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seite #2 Am Ende des vorigen Eintrags stand: Warum ich hier über
Lastwagen plaudere? Von Auschwitz bis Srebrenica ist die Geschichte der Massaker am Rande
auch ein der robusten Lastwagen und Autobusse. Die LKW aus Steyr sind heute freilich
Historie. Unter ihnen ragt eine Sonderform prominent heraus. Erstens durch die bauliche
Eigenart, zweitens dadurch, daß sie unter den Nutzfahrzeugen, die von Steyr damals gebaut
wurden, die höchste Stückzahl erreicht hat. Konzept und Bezeichnung haben mit meinem
Thema viel zu tun.
Es ist das „Vollkettenfahrzeug Steyr-470“, welches
heute bloß noch Fachleuten und Enthusiasten geläufig ist. Der in 27.950 Einheiten
gebaute „Raupenschlepper Ost“ („RSO“). Er war entworfen worden, um den schwierigen
Bedingungen „im Osten“ effizient begegnen zu können. Dieses Fahrzeug war „...
insbesondere für den Kriegseinsatz in Rußland gedacht ...“ Denn im Schlamm des
russischen Winters war schon Napoleons Armee stecken geblieben und untergegangen, die Nazi
wollten das anders angehen.
Die Anmerkungen zu diesem Nutzfahrzeug, „... vor allem
für sumpfiges Gelände ...“ etc. [einige Details],
wirken so lapidar, handeln freilich davon, daß man die Slawen für „Untermenschen“
hielt, gerade noch wert, als Arbeitssklaven zu dienen. Die Nazi hatten vorgehabt, den
Osten zu kolonisieren. Genau davon handelt der Begriff „Raupenschlepper Ost“ genau
genommen. Und der dazu erwünscht „Führernachwuchs“ wurde in eigens eingerichteten
„Ordensburgen“ erzogen.
Die Konstruktion des merkwürdigen Fahrzeuges stammt von
Oskar Hacker, doch auf dem mutmaßlich populärsten Foto des „RSO“ steht an Bord ein
ganz anderer, ungleich berühmterer Konstrukteur neben Minister Albert Speer, dem
Lieblingsarchitekten von Architektur-Niete Adolf Hitler: Ferdinand Porsche.
Porsche, der das Jahrhundert der Automobilgeschichte
prägte wie wenige andere Ingenieure, hat seinem Mentor Hitler alles gebaut, was
gewünscht war. Rennwagen mit dem Potenzial zu Weltrekorden, Traktoren, Geschütztürme
für Kampfpanzer ... Die Arbeit von Ingenieuren bietet der Tyrannis bei Gelegenheit also
nicht nur Werkzeuge, sondern auch Prestige.
Bei der Recherche zu den Lastwagen aus Steyr stieß ich
zufällig auf einen Ausschneidebogen, der mich ins Grübeln brachte. Im Zusammenhang mit
einer Division der SS hieß es da „The soldiers in Handschar Division were Coroatian
muslims ...“
Eine etwas
verwirrende Information. Kroatische Muslime? Muslime aus Kroatien? Noch dazu als formelle
Einheit der „Herrenmenschen“? Beim weiteren
Suchen fand ich im Umfeld von Militaria-Liebhabern eine erstaunliche Kuriosität.
Die penibel gearbeitete „Action-Figur“, darstellend:
„SS-Rottenführer Slavko Juric, 13.Waffen-Gebrigs-Division der SS ‚Handschar’
1942“, zu der es heißt: „He is wearing the normal service version of the Fez and he
is fully equipped for the anti-Partisan campaign. Slavko is the sniper of his unit and is
armed with the K98 Sniper rifle ...“ |
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Die historisch belegte Auffälligkeit
illustriert ein sehr kontrastreiches Beispiel der oft widersprüchlichen Konstruktionen,
mit denen vom Westen aus eurozentrische Bilder zurechtgeschustert wurden.
Slawen, die – wie angedeutet – als „rassisch
minderwertig“ galten, noch dazu Muslime, als Hilfstruppen ausgerechnet der SS?
Deutlicher könnte man kaum vorführen, was „Eurozentrismus“ bedeutet, hier nämlich,
sich die restliche Welt zurechtzudeuten, wie man es gerade braucht.
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