euro pro
Monat festgestellt wurde, für Kunstschaffende aber bloß 1.000 Euro pro Monat beträgt.
Wer angesichts dieser Tatsachen noch immer darauf beharrt,
sich NUR um sein künstlerisches Tun kümmern zu können, während die berufliche
Gesamtsituation eine Sache anderer Instanzen sein müsse, zeigt damit faktisch, wie man
mit Vollgas in eine Sackgasse fährt. (Was einem in einer Demokratie natürlich frei
stehen muß.)
Eben diese Sackgasse wird sich nur für jene öffnen, deren
Werk auf dem Markt für ausreichende Umsätze sorgt oder deren werte Verwandtschaft
wohlhabend ist und überdies bereit, jemanden durchzufüttern. Ohne solche Möglichkeiten
werden vermutlich andere Wege zu gehen sein.
Ich hab das Thema auch in meinem Log #1292 angerissen.
Meiner Meinung nach sieht das so aus: Entweder wir schaffen es, einige der brennenden
soziokulturellen Fragen und Probleme unseres Berufes zu lösen. Oder wir ziehen uns warm
an und hoffen in nächster Zeit auf die Mildtätigkeit anderer Menschen.
Vorbereitungsschritte für die erste steirische Leader-Kulturkonferenz in Gleisdorf. Von links: Hans
Willfurth ("forum KLOSTER"), die Künstlerinnen Angelika Haas und Linda M.
Schwarz, Veronika Jandl ("Energie-Region Weiz-Gleisdorf") sowie die
Kunstschaffenden Michaela Knittelfelder-Lang, Walter Köstenbauerr und Kunsthandwerkerin
Christa Ecker-Eckhofen.
Ich sehe da einen sehr interessanten Ansatz, bei dem
Kunstschaffende sich zunehmend mit Funktionstragenden der Kommunen und Regionen
verständigen. Denn es war schon VOR der akuten Weltwirtschaftskrise ziemlich klar, daß
die Budgets für das Kunstfeld nicht steigen würden.
Also stellt sich die Frage nach verschiedenen Formen von
"best practice", um vorhandene Ressourcen und gegebenen Infrastruktur besser
nützen zu können. Das weist ganz unumgänglich auch Richtung diverser
Kooperationsmodelle. Partikularinteressen werden vermutlich nur dort stärker
berücksichtig werden, wo die Angebote ausgesprochen "markttauglich" sind.
Die verschiedenen Intentionen, Ansprüche und Levels
künstlerischer Praxis werfen manchmal die Frage nach Trennlinien auf. Das ist in der
Kunst von Belang, hat bei soziokulturellen Aufgabenstellungen keine so hohe Priorität.
Kleiner Querverweis:
Mirjana Peitler-Selakov, die Kuratorin, und Winfried
Ritsch, der Projektleiter des "Medienkunstlabor" im "Kunsthaus Graz". Für sie ist
die Frage nach künstlerischer Relevanz von Beiträgen natürlich hochrangig.
Für mich bedeutet die Zusammenarbeit mit ihnen, manche
Fragestellungen und Zugänge zu finden, wie sie natürlich eher in aufwendigen
Einrichtungen des Landeszentrums möglich sind. Solche Investitionen der Öffentlichen
Hand werden sich jenseits von Graz meist nicht erwirken lassen.
Bliebe für uns zu klären, welche angemessenen
Äquivalente wir in den Regionen für unverzichtbar halten, die angemessener Finanzierung
bedürfen, ohne die "Gegend" zu urbanisieren, also Konzepte und Formationen (wie
ein "Medienkunstlabor") aus dem städtischen Zentrum der Steiermark auf
ländliche Gebiete zu übertragen.
Ich schätze es, zwischen den verschiedenen Situationen und
Aufgabenstellungen pendeln zu können. Ich begleite neuerdings das
"Medienkunstlabor" als "Chronist" und hab so Gelegenheit, in Themen
einzutauchen, die für mich in der Oststeiermark nicht greifbar würden. Beispiel: Die
Begegnung mit Jan Schacher, der sich mit "Schwarmtheorie" befaßt (Siehe
Krusches Log #1291!),
oder mit Victoria Vesna, die sich mit der Verknüpfung von Kunst und Wissenschaft
beschäftigt. (Siehe Eintrag #103!)
Ich würde mich keineswegs dafür engagieren, derlei
Zentren in den Regionen aufzuziehen. Verkehrslagen und Kommunikationstechnologien haben
uns längst Gelegenheit verschafft, unser Tun mit den Aktivitäten so hoch dotierter
Einrichtungen zu verknüpfen. Damit ist Zugang zu manchen Personen und Inhalten möglich,
die uns draußen in den Regionen niemand finanzieren würde.
Aber genau deshalb müssen wir sehr präzise klären,
welche Strukturen und Ressourcen wir in den regionen für unverzichtbar halten.
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