Blatt #102 | KW 32/2020

Fette Beute: Juli 2020 IV

[Vorlauf] Ich weiß eigentlich nicht mehr, wer gängige Idole meiner Kindertage waren. In der Schule wurden bei manchen Anlässen Namen genannt. Aber die blieben mir damals schon schleierhaft. Wer als Zehnjähriger Albert Schweitzer oder John F. Kennedy als Vorbilder betont, hat nicht alle Tassen im Schrank, respektive will sich bei den Erwachsenen einschleimen.

Wir konnten seinerzeit keine Rockstars nennen, denn die fielen in den 1960ern noch unter „Schmutz und Schund“, galten als Kulturschande. Ich hatte es ein wenig leichter. Mein King of Cool war Rennfahrer Jochen Rindt. Der blieb unanfechtbar.



Rindt ist in Graz aufgewachsen; und zwar in der Nachbarschaft meiner Großmutter Marianne. Daher hab ich ab und zu G‘schichterln über ihn gehört, wobei sich die Altvorderen sicher am meisten daran gestoßen haben, daß der Ruckerlberggürtel eigentlich ein ganz ruhige Gegend war. Außer wenn Rindt mit einem seiner Autos abfuhr oder ankam.


Es war folglich ein schönes Detail, als Tom Kada zu unserem Treffen ein Programmheft mitgebracht hatte, das Rindt auf dem Cover zeigt. Eine Veranstaltung vom 23. August 1970, knapp zwei Wochen vor seinem tödlichen Unfall in Monza, wo er auf die Parabolica zufuhr, als vermutlich eine zu schwach bemessene Bremswelle brach. Rindt hatte überdies sein Gurtsystem nicht wie vorgesehen voll angelegt.



Autodromo nazionale di Monza anno 2018 (Planet Labs, Inc., CC BY-SA 4.0)

Monza. Die markante Form dieses Kurses kannten wir als Kinder gut. Später wurde ein Moped unter diesem Namen vermarktet, die Puch Monza. Sie war, so erzählte mir Designer Fritz Spekner, seinerzeit der Anlaß, in den Grazer Puchwerken eine Designabteilung zu formieren. Übrigens! Das Stainzer Bergrennen.



Eines meiner Fotos vom Stainzer Bergrennen. [Große Ansicht]

Ich weiß heute nicht mehr, in welchem Jahr ich mit meinem Onkel Edi dort war. Doch es muß in meiner Volksschulzeit gewesen sein, denn das war damals kein Oldtimer-Rennen. Was ich mit meiner Kodak Retina fotografiert hab, war demnach zeitgemäß, vom Jaguar E-Type bis zu den Formel V-Monoposti.

Ich bin noch keine zehn Jahre alt gewesen, da konnte ich so eine Kamera handhaben. (Mein Vater hatte sie mir gschenkt.) Ein paar der Zusammenhänge von Blende, Entfernung und Verschlußzeit, Tiefenscharfe und Kontrast habe ich noch in Erinnerung, das meiste aber vergessen. Allerdings bevorzuge ich heute noch eine Kamera um zu fotografieren. (Das Smartphone ist nur meine Foto-Sicherung.)



Vom Anfang der 1950er Jahre: Kodak Retina 1a.

Das hat schließlich auch den Dottore und mich zusammengebracht. Wir sind seit Jahrzehnten Automobilpaparazzi. Erlauben Sie mir dazu einen kleinen Hinweis. Paparazzo ist der Name des Pressefotografen (Walter Santesso), den Fellini in La Dolce Vita (1960) um den Journalisten Marcello Rubini (Marcello Mastroianni) herumwuseln läßt. Aus dem italienischen Familiennamen wurde ein Begriff, weshalb wir also keine „Paparazzos“ sind, sondern, wie erwähnt, Paparazzi. [Jochen Rindt II] [Fortsetzung]

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