27. Jänner 2009

Ich liebe die Stille über einem Stapel von Büchern, Zeitschriften und Notizheften. Als Kontrast zu den Umtriebigkeitenm, von denen meine Profession eben auch handelt. Auf nichts von beidem wollte ich verzichten. Dieses Pendeln zwischen den ruhigen und den so lebhaften Momenten. Und immer Staunenswertes auf den Strecken.

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So bin ich gestern Jan Schacher von der Zürcher „Hochschule der Künste" begegnet. Sein momentanes Fachgebiet ist die Anwendung von Schwarmtheorie auf Raumklang und Projektionen mit taktiler Interaktion im Kontext von Medienkunst-Installationen.

Das ist einerseits eine Nische des Kunstfeldes, in der Dinge auf der Höhe der Zeit geschehen, die den meisten von uns noch ganz fremd erscheinen. Andrerseits bestätigt Schacher, was wir so leicht übersehen, wenn ein üblicher Hype mit uns durchgeht und uns etwas als gar so neu erscheinen läßt: Da sei alles eine Wirkung auf ganz dünner Schichte über tiefen Schichten medialer und kultureller Vorerfahrungen.

Neuland zu gewinnen ist also eine anspruchsvolle Sache, verlangt aber, daß man sich mit dem vorgefundenen Status kultureller Erfahrungen und medialer Kompetenzen vertraut fühlt. Ob mir so klar sei, was ich da schreibe? Vermutlich ja. Aber es ist sehr aufregend, in Ratlosigkeit zu stürzen. Schwarmtheorie. Ich glaube mich zu erinnern, daß ich vor hundert Jahren darüber gelesen hab. In einem Büchlein des polnischen Autors Stanislaw Lem.

Cut!

Die politische Randgruppe, den Untergang fürchtend, demonstriert uns, daß Politik natürlich auch ein Show-Geschäft ist. Es erscheint ja schon das Akronym BZÖ als eine ziemlich schwülstige Kreation. „Bündnis Zukunft Österreich" versucht vorzugaukeln, daß wir es mit etwas „ganz Neuem" zu tun habe.

Als die vaterländische Ikone Jörg Haider noch der FPÖ angehört hatte, war deren deutschtümelndes Showprogramm einmal als „Bewegung" vermarktet worden, um anzudeuten: „Wir sind doch keine Partei wie jede andere, wir sind überhaupt keine Partei!" Marktschreier-Geschäfte!

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Nun geht das BZÖ als elendslanges „Bündnis Zukunft Österreich – Liste Jörg Haider" in den Kärntner Wahlkampf. (Quelle: "Kleine Zeitung") Showprogramm. Reste verwerten. Den Toten vermarkten. Das geschieht in der Verantwortung eines amtierenden Landeshauptmannes, der eben mit seiner „Negerwitz-Laune" durch die Medien geistert und treuherzig sagt: „Wenn solche Volksnähe zum Problem wird, dann liebe ich dieses Problem." (Quelle: "Der Standard")

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Was für eine besorgniserregende Gaukler-Truppe! Volksnähe. Nähe zu welchem Teil des Volkes? Zu einem Teil, der sich offenbar in alte Stammesgesellschaften zurückdenkt. Wie etwa Dörflers geistige Schwester, die FPÖ-Nationalrätin Susanne Winter, deren Entourage Österreichs Gerichtsbarkeit als inkompetent behauptet, weil sich die forsche Akademikerin von einem ordentlichen Gericht mitteilen lassen mußte, daß ihr Vorstellung von Politik unter Menschenverachtung und Verhetzung fällt. (Siehe den Eintrag vom 23. Jänner 2009!)

Vielleicht müssen wir begreifen, daß diese Auseinandersetzung noch nicht erledigt ist, daß wir weiter darum zu ringen haben, daß diese Gesellschaft sich nicht auf die alten Positionen von Stammesgesellschaften zurückzieht, sondern mehrheitlich eine zeitgemäße Demokratie bevölkern möchte.

Regisseur Ernst M. Binder hat mir dieses "Andachtsbildchen" gesandt. Winter war mit einer weißen Lilie bei Gericht erschienen, hatte dort der Welt verkündet, dies sei die Blume der Maria und sie symbolisiere Unschuld.

Mich wundert, daß die Brachialakademikerin nicht gleich noch den Vorwurf der Religionsstörung am Hals hatte. Für solche Christinnen mag sich jeder Bischof schön bedanken ...

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Das sollten wir vermutlich im Auge behalten: Es ist ein Stück unserer gesellschaftlichen Realität, daß ein Teil der Bevölkerung es vorziehen würde, in Kategorien von Stammesgesellschaften zu leben, dabei eine düstere Art von Volksfrömmigkeit zu praktizieren und alles anzufeinden, was ihnen fremd erscheint, was den Horizont ihrer quasi dörflichen Vorstellungen sprengt. Und es dient sich für solche Konzepte auch reichlich politisches Personal an.

Ich meine, eine streitbare Demokratie hält das aus. Allerdings wackelt meines Erachtens der Doktorgrad solcher Leute. Die akademische Welt müßte sich heute anderen Standards verpflichtet sehen. Auch das Amt der Nationalrätin scheint mir mit diesen Posen aus dem 19. Jahrhundert nicht vereinbar.

[Wir Kinder des Kalten Krieges]

Juli 2007

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[Hinfällige Notizen] [***]


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5•09