log #133: next code

Ich habe es in Eintrag #126 schon ausführlich erwähnt, die Budgets gehen runter. Da dürfen wir uns keine Illusionen machen. Dazu kommt, daß die Bundespolitik uns keinerlei Rückhalt in Aussicht stellt und die SP-Ministerin offenbar ihre Aufmerksamkeit sehr weitreichend vom Kulturbereich abgezogen hat.

lo133a.jpg (11094 Byte)

>>"Ein Interview ohne konkreten Anlass" - es sollte etwa um die prekäre soziale Lage der Künstler gehen - sei "momentan nicht Nummer eins der Prioritätenliste", meinte Schmieds Pressesprecher Nikolaus Pelinka.<< (Quelle: "Der Standard")

Beklagenswert? Wen scherts! Seit vergangenem November ist offenbar nicht zu erfahren, welche Schlüsse in der Politik aus der vorliegenden Studie über die soziale Lage der Kunstschaffenden in Österreich gezogen werden sollen. Daraus schließe ich haarscharf, es gibt keine Schlüsse. Gabriele Gerbasits, Geschäftsführerin der IG Kultur Österreich, nennt das die "Kultivierung der Tristesse". Sie schrieb:

>>Claudia Schmied führt die Tristesse der österreichischen Kulturpolitik still weiter und kaum jemand bemerkt ihr Versagen an der Kultur. Denn auf diesem Politikfeld wird schon lange nicht mehr gearbeitet. Insofern ist es auch schwer darüber zu berichten. Die Analyse von Thomas Trenkler beschreibt das Abwesende, so gut es eben zu fassen ist.

In Schmieds Kulturpolitik findet sich jede Menge Schminke und Maske: Preisverleihungen, Gratulations- und Kondolenzschreiben, Studien die keine Folgen haben. Geschminkt wird hier das Nichts. Die Ministerin stellt sich keinem Interview, keiner Podiumsdiskussion und ist wohl auch die erste Ministerin die den Informationsaustausch mit den Interessenvertretungen im Kunst- und Kulturbereich strikt und nachhaltig verweigert.

Dies hat zu Beginn ihrer Amtsperiode noch für Unverständnis in der IG Kultur Österreich gesorgt, inzwischen zeichnet sich ab, dass aus dem Ministerium tatsächlich nichts kommen wird.<<

Es dürfte also festzuhalten sein: Wir sind und bleiben vorerst völlig auf uns selbst gestellt. Was uns in nächster Nähe an Verbesserung der Strukturen gelingt, wird uns zugute kommen. Netzwerke und Kooperationen dürften dabei ein vielversprechender Ansatz sein. Kompetenzsteigerung und effizientere Nutzung vorhandener Ressourcen mögen helfen, die Situation zu stabilisieren.

Zugleich haben wir einen "Lieblichkeits-Zustand" auf dem Kulturfeld, in dem es so gut wie keine nachhaltige Auseinandersetzung über brisante und relevante Fragen gibt. Philosoph Oliver Machart hat das schon 1999 im Buch "sektor3medien99" so begründet:

log133b.jpg (26350 Byte)

-tiepolitische Chance zum langsamen Neuaufbau von Streitkultur.) Ein neuer intellektueller Pamphletismus ist gefordert, soll das politische Arkadien nachhaltig modernisieren, i.e. politisiert werden.<<

Kontroverse und Debatte oder Schminke und Maske? Wo sich das Begehren Kunstschaffender darin erschöpfen sollte, Platz auf einer Bühne und zweieinhalb Minuten Aufmerksamkeit des Publikums zu bekommen, wird Kulturpolitik als Repräsentationsgeschäft völlig genügen. (Die einst von Andy Warhol avisierten 15 Minuten Prominenz sind hier nicht mehr drinnen ;-))))

log133c.jpg (14349 Byte)

Einige von uns sehen das anders und gehen daran, Grundsatzfragen wieder in laufende Diskurse überzuführen. Mit dem Weizer Künstler Hubert Brandstätter bin ich eben übereingekommen, daß wir dieser Anforderung Orte und Dauer geben wollen. Der Auftakt dazu wird demnächst in seinem Atelier stattfinden. (Siehe dazu auch Krusches Log #1356!) Damit ist außerdem eine weitere Verdichtung des geistigen Klimas im "Zusammendenken" des Raumes zwischen Weiz und Gleisdorf angestrebt. (Kohärenz statt Konkurrenz!)

Im zweiten Abschnitt der Dialogreihe [link] wird es schwerpunktmäßig um solche Fragen gehen. Grundlagen, Grundfragen und konkrete Bedingungen der Kunst abseits des Landeszentrums ... Haben wir darüber Klarheiten, die einer Debatte standhalten, werden wir auch gegenüber Politik und Verwaltung brauchbare Positionen beziehen können.

Ich erlebe innerhalb unseres Milieus zwar gleichermaßen schon Abwehrgesten gegenüber solchen Entwicklungen; Vernetzungsfragen und Kunstdiskurse werden an manchen Stellen als unnötig bis suspekt herausgestellt. Aber das ist wohl auch für sich schon ein kleiner Beitrag zu den hier nötigen Debatten.

Eine andere Ebene solcher Diskurse habe ich in Eintrag #128 erwähnt: Beim großen Weizer Projekt "Weg der Hoffnung" geht es im "Forum 16" um die Frage: "Kunst und Gesellschaft, Angst vor der Freiheit?"

Damit sind sehr unterschiedliche Personen nun aufgeboten, um in der sogenannten "Provinz" einen laufenden Diskurs über Kunst zu tragen.

log133d.jpg (7696 Byte)

Dadurch soll auch aktuell geklärt werden, mit welchen Intentionen wir Kunstschaffende Platz im öffentlichen Raum des Gemeinwesens in Anspruch nehmen und auf welche Arten Finanzierungen aus öffentlichen Mitteln zu begründen sind. Denn was uns inhaltlich ausmacht, hat ja zugleich seine sozialen und ökonomischen Entsprechungen.

[next code]


coreresethome
18•09