log #260: fahrtenbuch, seite #7

Lucy ist ein altes Arbeitspferd. Der Bauer gewährt ihr auf dem Hof das "Gnadenbrot", anstatt das Tier "entsorgen" zu lassen. "Wenn sie zu fressen hat, ist sie fröhlich", sagte er lächelnd. "Da geht's mir auch so", meinte ich.

"Aber wenn sie die Ohren anlegt, rennt man besser", fuhr er fort. Ein verläßliches Zeichen, daß Lucy sauer ist. "Dann geh ich auch nicht gerne hin", fügte er hinzu. Ich möchte annehmen, daß sich zwischen Mensch und Tier gelegentlich verblüffende Parallelen entdecken lassen.

e-reg_log70.jpg (1376 Byte)

Wir begegneten uns in Wetzawinkel, wo ich mich nach der "Dorfstube" umgesehen hatte. Lucy ist ein Haflinger.

log260a.jpg (23567 Byte)

Ich habe Haflinger zuletzt auf der Teichalm gesehen, ansonsten tauchen sie im Alltag praktisch nicht mehr auf. Ich hatte ursprünglich gedacht, sie seien mit den Norikern, römischen Kriegspferden, verwandt. Falsch! Die Rasse wird auf einen Araberhengst zurückgeführt. Ich schweife etwas ab. Oder doch nicht?

Natürlich sieht man im oststeirischen Alltag gelegentlich noch Haflinger. Aber die sind keine Pferde, sondern kleine Allradfahrzeuge von Steyr-Puch, welche einst in Graz gebaut wurden. Sie sind Wunder an Effizienz und blieben nicht nur als Sammlerstücke erhalten, sondern werden gelegentlich auch noch als Nutzfahrzeuge eingesetzt.

log260b.jpg (28473 Byte)

Ich hatte kürzlich auf meinem Weg durch Unterfladnitz einen erwischt, eines der raren Exemplare mit langem Radstand. Ich denke, selbst Laien ohne ausgeprägtes Interesse an Automobilen (er-) kennen diese Konturen.

Ich bin selbst seinerzeit als Funker auf einem Haflinger unterwegs gewesen und daher mit der unglaublichen Leistungsfähigkeit dieser Konstruktion bestens vertraut: [link] Da Magna Steyr auch in der "Energie-Region" stark präsent ist, scheint mir erwähnenswert, daß dieser Konzern Nachfolger des "Puch-Werkes" ist. Erich Ledwinka, der Konstrukteur dieses "Puch Haflinger", war lange Zeit technischer Direktor bei Puch.

log260c.jpg (30251 Byte)

Ledwinka sitzt hier links neben dem Mechaniker Ferdinand Thaler, von dem ich dieses Bild habe. Thaler (am Steuer) war Lehrbub, als gerade die ersten Puch-Motoren auf den Prüfständen in Trümmer flogen. Das verzweigt wiederum nach Gleisdorf, denn ich durfte Thaler durch Vermittlung von Werner Musil kennenlernen, der bei Magna für den LKW-Bereich verantwortlich ist; siehe: [link]

log260d.jpg (18663 Byte)

Von da wäre nun nach Ludersdorf weiterzuführen, wo sich eben erst die Basis-Crew des "Kuratorium für triviale Mythen" zum "R/T-Meeting" traf. Dieser Crew gehört der Magna-Mann Michael Toson (Aftersales-Bereich) an, der ... geeenau! Der auch mit dem Haflinger befaßt ist. Er entwirft Auschneidebögen: [link]

Wie hängt das nun alles zusammen? Es symbolisiert und repräsentiert, wie schon einige Male angedeutet, den Umbruch von agrarischer zu industrieller Welt. Dieser Umbruch hatte sich gerade in der Oststeiermark aus strukturellen Gründen sehr radikal vollzogen und die Spuren dieser Prozesse sind nicht nur in der Landschaft aufzuspüren, sondern -- wie mir scheint -- auch mentalitätsgeschichtlich nach wie vor da.

Wovon bin ich nun ausgegangen? Lucy, das alte Arbeitspferd, der Bauer, Wetzawinkel ... auf dem Weg dorthin ließ ich mir von Gottfried seine vorzügliche "Hauspizza" machen.

log260e.jpg (24092 Byte)

Gottfried Lagler [Portrait] beherbergt in der Pizzaria "Figaro" übrigens auch einen Oldtimer-Stammtisch. Wie spaßig, daß ich unterm Essen dort, familiär besetzte Tische, aus dem Lautsprecher unter anderem "Highway To Hell" von "AC/DC" hörte. Früher Nischenmusik von Hardrock-Rabauken, bei der gelegentlich sogar nach der Polizei gerufen wurde, heute Tafelmusik in einem Restaurant, kein Grund zu irgendeiner Erregung. [Fortsetzung]

[Hofstätten]
[kunst ost: fahrtenbuch]


coreresethome
13•10