Log #103[Vorlauf] Das Aufgebot von Honoratioren war fast
einschüchternd. Links Generalleutnant Günter Höfler, Kommandant der Streitkräfte
Österreichs, also faktisch der zweithächste Offizier des Landes. In der Mitte der
kosovarische Botschafter Sabri Kiqmari und rechts Gleisdorfs Bürgermeister Christoph
Stark ...
Die Veranstaltung ist eine Kooperation der Stadt Gleisdorf, der privaten Firma "Aukosgenetic"
und der Initiative kunst
O.ST. Die Bemühungen wären ohne die Unterstützung durch das Bundesheer
einfach nicht realisierbar gewesen. Dies war überdies, so hörte ich, der erste
offizielle Auftritt des kosovarischen Botschafters in Österreich. Da können
protokollarische Fragen eben nicht suspendiert werden.
Ein kultureller Crossover wirft stets Überraschungen auf. Klar. Wie könnte es anders
sein? Schließlich begegnet man sich mit Annahmen und Erwartungen, die sich ja nicht
unbedingt einlösen lassen, die teils auch in falsche Richtungen gehen.
Es kommt dabei manches aus unerwarteten Richtungen. Die kosovarischen Künstler
beklagten letztlich, sie hätten es lieber gesehen, daß es in allem mehr um die Kunst,
also auch um sie gegangen wäre. Ein begreiflicher Wunsch, der sich freilich über eine
Anforderung nicht erfüllen läßt.
Ob die Künstler in ihrer Heimat einen Stellenwert haben, der ihnen dort eine
entsprechend hohe gesellschaftliche Aufmerksamkeit verschaffen kann, blieb ungeklärt.
Aber dieses Thema ist ja auch bei uns reichlich tabuisiert. In selbstreferenziellen
Gefühlslagen erwarten Kunstschaffende einen Status, der natürlich a priori niemandem
zufällt.
Der materielle und organisatorische Aufwand für so eine Ausstellung ist ganz
erheblich. (Siehe dazu die Doku!)
Daraus folgt, daß all jene, die das möglich gemacht haben, zum Veranstaltungsauftakt mit
einer Würdigung rechnen dürfen. Das dauert eben seine Zeit, wenn die Besetzung
entsprechend groß und prominent ist.
Nein, ich halte es nicht für realistisch, daß Künstler ohne den Status wenigstens
halber Unsterblichkeit in einer solchen Inszenierung früher, also VOR diesem Teil der
Zeremonie, auf die Bühne gebeten würden. Die Voraussetzung dazu wäre ja zum Beispiel,
daß ein breiter gesellschaftlicher Konsens bestünde, ein Künstler verdiene mindestens
den Respekt, den ein Minister erwarten darf. Das ist aber nicht der Stand der Dinge. Gut
oder schlecht? Mir egal! Sozialprestige und gesellschaftlicher Rang müssen eben stets neu
verhandelt werden.
Dieses Bild illustriert die Frage nach Repräsentation und Organisation ganz passabel.
Links Burgschauspieler Frank Hoffmann, der die Künstler bei der Vernissage vorgestellt
hat. Das bedeutet praktisch, daß Hoffmann seine über Jahrzehnte hart erarbeitete
Prominenz einsetzt, um bei uns vollkommen unbekannte Leute zu promoten. Eine wertvolle
"Starthilfe".
In der Mitte der Tierarzt Karl Bauer, auf dessen Initiative das Projekt zurückgeht,
der überdies Leute in ein gemeinsames Boot brachte, an die man nicht so leicht
herankommt. Wodurch das aufwendige Unternehmen funktioniert hat. Rechts die
Kunsthistorikerin Sigrid Meister, die als Kuratorin der Ausstellung dafür gesorgt hat,
daß aus der großen Auswahl verfügbarer Bilder für den gegebenen Raum ("Museum im
Rathaus") eine gute Gesamtaussage durch die sehr unterschiedlichen Arbeiten entsteht.
Die leidige Debatte, welcher dieser Projektteile gegenüber anderen Vorrang haben
solle, kommt nicht vom Tisch. Sie verschiebt sich erfahrungsgemäß erst mit dem Rang der
involvierten Künstler.
Ich konnte diese Annahme gerade dieser Tage an einem interessanten Beispiel aus der
Nähe überprüfen. In dieser freundlichen Situation war ich mit Victoria Vesna, einer international
renommierten Künstlerin, die an der UCLA
Medienkunst lehrt. So entspannt die Frau unterwegs ist, in der Arbeit geht sie mit
äußerster Bestimmtheit vor und darf erwarten, daß ihre Anliegen berücksichtigt werden.
Damit sind gerade der Elektronikmusiker Winfried Ritsch und Mirjana Selakov, die Kuratorin
des Medienkunstlabor, im
Grazer Kunsthaus befaßt. Nun wird, wer keinen vergleichbaren Rang als Künstler hat,
vielleicht beklagen, daß es in der Kunst um solche soziale Koordinatensysteme nicht zu
gehen habe. Lustig!
Also nun einmal für ganz einfache Zusammenhangs-Ergründungen: Wer nimmt aus welchem
Anlaß und mit welchen Motiven wessen Geld in die Hand, um es in das Tun eines Künstlers
zu investieren?