Log #118 [Vorlauf] Das vorhin
erwähnte Gespräch mit dem Gleisdorfer Kulturreferenten drehte sich ferner um Aspekte von
Rang, Status und gesellschaftlichen Hierarchien. Gerade auf dem Kunstfeld wird gerne
vorgegeben, es gehe hier um "höhere Prinzipien", um praktische Erhabenheit
gegenüber Ehrgeiz, Neid und Eifersucht. Das ist natürlich völliger Blödsinn. Ein
weiteres Steinchen im quasi-religiösen Berufs-Mosaik, das sich unter Kunstschaffenden
manchmal besonderer Beliebtheit erfreut.
Solche Fragen zu bearbeiten ist wichtig. Die Drehscheibe
"kunst O.ST"
befindet sich aus derlei Zusammenhängen gerade in Transformation. Winfried Kuckenberger,
Leiter des Gleisdorfer Kulturbüros, hatte mich nämlich eben erst in sein Büro gebeten,
um mir einige Dinge zu eröffnen.
Der wichtigste Punkt: "kunst O.ST" hat bei ihrem
nun dritten großen Projekt einen wichtigen Organisationsschritt nicht geschafft, weshalb
bei der Umsetzung mehr Arbeit für die Kommunen übrig bleibt als vorgesehen war.
(Klartext: Einige Leute aus unserem Kollektiv haben Arbeiten nicht erbracht, für die sie
sich selbst gemeldet hatten.)
Manche Leute an der Basis wollen offenbar nicht kapieren,
daß jede Arbeitsstunde eines Stadtangestellten sich im Budget dieser Stadt mit einem
konkreten Eurobetrag abbildet. Das ist also schon eine faktische Subvention für ein
Kulturprojekt, die natürlich limitiert bleibt. (Die populäre Ansicht: "Des müssn
de für uns tuan, de ham an Kulturauftrag", ist gleichermaßen inhaltlicher wie
regionalpolitischer Unfug.)
Wir reden also von Ressource, die begrenzt sind und die vor
allem ... auch für andere Kulturschaffende verfügbar sein müssen, nicht bloß für EINE
Gruppierung. Davon spricht Kuckenberger-Mitarbeiterin Sigrid Meister ebenso. (Auf dem
obigen Foto neben Kulturreferent Hannes Felgitsch.)
All das heißt im Klartext: Politik UND Verwaltung lassen
uns wissen, daß die Städte Gleisdorf und Weiz zwar dieses Festival ("auf.draht") jetzt
auf jeden Fall auf der Schiene halten, für zukünftige Kooperationen gibt es aber
BEDINGUNGEN.
Derlei hängt natürlich damit zusammen, daß eine Gemeinde
nicht langjährig ein und dieselbe Gruppierung quasi tragen kann. Wir müssen die
temporär stärkere Unterstützung nützen, um in diesem Zeitfenster eigenständige und
tragfähige Strukturen aufzubauen. Versäumen wir das, werden die erbrachten Leistungen
verpuffen.
Ferner: Da sind ja auch andere, größere Kunstvorhaben,
initiiert von anderen Leuten, die mit Support seitens der Kommunen rechnen dürfen. (Siehe
als Beispiel die kommende große Hartmann-Personale, die ich im vorigen Eintrag erwähnt habe, die ein wichtiger Impuls für die Region
sein wird.)
Ich schließe aus all dem, daß "kunst O.ST" nun
eine stärkere Transformation erleben muß. Im Kernbereich wird ein
professionelles Projektmanagement zu entstehen haben, das die Abwicklung eines größeren
Vorhabens leisten und garantieren kann. Unter diesen Bedingungen, so wurde mir gesagt,
seien die Städte auch bereit, weiter Geld in diese Vorhaben zu investieren.
Es hatte schon davor Gleisdorfs Bürgermeister Christoph
Stark (hier neben Leader-Managerin Iris Absenger -- links -- und Angelika Vauti-Scheucher,
Leiterin der steirischen "Kultur Service Gmbh") bei der ersten Leader-Kulturkonferenz
klar gemacht, daß die Kommunen etwa in diesen Zusammenhängen keine primäre
Kunstproduktion finanzieren werden, sondern die Kofinanzierung von Strukturentwicklungen
vor haben.
Auch das meint:
Professionalisierung im Bereich der Umsetzung von Kulturprojekten, wofür sich
Kunstschaffende ebenso zuständig fühlen sollen, weil Politik und Verwaltung das alleine
nicht in Angriff nehmen werden. (Polemisch verkürzt: "Sie wünschen, wir
spielen" bleibt eine unrealistische Variante.)
In diesem Zusammenhang halte ich es für unverzichtbar,
daß die Gegenwartskunst mehr Orte in der Region bekommt. Dabei sollten wir uns nicht nur
auf die Strukturen der öffentlichen Hand verlassen. Private Initiativen sind gefordert.
Wie etwa die Galerie "einraum", hier bei der Vernissage zur aktuellen
Ausstellung von Helga Knöbl. (Ich hatte dort kürzlich eine Installation des
Süditalieners Vito Pace eingerichtet.)
Das für mich Wesentliche an dieser Galerie: Sie verdankt
sich dem Engagement einer Gleisdorfer Geschäftsfrau (Barbara Lukas), ist durch ihre
handliche Dimension auch für Neulinge auf dem Kunstfeld bewältigbar, obwohl sie sich
natürlich ebenso gut für Routiniers eignet, und sie liegt im alten Zentrum der Stadt,
hat dank eines riesigen Fensters eine nur niedrige Schwelle hin zur Alltagswelt der
Menschen.
Ich denke, ein Zuwachs an solchen Konfigurationen würde
der Gegenwartskunst in der Region enorm voran helfen, um im Bewußtsein der Menschen
Terrain zu gewinnen.
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