log #170: next code [Vorlauf]
Auffallend war auch bei manchen Leuten der Effekt, die Arbeitsergebnisse einer so
komplexen Vorgehensweise mit Unterstellungen zu bedenken. Wer sich selbst bloß um sein
eigenes Werk und Wohlergehen kümmern wollte, und sonst eher um nichts, fand es offenbar
etwas gruselig, daß erhebliche Budgets von so viel Arbeit umgeben sein sollten.
Exemplarische Post:
Sowas konnte nur aus meinem eigenen Milieu in
der Region kommen, weil Außenstehende mit dem Lauf dieser Dinge gar nicht vertraut sind.
(Siehe dazu den Eintrag #143!)
Wer heut fünf-, zehn-, oder zwanzigtausend
Euro an Kofinanzierungen zustande bringen möchte, die Betonung liegt auf dem "Ko-",
denn ich kenne keine öffentliche Stelle, die einem eine hundertprozentige Finanzierung in
Aussicht stellt, muß es mit stattlichen Vertragswerken und komplexen
Verpflichtungserklärungen aufnehmen. (Siehe dazu etwa das "LEADER-Info" [link] über
Verpflichtungserklärungen!)
Um beispielsweise diese Passage in einem
Brieflein (vom Land Steiermark) zugestellt zu bekommen, sind also zeitintensive
Anstrengungen von Nöten, die gewöhnlich von der primären Kunstproduktion in Abzug zu
bringen sind. Kurz: Was ich um diese Möglichkeiten renne, fehlt an Zeit dann natürlich
bei der künstlerischen Arbeit.
Andrerseits: Ich bin so frei anzunehmen, daß
meine primäre künstlerische Arbeit meine Privatangelegenheit ist. Das regle ich mit mir
selbst, deshalb tue ich dabei nur, was ich für angebracht halte, übergehe andere
Anliegen.
Dieses Zitat entstammt dem Beitrag des
Philosophen Hannes Böhringer für das Buch "Aisthesis", bezieht sich
auf den Soziologen Niklas Luhmann. Eine Auffassung, mit der ich sehr gut zurechtkomme. "Das
soziale System Kunst" als ein Teil dessen, wie sich menschliche Gemeinschaft
ereignet.
Nicht "Sozialarbeit als Kunst",
nicht unscharfe "Interventionen" als Kunst, nicht Kunst als
Straßenschild für eine "soziokulturelle Kuschelecke", sondern ein
Teil "gesellschaftlicher Realität", in dem "Kunst
auftaucht", wo wir fähig sind zu klären, was dagegen "Nichtkunst"
sei.
Das korrespondiert übrigens mit einer Passage
in meinem Das Arbeitspapier "Kunst" [link], wo ich (nicht zum ersten Mal) eine Arbeit von Franz West
zitiere. [Quelle]
Damit möchte ich eine Trennschärfe in der Betrachtung betont wissen.
Es muß sich niemand was zurufen lassen, wo es
um Kunst geht. Es muß einem frei stehen, völlig und ausschließlich den "Gesetzen
der Sinnlichkeit" zu folgen, also sich dem zu widmen, was einem spontan
gefällt, was einem geschmacklich zusagt.
Aber wo über professionelle Bedingungen und
über Bedingungen der Profession gesprochen wird, gelten AUCH die "Regeln der
Kunst". Für die Debatte über solche Themen ist eine wenigstens kursorische
Kenntnis solcher Regelwerke Voraussetzung.
Das bedeutet unter anderem, ich bin nicht
bereit, über die Grenzen gängiger Höflichkeit hinaus solche Fragen zu erörtern, wenn
ich feststellen muß, daß meinem Gegenüber selbst grundlegende Kenntnisse dieses Metiers
fehlen. Wer sich von jener Position aus in der Sache der Kunst ereifert, sei an die
Leserbriefredaktion der "Kronenzeitung" empfohlen.
Schafft das Bruchlinien im kulturellen
Engagement, welches auf die Region angewandt werden soll? Nicht zwingend. Ich hab solche
Aspekte beim "1. LEADER Kultur Vernetzungstreffen" in Graz auf
den Tisch gelegt. (Siehe dazu: Krusches Karten II [link]!)
Wir sollten es schaffen, für einige wichtige
Themenkomplexe eine gemeinsame Sprache zu finden. Und es sollte uns gelingen, nicht
permanent Kategorien der Kunst und jene des Sozialen wahllos zu vermischen.
In den letzten Jahre war es regional eher
nicht möglich, in einem breiteren Diskurs etwas klarere Kategorien einzuführen, dank
derer die verschiedenen kulturpolitischen Aufgabenstellungen konkretisiert werden
könnten, denn berufliche und außerberufliche Erscheinungsformen auf
dem Kunstfeld kreisen zwar vielleicht um ein gemeinsames ThemenZENTRUM, handeln aber von
ganz unterschiedlichen Intentionen und Prioritäten. Diesbezüglich sollten die kommenden
Jahre etwas mehr Transparenz ermöglichen.
Aber wie angedeutet: Das sind Agenda der
Kulturpolitik, nicht der Kunst. Doch damit sind die Bedingungen der Gegenwartskunst
berührt, Kunstschaffende sollte das also interessieren ...
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