Log #86
Zur Eröffnung von "augenhöhe" ("next code: divan") ist nun auch
der zweite Text online verfügbar. Die Kunsthistorikerin Mirjane Selakov hat neben "Wer ist wem die Zukunft?"
auch ein Statement über die gezeigten Arbeiten verfaßt: "Wie können wir der
Wirklichkeit des Anderen begegnen?"
Cut!
Einige Tage danach wurde in Weiz die Ausstellung "pur" eröffnet, bei der eine
Verzweigung von "next code: divan" zu sehen ist. ("gläserne sätze")
Veranstalterin Nina Strassegger-Tipl hatte mit Wassereinbrüchen in den vormaligen
Werkshallen zu kämpfen. Heftige Sommergewitter hatten auch in den Tagen danach noch Druck
gemacht und unter Dach stattliche Teiche geschaffen.
Die Gießkanne ist natürlich ein Scherz. Der Graskreis links stammt von Christian
Strassegger, dahinter sieht man den Brennerraum, wo ich "gläserne sätze" eingerichtet
habe. An diesem Abend war aber vor allem auch wichtig, daß intensive Debatten geführt
wurden.
Nina hatte dafür einen bemerkenswerten Rahmen erarbeitet. Nicht nur durch den
interessanten Veranstaltungsort. Ein Publikum von rund 400 Personen ist ja keineswegs zu
verachten. Auch wenn ich über weite Strecken dazu neige, völlig vom Publikum abgewandt
zu arbeiten, schätze ich das immer wieder als ein sehr vergnügliches Erlebnis.
Das schien offenbar auch Bundestagsabgeordneter Christian Faul (links) zu finden, der
an diesem Abend nicht dienstlich da war, sondern aus privater Laune. Dieses Foto stellt
aber vor allem deshalb eine Rarität dar, weil der Weizer Kulturbeauftragte Georg Köhler
darauf lachend zu sehen ist.
Kleiner Scherz! Freilich, da hängt schon was dran. Es ist nicht gar so
selbstverständlich, die Leute in der Politik lachen zu sehen. In Gleisdorf haben Politik
und Verwaltung sehr sensibel und kooperativ darauf reagiert, daß sich hier auf dem
Kunstfeld eine "Bottom up-Geschichte" zu konsolidieren scheint, was sowohl von
der Landesebene her ("regio next") als auch von der EU-Seite (Leader) her
gefordert wird. Daß nämlich nicht von der Ebene der Bürgermeister aufwärts Projekte
entstehen, sondern von der Ebene der Bürgerinnen und Bürger ausgehend. Wir lösen das
nun sehr konsequent ein.
Wir hören dabei aber das Hintergrundrauschen. Diese merkwürdige Unruhe an manchen
Stellen, weil da manchen Leuten nicht ganz durchschaubar erscheint, was hier unter
Kunstschaffenden geschieht. Das betrifft die Kunstschaffenden selbst übrigens ebenso.
Manche darunter. Das Gerenne um gute Positionen innerhalb alt vertrauter Hierarchien ist
unübersehbar.
Ebenso unübersehbar ist, was sich an "Kategoriendenken" auftut, das einen
alten Effekt reproduziert: Lagerbildung, Lagebindung, Lagerabgrenzung. Eine gut geölte
Falle, in der weite Horizonte zusammenklappen.
Wie amüsant allein das Getuschel rund um die Frage: "Was macht denn der Krusche
bei der Strassegger-Tipl?" (Na was wohl? Was ich als Künstler eben zu tun habe:
Meine Arbeit zeigen und meine Themen debattieren.)
Weiter mit dem Getuschel: "Was macht denn der Frankenberger bei der Strassegger-
Tipl?" wurde gefolgt von: "Was machen denn der Krusche und der
Frankenberger?" (Denn es hat sich längst herumgesprochen, daß wir zwei mit einander
höchst krisenanfällig sind. (Foto: Christian Strassegger)
Unterm Strich bliebe natürlich:
Wären Kontroversen strikte Ausschließungsgründe, wie das einzelne Fraktionen in der
Regionalpolitik manchmal vorzeigen, müßte hier die Kunst zugrunde gehen. Denn die
"Provinz", von der ich mir wünsche, daß sie gewesen sei, hat nicht jene Fülle
an Ressourcen wie viele Zentren, wo man sich solche Ausschließungsgründe leisten kann,
ohne daran zu verreiben. [Fortsetzung]