log #322:
elektrisiert Ich setze als
einigermaßen bekannt voraus, daß die Oststeiermark einst ein Armenhaus Österreichs
gewesen ist. Die vorwiegend kleinen Selbstversorgerwirtschaften waren nicht gerüstet,
für den Markt zu produzieren, konnten daher so manchem ökonomischen
Modernisierungsprozeß nicht entsprechen.
Der Gleisdorfer Tierarzt Karl Bauer, mit dem ich heuer im
Kosovo gewesen bin, hier rechts neben seinem kosovarischen Amtskollegen Skifter Ajvazi,
stammt selbst von einer Landwirtschaft. Er kennt demnach sowohl die gegenwärtigen
Probleme der Bauernschaft, als auch die mentalitätsgeschichtlichen Hintergründe sehr
gründlich.
Als wir angesichts der bescheidenen ländlichen Strukturen
im Kosovo über dieses Metier sprachen, faßte er es so zusammen, daß Bauer zu sein die
meiste Zeit eine Schinderei gewesen sei, von Unwägbarkeiten der Natur und des Marktes
geprägt.
Im Jahr 2008 habe ich in Feldbachs einstigen Hallen des
"Fleckviehzuchtverbandes Steiermark" ("Über 36.000 Kontrollkühe")
noch solche Losungen vorgefunden, die von den enormen Anstrengungen in der Zweiten
Republik erzählen, wirtschaftlich voranzukommen.
Die Historiker Karl Kaser und Karl Stocker
haben das in einem fulminanten zweibändigen Werk dargestellt: Bäuerliches
Leben in der Oststeiermark seit 1848. Sie haben für den Zeitraum zwischen 1848
und 1938 der Oststeiermark "Abgeschlossenheit und Stagnation" zugeschrieben. Gemessen daran muß einem der heutige Wohlstand erstaunlich
vorkommen, wenngleich er durch aktuelle Veränderungsschübe längst konkret bedroht
erscheint.
Welche "Funken" mögen übergesprungen sein, um
in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts solche Entwicklungen zu ermöglichen? Welche
Kräftespiele sind die Hintergründe oder gar Fundamente dieser Prozesse? |
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[literatur]
Das ist quasi
unser regionalgeschichtliches Panorama, vor dem nun das "April-Festival 2001"
als ein Mehrsparten-Ereignis vorbereitet wird, um in einem gemeinsamen Zeitfenster an
mehreren Orten stattzufinden.
Dieses "Panorama" ist
implizit mit dem Satz "Zwischen Landwirtschaft und High Tech"
überschrieben. Beides ist heute in der Region präsent, beides war grundlegend für die
Besserung der Verhältnisse nötig, beides ist immer noch maßgeblich bei den
Lebensbedingungen der Region.
Das bedeutet, hier agieren
einerseits etwa Schafbauern, die einem Ort wie Naas Gewicht geben, wo der Bürgermsieter
sagt: "Wir haben mehr Schafe als Einwohner", da wirken andrerseits
traditionsreiche Betriebe wie zum Beispiel Binder + Co., die mit ihren Produkten auf dem
Weltmarkt präsent sind.
Das ergibt kuriose Mischformen
menschlicher Gemeinschaften und gesellschaftlicher Formationen, die zu entprechend
vielfältigen kulturellen Phänomenen führen. Darauf reagieren wir von "kunst
ost" mit einer nun völlig neuen Konzeptione unserer Vorhaben, wobei eben dieses
"April-Festival" eine zentrale Rolle spielt.
Die bisher entworfene Festival-Struktur...
... macht deutlich, daß wir ein
Zusammenwirken sehr verschiedener Genres herbeiführen möchten. Das soll auf eine ...
Zusammenschau von Kunst,
Technik und Wissenschaft
... hinauslaufen. Das bedeutet, wir
bemühen uns um kompetente Menschen aus all diesen Bereichen. Das bedeutet ferner,
Gegenwartskunst und "Voluntary Arts"
werden das Festival nicht alleine ausmachen oder dominieren. Es kommen alle VIER GENRES zum Zug.
Das Team von "kunst
ost" programmiert und organisiert einen Kernbereich des Festivals, andere
Formationen sind aber eingeladen, beim Gesamtereignis anzudocken. Auf dem Kunstfeld sind
auch Schnittstellen eingerichtet, die allerdings nicht für Einzelpersonen offen stehen,
sondern für kleine Gruppen, sogenannte "location crews".
Das bedeutet, orts- und
themenbezogen formieren sich Kleingruppen, die in sich völlig autonom bleiben, aber über
eine "Schlüsselperson" mit "kunst ost" verbunden sind. Diese
Schlüsselperson bestimmt dann über jene Ressourcen, welche von "kunst ost"
zur Verfügung gestellt werden können.
Das bedeutet, der Fokus liegt auf KOOPERATION!
Praktisch heißt das, wir arbeiten
nun Kooperationsangebote aus, in denen skizziert wird, was als wechselseitiger
Leistuingsaustausch zugunsten beider Seiten möglich ist. Auf diese Art sollte es in jenem
soziokulturellen Bereich möglich sein, Synergien zu aktivieren, die uns helfen, kommende
Budgeteinbrüche und Standortnachteile zu kompensieren.
Damit ist bei "kunst
ost" auch ein klarer Strukturwandel vollzogen. Die vergangenen Jahre haben
gezeigt, da ist kein Plenum, das eine konsequente Themenarbeit in bezug auf die "Energie-Region"
erörtert und über mittel- wie längerfristige Planungsschritte eine Projektentwicklung
nahelegt, die größere Finanzierungen ermöglicht.
Dieser Teil einer professionelleren
Konzentration für größere Veranstaltungen bleibt dem Vereins-Team überlassen, das
über einen Vertrag mit dem Land Steiermark als erstes steirisches LEADER-Kulturprojekt
klare Agenda übernommen hat.
Im Zusammenhang mit dem Gleisdorfer
Gastspiel der Gruppe "Kollektive Aktionen" aus Moskau, die übrigens
nun eingeladen wurden, bei der nächsten Biennale in Vendig den russischen Pavillon zu
bespielen (Siehe dazu
Krusches Log #1649!), gab es einige "Laborübungen" und einen Vortrag zum Thema
"Kollektive Kreativität [...] in der zeitgenössischen Kunst". Darin liegen
Anregungen und Orietierungspunkte für unsere aktuelle Verfahrensweise als
"soziokulturelle Drehschheibe".
[elektrisiert]
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