the long distance howl / ncv / seite #6

Ferdinand Lanner


Im August 2019 war ich einige Tage mit Ferdinand Micha Lanner unterwegs. In seinem Morgan Roadster. Eine weitere Lektion in Standortfragen. Wie im Intro zum Thema Renner-Buben schon erwähnt: „Ich gehöre also zum langsameren Teil des Clans“.



Ferdinand Micha Lanner in Gleisdorf

Um schnell zu sein, braucht man eine ganz andere kognitive Ausstattung. Lanners Morgan bringt rund 300 PS aus einem 3,7 Liter Ford Cyclone V6 auf die Hinterachse des Wagens, der eine Karosserie hat, die sich spürbar verwindet, wenn man eine knubbelige Passage durchfährt. (Siehe dazu auch: Routen #37!)

Da darfst du etwa bei Kehren, die wir rasant absolviert haben, keine Fehler machen. Lanner ist der Enkel eines Großvaters, dem Altmeister Johann Puch einige werbewirksame Rennsport-Siege und wertvolles technisches Know how verdankte.



Ferdinand Micha Lanner im Stammwerk von Johann Puch

Ganz klar, daß sich Österreichs Militärs rund um 1910 sehr für die Potentiale der Luftfahrt interessierten und daß man diesbezüglich kaum etwas in den Zeitschriften der Zeit findet. Lanner schrieb mir zum Blatt mit den Flugmotoren [Routen #124]:

„Ergänzend... mein Großvater war ja bei Puch angestellt, er konstruierte und erprobte damals Motoren + Triebstrang. Auf der Rückseite des Bildes (im Beitrag) ist die Widmung eines Freundes ‚für meinen Kamerad bei den Luftschiffern‘.
Er war damals schon beteiligt an Motor-Entwicklungen, Autos, klar, aber auch zuerst für Luftschiffe, dann hauptsächlich Flugmotoren. Im Krieg als (technischer?) Offizier bei den Fliegern, dann beim Aufbau des Flugmotorenwerks bei AF, dem modernsten in Europa damals, für Hiero-Motoren.



Hiero-Motor

Nach dem Krieg blieb er bei AF. Die Militärentwicklungen unterlagen aber der allgegenwärtigen Zensur der Monarchie, daher ist so gut wie nichts in Zeitungen o.ä. zu finden. Sicher ist, er flog auch mit und es war eine kleine Gruppe von Flugfanatikern innerhalb des Militärs, sowohl Luftschiffe als auch Flugzeuge - zumindest vor 1914.“

Lanner erwähnt hier die Austro Fiat Flugmotoren Ges.m.b.H., später Wiener Flugmotoren Reparaturwerk. Die Hiero-Flugmotoren stammen von Otto Hieronimus. Der war unter anderem Konstrukteur und auch Rennfahrer bei Laurin & Klement, „dem größten Konkurrenten von Puch bei den Rennen um den Thurn & Taxis Pokal (1909-1911). Daher kannten sich mein Großvater und Hieronimus gut. Wahrscheinlich war das der Grund, dass mein Großvater bereits während des Kriegs zu Austro-Fiat ging, um in der Motorenentwicklung der Hiero-Motoren mitzuarbeiten.“



2020 erschienene Sondermarke mit der L&K Voiturette

Laurin & Klement ist einer der bedeutendsten Kraftfahrzeugproduzenten Österreichs gewesen, wird heute freilich nicht mehr allgemein wahrgenommen.

Nachfolgebetrieb Skoda, ebenfalls bedeutend und geschichtsträchtig, war nach dem Zweiten Weltkrieg durch die Lage hinter dem Eisernen Vorhang bei uns diskreditiert, wurde eher abschätzig betrachtet.


Das hat sich inzwischen geändert, aber die Wurzeln bei Laurin & Klement sind derweil aus dem Blickfeld verschwunden.



Karikatur in "Kikeriki" vom 28.10.1909

Lanner weiter: „Nach meinen Unterlagen bestanden enge Kontakte zu den k.u.k. Luftschiffern und später (nach 1911) auch zu den Fliegern. Auf jeden Fall war er in den Jahren 1916-1918 k.u.k. Offizier, mit Einsätzen sowohl beim Kraftfahrkorps als auch bei den Luftschiffern, wahrscheinlich auch bei den Fliegern.“

Lanners Fazit: „Austro-Daimler, Puch, Lohner, Warchalowski und Austro-Fiat arbeiteten vor und im WK1 an der Entwicklung und dem Bau von Flugmotoren (z.T. zusammen). Sie befassten sich auch nach 1919 offenbar weiter damit, wenn auch in geringem Umfang, da für solche ‚Vergnügen‘ keine Mittel mehr zur Verfügung standen.“

+) Lanners Online-Achiv

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