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seite #1 Der Blick auf den
„Balkan“ sorgt leicht für Irritationen. Was in unserer Gegend die längste Zeit als
„Europäische Türkei“ geläufig war, der Begriff „Balkan“ wird für diese Region
Südosteuropas ja noch nicht gar so lange angewandt, ist durch Zuschreibungen von außen
stark geprägt.
Das hat offenbar bis heute seine Wirkung. Ein Z. Ristic
postete am 22.02.2008 auf der „Der
Standard“-Website anläßlich der Kontroversen rund um das Kosovo und Metohia: „Ihr
werdet unsere Geschichte nicht schreiben.“
Ein brisanter Punkt! Wer schreibt die Geschichte? Wo liegt
die Definitionsmacht? Auf welche Art von Definitionskompetenz stützt sie sich?
Die
„Innenansichten“ vom Balkan sind reichlich komplex und oft verwirrend. Dem gegenüber
hat sich „von außen“ offenbar höchste Komplexitätsreduktion als sehr beliebter
Modus etabliert. Ich bin vor einiger Zeit über eine Irritation gestolpert, die mich sehr
verblüfft hat. Vor allem hat sie mich aber darauf gestoßen, daß man sich nicht gar so
sicher zu fühlen braucht, wenn man meint, man habe grundlegende Zusammenhänge begriffen.
Denn von außen betrachtet bleibt vor allem sehr wahrscheinlich, daß man nicht sieht, was
man sieht. Damit meine ich, das Deuten und Dechiffrieren ist recht knifflig. |
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Man sieht hier jenes Wappen, das Bosnien in
der österreich-ungarischen Ära von 1878-1918 markiert hat. Darauf sieht man einen
geharnischten Arm mit einem „Handzar“ in der Faust. Der Handzar ist ein Krummschwert
mit zweischneidiger Klinge.
Dieses Motiv fand ich an weiterer, für mich höchst
überraschender Stelle wieder. Aber die Geschichte hat ganz anders begonnen.
Das hängt auch damit zusammen, wie interessant ich Bosnien
und vor allem Sarajevo fand, als ich längst vor dem Sezessionskrieg angefangen hatte, mit
die Geschichte Südosteuropas genauer anzusehen. Den Anlaß dazu schuf mein Interesse an
den autochthonen Slowenen der Steiermark, von denen ich erst sehr spät als Erwachsener
erfahren hab. Sie waren aus unser aller Wahrnehmung der Steiermark weitgehend ausgeblendet
gewesen. Aber! Sarajevo. Die Metropole eines Landes, das Bosniaken, Serben und Kroaten
beherbergt, also die Kulturen des Islam, der Orthodoxie und des Katholizismus verbindet.
Dazu eine deutliche Präsenz von Juden. Das ist eine kulturelle Qualitätslage Europas,
die wir inzwischen weitgehend aus der Welt geschafft haben.
Also zur eigentliche Geschichte in dieser Geschichte. Wer
meiner Generation angehört, hat die robusten „Steyr Diesel“ im Alltagseinsatz
gesehen. Hauben-LKW im klassischen Layout, deren unspektakuläres Desing in wesentlichen
Zügen über etliche jagrzehnte Bestand hatte. In Roberto Rosselinis Film „Rom, offene Stadt“,
worin Anna Magnani die schwangere Pina spielt, welche in einer Gewehrsalve der Nazi ihr
Leben verliert, kommt jener Steyr 250 vor, dessen Frontpartie die Schnauzen der 380er und
480er meiner Jugendtage vorweggenommen hat.
Warum ich hier über Lastwagen plaudere? Von Auschwitz bis
Srebrenica ist die Geschichte der Massaker am Rande auch ein der robusten Lastwagen und
Autobusse.
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