1. Mai 2009 Die "Radiokunst" hat in Österreich eine Schlüsselfigur. Heidi
Grundmann. (Neben ihr Medientheoretiker Reinhard Braun.) Grundmann war vor zwei Tagen im
Grazer "Medienkunstlabor" zu Gast, um ein Buch über Radiokunst zu
präsentieren. (Siehe dazu MKL-Log
#21!)
Ein weiteres Erlebnis, bei dem ich Eindrücke bekam, wie
sehr eine bestimmte Medienform in ihrer Entfaltung stets auch mit anderen Medientypen
verbunden ist, vor allem aber mit den ästhtetischen Erfahrungen, die man auch auf
konträren Feldern sammelt.
Wenn also einzelne Kunstschaffende gerne in sich gewandt
bleiben möchten, der Welt und anderen Disziplinen den Rücken kehrend, bleibt das doch
ein Hauptereignis auf dem Kunstfeld: Die Neugier und die Offenheit für andere Bereiche.
Bei mir hat das, wie bekannt sein dürfte, auch einige sehr
triviale Seiten. Je deutlicher wird, daß uns das Öl ausgeht und daß die Wirtschaftslage
wieder härtere Kontraste unter den Menschen einführt, desto merkwüdiger vergnügt bin
ich in Stunden, die ich irgend so eine teure High Tech-Kiste ein wenig durch die Gegend
schmeißen kann.
Gestern bekam ich die neue Version der E-Klasse, um
gestreßt und im Sauwetter loszuziehen. Dieses Auto hatte (zu meiner Überraschung) eine
ausgesprochen beruhigende Wirkung auf mich. Lustige Kleinigkeit am Rande: Genau vor zwei
Jahren, am 1. Mai 2007, hatte ich von einer Ausfahrt mit einem Cederer in ähnlicher
Komfortlage zu erzählen: [link]
Cut!
Die Nazi sind nie verschwunden. Diesen Hinweis
im vorigen Eintrag habe ich auf Gerd Honsik
bezogen, der eben vor Gericht stand. Die Haft wird ihm, nicht erspart bleiben. Sein
Verteidiger wird sich außerdem bald selbst verteidigen dürfen, gegen ihn wird nun auch
ein Verfahren angestrengt.
Etliche Wochen vor diesen Ereignissen hatte sich eine neue
Spur dieser Aufkleber durch Gleisdorf gezogen. Der schrullige Nazi hat also auch hier
Anhängerschaft. Es bleibt mir letztlich rätselhaft, was Menschen bewegt, am Konzept der
Barbaren festzuhalten.
Im Kern muß es wohl so sein, daß ein schwächelndes Ego
sich auf eine Art Privatmythologie stützt, gewissermaßen darauf treibt wie auf einem
Floß in Seenot. In dieser Privatmythologie heißen die Helden Hitler, Heß und Rommel.
(Auffallend: Die Helden heißen NICHT Röhm, Mengele oder Eichmann.)
Apropos Privatmythologie. Ich hab in den letzten Tagen
einige Male die Kelten erwähnt, genauer: "Keltnerei". Die füttert einerseits
den "Esoterik-Supermarkt", in dem fremde und frühere Kulturen einfach
ausgeplündert, schließlich zu Geld gemacht werden. (Siehe dazu den Eintrag vom 25. April 2009!) Ein Echo des Kolonialismus.
Andrerseits geistern Wichtigtuer durch unsere Alltage, die
so tun, als haben sie sich mit "altem", mit "geheimem" Wissen
aufgeladen, dessen Quellen dubios bleiben müssen. Es hat Tradition, sich mit
Versatzstücken der keltischen Kulturen hervorzutun. Ich zeige hier nur einige Beispiele,
bei denen das "Keltenkreuz" im 20. Jahrhundert eine unappetitliche Karriere
gemacht hat. Als "Leitstern" der Rassisten.
Ich habe schon erwähnt, daß wir von den Kelten nur sehr
wenig wissen. Auf jeden Fall zeigen die von der Archäologie vorgelegten Artefakte einen
"Symbolkatalog" und Verzierungen, die ein exquisites "graphisches
Werk" ergeben. Die Kunstfertigkeit der Kelten ist beeindruckend. (Was man vielen
ihrer glühenden Verehrer nicht nachsagen kann.)
Dadurch offenbart sich dann beispielsweise das Geschwätz,
wenn etwa ein Handwerker sich als Künstler hervortut und dabei ausposaunt, daß er eine "besondere
Beziehung zur keltischen Vergangenheit unserere Region" habe, aber seine
Arbeiten zeigen nicht einmal die Spur jener graphischen und ästhetischen Qualitäten, die
uns aus der keltischen Kultur bekannt sind.
Das ist überhaupt so ein springender Punkt bei den
Flüsterern, den Raunenden, den sich in Selbstergriffenheit Aufblähenden mit ihren
Privatmythologien. Sie spotten ihren Referenzpunkten. Das gilt besonders für das ganze
Nazi-Gesindel. Wie etwa für Honsik sich gerne als Dichter sieht, aber er kann nicht
schreiben, seine Gedichte sind literarisch vollkommen unerheblicher Schwulst.
All diese "Erhabenen", "Überlegenen"
und sonst wie Besonderen erweisen sich letztlich als kulturelle Null-Nummern, Epigonen,
Abkupferer, die Halbgares und Unverdautes für ein passables Werk halten. Ein simpler
Grund dafür: Sie setzen auf Flüsterei und meiden den kritischen Diskurs, sind oft
radikal anti-intellektuell unterwegs, drängen also zur Seite, was ihr Tun einer Prüfung
unterziehen könnte.
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