Log #117 Ich habe ein Faible für antiquiertes Design von Massengütern. Es
hat Charme und führt einem vor Augen, wie die Menschen "sehen lernen", wie sich
die jeweils aktuelle Welt in ihren Gebrauchsgegenständen abbildet.
Spielzeug hat dabei weit höhere kulturelle Bedeutung, als
meist angenommen wird. Damit befasse ich mich gerne; weil es Spaß macht und weil es ein
weites Feld ästhetischer Erfahrungen ist. Zur Zeit verdichtet sich das in einem Beitrag
zu einer Spielzeugausstellung im Gleisdorfer "Museum im Rathaus": [link]
Es ist eine anstrengende Arbeit, aber es fühlt sich nicht
so an. Es ist staubig, tiefschürfend, ein Brocken an Sozialgeschichte und Alltagskultur,
ein triviales Vergnügen, zu dem ich an Künstler Walter Kratner geschrieben hatte:
>>mein lieber herr nachbar! hab grade den ganzen
tag mit spielzeugautos und dem aufbau im museum zugebracht. macht das fatale gefühl, ich
würd nix arbeiten. so viel gaude.<<
Seine doppeldeutige Antwort ist die Reaktion eines
verschmitzten Professionals, der sein Geschäft gut kennt, die Mühen, aber auch die
Freiräume:
>>Das Gefühl nicht zu arbeiten
liebe ich auch!!!<<
Ich hab im vorigen
Eintrag von der aktuellen Studie erzählt, die belegt, daß es in Österreich nur
einer sehr kleinen Minorität gelingt, mit künstlerischer Arbeit auf dem Markt zu
bestehen. In dem Sinn, daß ein Verkauf von Werken ein akzeptables Jahreseinkommen
erbringt.
Das alleine ist schon ein klarer Hinweis: Über die Frage
nach ökonomischem Erfolg kann ich nicht klären, wer zu den Kunstschaffenden gezählt
werden soll, darf, kann. Die allermeisten Kunstschaffenden sind auf "Brotberufe"
angewiesen. Je weniger Kraft sie dafür aufwenden wollen, um möglichst viel Energie für
künstlerische Praxis zu erhalten, desto bescheidener wird ihr Lebensstandard sein;
gewöhnlich hart an der Armutsgrenze. Außer man hat reiche Verwandtschaft. Das ist die
Faktenlage, ob es uns paßt oder nicht. So ist der Beruf. (Fragen Sie einmal eine
Supermarkt-Kassiererin, wie ihr Beruf ist und wie sich ihre Anstrengung in Geld plus
Erfüllung ausdrückt!)
Einem Meister dieser Zusammenhänge bin ich bei der
Aufbauarbeit an der Spielzeugausstellung wieder begegnet. Fluxus-Künstler Dieter Hartmut,
hier mit Museums-Kustodin Sigrid Meister, war zum Lokalaugenschein gekommen. Er will im
Frühjahr eine große Personale in Gleisdorf zeigen, die auf mehrere Veranstaltungsorte
aufgeteilt wird. Worüber ich mich sehr freue, denn Hartmann ist ein ganz erstaunlicher
Exponent seines Metiers.
Ich war vergangenen Sommer gemeinsam mit dem Kunstsammler
Erich Wolf bei Hartmann zu Gast gewesen. (Siehe dazu mein Log #1182!) Ohne
Attitüde und merklich ohne jeden Seitenblick auf Marktfähigkeit oder Prominenz verfolgt
Hartmann seine künstlerischen Obsessionen. Radikal und konsequent.
Um den Preis von Entbehrungen, denn seine künstlerische
Unerbittlichkeit läßt keinen üppigen Lebensstil zu. Mir imponieren Menschen sehr, die
ihren Vorstellungen auf diese Art nachgehen, ohne dauernd anderen Leuten die Schultern
naß zu weinen, weil derlei Wege eben ihren Preis verlangen.
Ich hab solche Dinge auch mit dem Gleisdorfer
Kulturreferenten Hannes Felgitsch erörtert, da wir im Museum etliche Stunden gemeinsam
verbrachten. Er besitzt nämlich eine exquisite Kollektionen von elektrischen Eisenbahnen
und Autorennbahnen verschiedener Epochen. Wir hatten also Tausende Handgriffe zu setzen
und Zeit zum Quatschen. [Fortsetzung]
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