log #126: next code Ich hatte in der abgelaufenen Woche ein extrem anregendes Gespräch
mit dem Unternehmer Erwin Stubenschrott. ("KWB") Ein Beitrag zur Reihe "In
Augenhöhe" des projektes "nwext code: crossing"): [link]
Problemlagen dieser Wirtschaft, basierend auf Problemlagen
dieser Gesellschaft und die Frage nach adäquater Kommunikation im Gegensatz zur Bildung
von "Herrschaftswissen", mit dem sich Minoritäten ihre Vorteile auf Kosten
anderer sichern ... Ich war ziemlich erstaunt, im Detail erfahren zu können, was das in
der Praxis eines großen Betriebes bedeutet, der krisenhaften Situationen ausgesetzt war
und ist.
Natürlich sprachen wir AUCH aus sehr unterschiedlichen
Positionen mit einander, quasi über zwei Kontinente hinweg. Oder scheint das nur so? Ich
sehe jedenfalls große Vorteile in solchen Situationen, in denen ich fragen kann:
"Wie hast du es gemacht?"
Das war so ungefähr NICHT der Haupttenor bei der letzten
LEADER-Kulturkonferenz in Deutschlandsberg: [link] (Auf dem
Foto links Sandra Kocuvan von der Kulturabteilung des Landes, rechts Karin Hofmann von der
"Kultur Service Gesellschaft Steiermark"). Siehe dazu auch: "Ein paar Takte
Reflexion"!
Das Hauptereignis bei derartigen Meetings ist, soweit ich
es momentan erlebe, immer noch dem Genre "Beschwerdebriefkasten"
zuzuordnen. Ich kenne das Bedürfnis nach Beschwerde selbst ganz gut, gehe aber davon aus,
daß es nicht ALLE anderen Settings ersetzen kann. Ich mag diese Abteilung gerne als Teil
eines Trios sehen, bei dem es AUCH die Abteilungen "Worum geht es
eigentlich?" und eben die Abteilung "Wie hast du es gemacht?"
gibt.
Zum Kern einer, genauer MEINER Sache:
Freelancers auf dem Kunstfeld.
Wir mußten nicht erst die Studie zur sozialen Lage
Kunstschaffender in Österreich lesen, um zu wissen, daß die meisten von uns permanent an
der Armutsgrenze dahinarbeiten. (Siehe dazu Eintrag
#116 und Krusches Log
#1293!)
Das läßt sich auch in Zahlen ausdrücken.
(Quelle: ORF) Es sieht konkret so aus: Wenn ich pro Jahr für rund 20.000 Euro
Rechnungen schreiben kann, ist es schon ein gutes Jahr. Davaon hab ich aber noch keine
Steuern gezahlt, keine Sozialversicherung etc.
Gut. Wer hier schon ein Weilchen mitgelesen
hat, wird wissen, daß jetzt kein Klagelied kommt. Der Markt ist wie er ist, in mir wütet
kein Genie, das den Kunsthandel zu hysterischen Reaktionen bewegt, es fehlt mir auch an
reicher Verwandtschaft, die geneigt wäre, mich durchzufüttern. Und wollte ich mit meinen
53 Jahren noch einen konventionellen Job suchen, dürfte ich mich bei Angeboten sowohl
für qualifizierte wie für unqualifizierte Jobs hinter einer langen Reihe von Leuten
anstellen, die gerade halb so alt wie ich sind. (Gehen Sie also bitte davon aus, ich
weiß, wovon in der Sache die Rede ist.)
Das reicht, diese Probleme teile ich mit
abertausenden Menschen im Lande. Dabei habe ich aber wenigstens einen Vorteil, so
dachte ich zumindest bisher: Ich bin Teil eines Milieus mit passablem Bildungsniveau,
hohem Reflexionsvermögen und der Fähigkeit, Dinge zu formulieren, ergänzt um
Medienkompetenzen und Medienzugänge.
Das sollte eigentlich helfen. Könnte es wohl
auch, wenn es in diesem Milieu nicht dazu kommt, daß Verhandlungen um Finanzierungsfragen
und kulturpolitische Rahmenbedingungen sich dann nicht in bloß einer der drei
oben genannten Abteilungen erschöpft.
Der Endbericht dieser Studie trägt das
Publikationsdatum Oktober 2008. Was immer nun die Politik an Konsequenzen gezeigt oder
gemieden hat, ich kann nicht feststellen, daß es unter "meinen Leuten" eine
Debatte darüber gegeben hätte. Von Schlußfolgerungen und daraus abgeleiteten
Handlungsplänen ganz zu schweigen.
Sprich: Auf regionaler Ebene herrscht
Schweigen zur Causa. Naja, nicht ganz. In einem
Artikel über den Rechnungsabschluß der Stadt Gleisdorf konnte ich lesen, daß in der
Politik drei "Problembereiche" genannt werden, an erster Stelle die KULTUR.
(Quelle: "Kleine Zeitung") |
|
An zweiter Stelle die
Stadtzeitung. Kunst, Kultur und Kommunikation als Kostenfaktor. Falsch? Und: Gab es
seitens regionaler Kunstschaffender Reaktionen? Nein.
Aber was bedeutet das, wenn genau solche
Punkte als "Problem" herausgestellt werden? Unter dem wachsenden Druck der
Weltwirtschaftskrise beginnen vor Ort VERTEILUNGSKÄMPFE. Die Regionalpolitik stellt sich
dabei öffentlich gerade nicht dem weitgehenden eigenen Versagen ihres Personals der
Bundespolitik, reichen Eliten in die Arme gefallen zu sein, als Teile von denen daran
gingen, die Republik auszuplündern. (Siehe dazu Krusches Log #1342!) Statt
dessen werden Bereiche angefochten, die Kerngebiete menschlicher Sozietäten sind; wie zum
Beispiel Kunst, Kultur und Kommunikation.
Wir sollten uns wohl besser gegen Illusionen
immun machen. Am 10. April 09 war in der "Kleinen Zeitung" diese Headline zu finden. Wer weiter granteln
muß und am liebsten in der "Abteilung Beschwerdebriefkasten" hockt, muß
vermutlich tun, was getan werden muß. Muß, muß, muß ... Die Frau Minister wird
darüber sicher heiße Tränen vergießen.
Ich gehe allerdings davon aus: Der
Verteilungskampf wird an Härte zulegen. Wir sollten also zusätzlich schleunigst die
Abteilungen "Worum geht es eigentlich?" und "Wie hast du es gemacht?"
beleben.
[next
code]
core | reset | home
1609 |