9. April 2006

Ich bin mit dem Sound von Stromgitarren aufgewachsen. Der ganz charekteristische Klang einer Fender Stratocaster, vorzugsweise von Jimi Hendrix hervorgebracht, ist mir ebenso geläufig, wie der Sound des E-Pianos aus dem gleichen Hause. Wenn George Benson seine Gibson LesPaul spielt, ist das recht unverwechselbar und kündet außerdem von Pionierzeiten der E-Gitarren-Ära.

Der Klang einer Hammond-Orgel hat meine Kindertage locker überstanden. Dagegen ist der Moog-Synthesizer etwas aus der Mode gekommen. (Aber er wird sicher irgend ein weiteres Revival schaffen.) Elektrifizierte Musikinstrumente, die ihren akustischen Pendants an irgend einer Stelle der Klangentstehung den Stoff abnehmen und in elektronische Signale übersetzen, sind also fixes Inventar meiner Biografie.

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Aber sowas hab ich davor noch nie gesehn, auch nicht davon gehört. Eine Digitaltrompete. Entwickelt und gespielt vom Australier James Morrison, der gestern in Gleisdorf gastiert hat. Ich denke jetzt freilich auch an australischen Rotwein. Warum? Weil ich an südafrikanischen Rotwein denke. Der nach dem Konzert im Haus des Apothekerpaares Ulli und Richard Mayr gereicht wurde. In einer Unerschöpflichkeit, die mir gegen vier Uhr morgens einen ziemlich schweren Gang verursacht hatte. Diese vergnügte Trunkenheit quer durch die Nacht ...

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Cut!

Merkwürdig. Wie schnell das Geschäft mit den Falschmeldungen erledigt ist. Nicht nur auf dem Boulevard ... Was hat Peter Handke am Grab von Slobodan Milosevic gesagt und getan? Er hat, wie berichtet wurde, ein Statement verlesen:
>>Auch der Überraschungsgast Peter Handke kommt zu Wort. Er liest auf Serbisch von einer "so genannten" stets abwesenden "Welt, die keine Welt" sei.<< [Quelle: TAZ]

Sehr bemerkenswert, was aus diesem Text, der ja inzwischen publiziert wurde, für manche herauszulesen ist. (Einige ausgewählte Zitate der Reaktionen: LINK) Wissen wir von der schreibenden Zunft, daß Text mit Kontext und Subtext untrennbar verbunden ist? Klar! Also muß ein Text darauf geprüft werden, in welchem ZUSAMMENHANG eine Textstelle steht und was damit GEMEINT sein könnte.

Sieht man sich die Rede durch, legt man sie neben die aktuellen Kommentare, fällt auf, daß dieser Text vor allem davon handelt: Vorurteile und Vorverurteilungen (gegenüber Serbien) zurückzuweisen. Die von vielen Medienprofis fast reflexhaft wieder aufgetischt werden. Als wäre der Zerfall von Jugoslawien vor allem und einzig das Werk des Slobodan Milosevic gewesen.

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Hieße es nun, "Slobo" zu verteidigen, wenn man einwirft, diese Vorstellung sei grundfalsch? Das kann wohl nicht sein! "Die sogenannte Welt weiß die Wahrheit." warf Handke von Pozarevac aus der Branche vor. Sehr treffend! Denn ich stelle fest, daß es höchst mühsam ist, sich aus dem Gros der Gazetten ein halbwegs brauchbares, kohärentes, vor allem: stichhaltiges Bild von den Ursachen und Momenten dieses Sezessionskrieges zu verschaffen.

Da macht sich eine Komplexitätsreduktion breit, die in kritischen Diskursen der Politik und der Zeitgeschichte schon jetzt keine ausreichende Bestätigung findet.

Ich habe vorgestern den Diplomaten Wolfgang Petritsch zitiert, dessen Schilderung Milosevic' wohl als Darstellung aus erster Hand gelten darf. Bloß widerspricht diese Schilderung dem Tenor der Milosevic-Darstellungen quer durchs Land.

Handke mißtraut merklich (und schwarz auf weiß nachlesbar) den Medienprofis. Er stemmt sich gegen Herrschaftssprache, die sich allein Definitionsmacht anmaßt. Handke begründet das in einem Statement zum breiten Echo seines Auftretens in Pozarevac. Der Text war kurze Zeit auf der Website des Suhrkamp Verlages auffindbar:

"Solche Sprache war es, die mich veranlasste zu meiner Mini-Rede in Pozarevac -- in erster und letzter Linie solche Sprache. Es hat mich gedrängt, eine, nein, die andere Sprache vernehmen zu lassen, nicht etwa aus Loyalität zu Slobodan Milosevic, sondern aus Loyalität eben zu jener anderen, der nicht journalistischen, der nicht herrschenden Sprache."

[Hier der komplette Text.]

Handke hat, liest man die Rede, eben NICHT gesagt, er sei über die Nähe zu Milosevic glücklich. Hier steht, WAS er gesagt hat. In der Textpassage VOR diesem Stück kann man nachlesen, WARUM er hingegangen ist. [Siehe: Die Rede!] Und der oben zitierte Kommentar ergänzt die Begründungen. Ist der Kontext unklar?

Muß hier unredlicher Subtext vermutet werden?

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Dann bitte ich, die Gründe zu nennen. Ich finde immer wieder erstaunliche Unterstellungen, die aus Handke-Texten abzuleiten mir auch mit Mühe nicht gelingt. Norbert Mayer schrieb im Juni des Vorjahres in der "Presse":

>>Handkes Dilemma: Seine Reiseerzählungen, sein "Umwegzeugenbericht" sind ein Freispielen von Geschichte, das die Poesie, um es massenmedial wirksam zu benennen, der reinen Torheit ähnlich macht.<< [Quelle]

Ich kann Mayers Befund nicht nachvollziehen. Was ich in den Texten Handkes finde, ließe sich so zusammenfassen: Er stellt sich nicht auf die Seite der Politik, sondern auf die Seite der Tragödie. Er mißtraut den Tribunalen und setzt offenbar auf das, was Grundkonzept der Griechischen Tragödie ist: Durch Furcht und Mitleid zur Katharsis zu finden. (Siehe dazu auch den Eintrag vom 23. März, über Ryunosuke Akutagawa und die Poetik des Aristoteles!)

Es ist sozusagen eine "andere Methode", die Folgen und Traumata der Greuel zu bearbeiten. Die Handke ja an keiner Stelle als Ersatz der Gerichtsverfahren propagiert. (Kein Entweder-Oder!) Sondern, ohne das Tragödienkonzept explizit zu erwähnen, in einer zeitgemäßen Form als SEINEN Zugang vorführt. "Freispielen von Geschichte"? Lustig! Das sollte man Sophokles mal erklären ...

[Zu Peter Handke]

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