Blatt #87 | KW 28/2020

Saturday Night Cruising III

[Vorlauf] Anfänge. Im Jahr 1907 wurden Automobile noch in Kleinstserien gebaut. Natürlich wurden umgehend Rennen gefahren, sobald sich Konkurrenz fand. In meiner Miniaturen-Sammlung steht ein feiner Fiat F2 aus jener Zeit, der das illustriert. Es dauerte dann ein halbes Jahrhundert, bis breitere Kreise in die Motorsport-Leidenschaft aktiv einsteigen konnten.



Euro-Pony: Ford Capri 2.0

Da tat sich schließlich auf, was heute mit „Youngtimer“ oder „Alltagsklassiker“ überschieben wird. Ziviles und auch heftiges Zeug. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren Autos aus der Massenfertigung als preiswerte Basis für das Aufrüsten verfügbar. Diese Entwicklung wies von der Straße in den Motorsport. Der Ford Escort auf dem ersten Blatt ist ein Beleg dafür. (Vor diesem Modell hatte es zum Beispiel den Ford Cortina mit Lotus-Motor gegeben.)

Mit einem 2 Liter-Capri war auch viel möglich. Aber vor allem aus dem Haus Fiat kam eine breite Palette europäischer Wagen, die per Aufrüstung sehr schnell werden konnten, wofür Fiat selbst sorgte, aber auch Tuner wie Abarth, Giannini etc.



Understatement: Fiat 1600 Abarth

Bei diesem Treffen war dafür ein gutes Beispiel zu sehen. Der Fiat 1600 Abarth sieht elegant aber unspektakulär aus, setzt eher auf Understatement. Nur das winzige Schildchen unter der Nummerntafel verrät etwas über seine Muskulatur.

Aus Amerika kamen ganz andere Töne, so auch bei diesem Meeting. Der Auftritt vorzugsweise wie ein Donnerschlag. Ohne Wow-Effekt geht gar nichts. Diese Entwicklung hatte ein paar interessante Quellen. Hot Rods, Custom Cars, Muscle Cars und Stock Cars rollen bis heute durch Genres, für die gilt: sehr schnell sein und gut aussehen; oder mindestens sensationell aussehen.



Die Faust von Shelby: AC Cobra 427

Kleine Autos gibt es dabei immer noch bloß auf dem Drag Strip, wo PS-Granaten zum Beispiel im Häusel von einem Fiat Topolino oder Ford Prefect stecken können. Ansonsten gilt: mehr ist mehr! Die Cobra auf dem Set belegte samstags diesen Aspekt der Geschichte. Europa trifft USA. Carroll Shelby rüstete seinerzeit britische AC-Fahrgestellte mit riesigen Ford-Motoren auf.

Gut, das ist kein kleines Auto. Die Karosse sieht heute noch beeindruckend aus und so viel PS auf eine starre Hinterachse gebracht, das ist eindeutig etwas für fortgeschrittene Fahrer. Ganz anders die patzigen Muscle Cars, deren Wurzeln (für Amerika) eher kleinere Serienfahrzeuge waren. Die bekamen aufgeblasene Motoren und nötige Verbesserungen an Fahrwerk wie Bremsen, erhielten oft auch schrille Outfits.



Dodge Coronet 500: frißt kleine Kinder

So zu sehen, als ein Dodge Coronet 500 auf das Deck fuhr: Best of pöse. Dem folgte dann noch ein sehr sauberer Dodge Dart GT, einst eine beliebte Basis für Höllenmaschinen. An beiden die typischen C-Säulen mit dem überzeichneten spitzen Winkel an der Vorderseite, typisch für die Mopar-Abteilung. Und der Dart mit den Bumblebee Stripes am Heck, auch eine Mopar-Domäne.



Dodge Dart mit den Hummel-Streifen

Dieser Teil der Geschichte, das Muscle Car-Ding, geht eigentlich auf den hoch verdichtenden Oldsmobile Rocket-Motor von 1949 zurück. („One was the landmark overhead-valve Rocket V-8 designed by Gilbert Burrell.“) Neben dem 49er Oldsmobile 88 war zum Beispiel der 1951er Hudson Hornet so ein Vorbote der Muscle Car-Ära.



Ratten-Camaro aus den 1970ern

Dieser Abschnitt wurde dann von Company Guys wie John DeLorean forciert und schließlich mit großem Werbeaufwand promotet. Zum ersten Hauptereignis des gewinnträchtigen Genres wurde Mitte der 1960er der Pontiac GTO, genannt „The Goat“ (Die Ziege).

Ein 1970er Jahre-Beispiel für diese Ecke kam übrigens in Gestalt eines räudig gehaltenen Chevy Camaro auf‘s Parkdeck. F-Body, zweite Generation, also die gleiche Plattform wie der Pontiac Firebird jener Jahre.

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