21. August 2009 Zu den gestern erwähnten Extremen paßt auch dieses
Extremautomobil. Der X-Bow ist allerdings nicht 20., sondern strikt 21.
Jahrhundert. "X-Bow" wird Crossbow ausgesprochen, was
"Armbrust" bedeutet.
Sehr symbolträchtig! Denn diese Waffe hat einst das Ende
der "Panzerreiter" eingeläutet, weil ein einfacher Fußsoldat mit mäßiger
Ausbildung und einer billigen Waffe plötzlich aus sicherer Distanz, also außer
Reichweite der gefürchteten Lanzen, einen aufwändig ausgebildeten und teuer
ausgerüsteten Ritter erledigen konnte.
Das war, um eine Analogie zu verwenden, ungefähr so
sensationell wie das Herunterholen eines Millionen teuren Kampfhubschraubers mit einer
ziemlich billigen Rakete, die sich ein Rebell zum Abschießen auf die Schulter wuchtet.
Technologiesprünge in Waffensystemen als Initialereignisse
für Systemveränderungen? Na, ich werde die Metaphernwirtschaft nun nicht zu weit
treiben. Jedenfalls war ich gestern gerade auf dem Weg zu Dzafo und seiner Crew, als ich
diese Maschine erwischt habe. Danach holten wir einen Eisring aus dem Kühlhaus, um ihn
später an die Mur zu übergeben. Das Wasser davon würde, wenn auch bloß in
homöopathischer Dosis, auf seinem langen Weg Beograd passieren.
Nikola Macura mit dem Eisring über der Mur ... Die
Vorgeschichte handelt davon, daß die "ledART"-Crew während des
jugoslawischen Sezessionskrieges Eisblöcke nach Beograd brachte, um sie Milosevic zu
übergeben. Verbunden mit dem Ultimatum, das ganze Schlamassel innerhalb von 24 Stunden zu
beenden, etwa in der Zeit, welche die Blöcke zum Schmelzen bräuchten. Unnütz zu
erwähnen, Milosevic hat dankend abgelehnt.
Mit solchen und anderen Aktionen hat sich die Crew damals
exponiert. Etwa Spiegel zu den Krawallen zu schleppen und den Polizei-Kordons unter die
Nase zu halten. Oder die Konturen von Körpern auf den Asphalt zu malen, wie das nach
Mordfällen üblich ist, um den Tatort zu markieren.
Das hatten wir voriges Jahr in Gleisdorf und Weiz noch
einmal durchgespielt. ("next code: exit") Nun also eine Zivilvariante der Eis-Geschichte.
Das knüpft seinerseits an eine Aktion an, bei der wir in Graz nahe einer Brücke weiter
nördlich Flaschenpost nach Beograd geschickt hatten.
Etwas genauer: Flaschenpost an General Ratko Mladic.
("Postkarten von
Verdächtigen") Wir sind also äußerst heftig im "Bedeutungsgeschäft"
tätig und treiben Erzählungen voran, besser: vor uns her. Wir sind die Kinder und Enkel
der gleichen Barbaren und es ist das gleiche Blutvergießen, worüber zu schweigen geboten
wird.
Wenn man aus einiger Entfernung flüchtig hinsieht, meint
man im auf den Kopf gestellten Gavrilo Princip, wie ihn Slavko Bogdanovic in dieser Arbeit
zeigt, den deutschen Reichsadler zu erblicken. Da kommt also allerhand an
Symbolträchtigkeit zusammen. (Zu Prinzip siehe auch den gestrigen Eintrag!)
Es dürfte ein endloses Unterfangen sein, diese
Verstrickungen der Bilder und Ereignisse weiter aufzublättern. Da wäre etwa die Arbeit
von Selman Trtovac, die mit einem Stück hier ins Bild ragt. Was rechts auf dem Sockel zu
sehen ist, wird Fez genannt. Eine randlose Kappe, die bei uns meist mit
"Orientalen" assoziiert wird.
Es gab während des Zweiten Weltkrieges eine SS-Division ("Handzar"),
deren muslimische (!) Soldaten statt Helmen Fez mit den Insignien der SS trugen. (Siehe
dazu "Steinerne Verhältnisse zum Tanzen bringen", Blatt #1 und Blatt #2!) Denn
einst waren Muslime von den Nazi durchaus als Alliierte für das Vernichtungsgeschäft an
den Juden zu gewinnen. Wie in jenen Tagen auch Albaner in den Reihen der SS gegen Serben
kämpften. Es ist also in der Tat furchtbar kompliziert, was sich da innerhalb weniger
Jahrzehnte alles zugetragen hat und was seine Nachwirkungen nich im jugoslawischen
Sezessionskrieg gezeigt hat.
Cut!
Heute um 16:45 Uhr gibt es auf Gleisdorfer
Tattoo Convention [link]
meine erste
Plauderstunde über Muscle Cars, Hot Rods und Custom Cars.
Und um 19:00 Uhr wird im Grazer "MedienKunstLabor"
die
Ausstellung "Social Machines" eröffnet: [link]
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