Blatt #3 | KW 32/2019

Fiat F2, 1907 (1:43, Dugu)

Wer denkt, die Volksmotorisierung Europas gehe wesentlich auf das Konto der Firma VW, liegt völlig daneben. Der Begriff Volkswagen war lange vor dem Zweiten Weltkrieg eine gängige Genre-Bezeichnung. Was Ferdinand Porsche dann für Adolf Hitler entwickelt hat, hieß erst einmal KdF-Wagen (von „Kraft durch Freude“) und wurde erst nach dem Krieg zum Volkswagen.

Wenn ein Konzern die Geschichte des europäischen Automobilismus quer durch das 20. Jahrhundert in seinen Produkten umfassend abbildet, dann auf jeden Fall Fiat. Und so wird das ein erstes Modellauto-Blatt in meiner neuen Leiste, die [flame] ein trivialer mythos ablöst, um nun dessen Bereiche in einer Linie zu bündeln.

Es ist ein phänomenales Fahrzeug, detailreich umgesetzt. Ich hab dieses Stück (neben einigen anderen Perlen) von Norbert Gall als Geschenk erhalten. Gall begleitet mich seit dem Jahr 2004 als aktiver Automobil-Paparazzo und wir tauschen uns seither permanent zu diesen Themen aus. Siehe dazu das Blatt #1 in dieser Reihe!

Gall ist der Vertreter einer Italianità, die sich ganz unprätentiös in seinem Leben breit gemacht hat, die erst auffällt, wenn man bei ihm genauer hinsieht. Folglich ist er mit Italiens Autos gründlich vertraut. Aber jetzt zu diesem Prachtstück.

Im 1907er Grand Prix de France bewährte sich der von Carlo Cavalli entwickelte FIAT 130 HP F2 mit Rennfahrer Felice Nazzaro. Der 16,3 Liter Motor lieferte einschüchternde 130 PS. Das war zu jener Zeit eine Titanen-Kraft, die mit Ketten auf die Hinterräder übertragen wurde, welche auf Pneus liefen, deren verläßliche Haltbarkeit nicht einmal ungefähr in die Nähe heutiger Autoreifen kamen.

Zum Vergleich: in den Jahrzehnten danach durfte die Kundschaft sich freuen, wenn schwere Personenwagen mit 25 bis 30 PS angetrieben wurden. Dieser Fiat für die Rennstrecke ist also ein Monster. Wer so etwas fuhr, gehörte definitiv zu den gefährdeten Arten. Aber seit der Antike suchen Menschen solche Erfahrungen, ohne die Risken zu scheuen.

Sogar Europas Mythen erzählen davon. Phaeton, der Sohn des Sonnengottes Helios, kam dabei ebenso um wie Ikarus, der Sohn des Daedalus. Man darf annehmen: wir sind so. Nicht alle, aber etliche. Das 1:43er Modell stammt übrigens von Dugu Miniautotoys aus Varallo Sesia, nördlich von Turin.

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