Log #87

[Vorlauf] Getuschel. Hintergrundrauschen. Grundlegende Ereignisse menschlicher Gemeinschaft. Was sonst? Jenseits davon dann reale Handlungen, offenkundige Effekte. Nina Strassegger-Tipl hat unterwegs für die Fragen nach der Kunst eine sehr praktische, weil sehr reduzierte Kategorisierung verwendet: "Kritisch oder kommerziell."

Das ist natürlich kein "Entweder-Oder". Aber ein interessanter Ausgangspunkt. Da Geld ein Medium ist, ein "Platzhalter" für etwas jeweils anderes, sollte uns auf dem Kunstfeld der Umgang mit Geld eigentlich leicht fallen. Denn es IST nie das, wofür es in MOMENTEN steht. Es trägt den Übergang, ist das Mittel der Vermittlung ... eben: Medium.

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Aber rund um das Geld sehe ich allerhand Prüderie. Das wirft Klärungsbedarf auf. Nina hatte mich eingeladen, bei der Eröffnung eine Lesung zu geben, also habe ich mir unsere Neigung zur Legendenbildung vorgenommen und etwas zerpflückt:

"Pur, (Über Legenden, Klarheiten und die Kunst)

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Das Krusche-Foto stammt von Christian Strassegger, diese Arbeit auch. Sache. Unsere Sache. Cosa nostra. Also kommen wir zur Sache. Ich habe schon erwähnt, daß an jenem 15. Juli dichte Debatten liefen. Das ging bis in die Morgenstunden.

Klar ist:
Wir haben einem Publikum nichts zuzurufen, vorzuschreiben, wenn wir publizieren, also etwa eine Ausstellung zeigen. Die Leute klären schon selbst, was ihnen etwas ist. Aber! Dieses Publizieren bedeutet: Die Öffentlichkeit betreten. Auch: Öffentlichen Raum schaffen, markieren, sichern. Das ist eine politische Dimension. Öffentlicher Raum als realer Ort der Res publica. Das will SEHR ernst genommen werden. (Keine Republik ohne öffentlichen Raum!)

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Wir hatten übrigens einen Gast aus Salzburg in Gleisdorf, mit dem wir an solchen Aspekten heuer noch weiter arbeiten werden. Kulturwissenschafter Günther Marchner, hier mit Kunsthistorikerin Mirjana Selakov, befaßt sich schon viele Jahre mit den Veränderungsprozessen im ländlichen Raum.

Das rührt auch an einigen Aspekten, die nachts zur Debatte standen. Etwa die Frage, warum denn das "Überintellektuelle" in der Kunst so eine Rolle spielen müsse und wozu das gut sei. "Überintellektuell" ist freilich eine trübe Kategorie. Da war etwa ein angetrunkener Ingenieur, der mir anvertraute, seine Frau habe noch nie verstanden, was ich schreibe.

Es wäre billig, ihr zum Trost ein Abonnement der "Kronenzeitung" zu empfehlen. Es geht um etwas ganz anderes. Auch der Ingenieur, falls er schreiben könnte und dann über seine beruflichen Angelegenheiten schreiben würde, bliebe sehr vielen Menschen mutmaßlich unverständlich. Weil man ohne Vorkenntnisse und Erfahrung die Themen und den Jargon eines Ingenieurs nicht so leicht als zugänglich erleben wird.

Wenn sich zwei Chirurgen oder zwei Geschäftsführerinnen vom Arbeitsmarktservice über ihre Agenda unterhalten, werden Außenstehende, werden Laien, werden Uninteressierte vieles nicht verstehen, was da zur Sprache kommt.

Es geht also nicht um "Überintellektualität". Es geht um Fachthemen, Jargon, Sachkenntnisse, Horizonte ... und das gilt für praktisch jeden Lebensbereich. Auch für Meisterinnen der Vielfalt von Brotaufstrichen, für Heimwerker, Bergsteiger, was weiß ich.

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Ich nehme ein simples Beispiel. Es wird ja bald ein Bursche und auch so manche Frau am eigenen Auto das Allernötigste herumschrauben können. Wer dann etwa der Rennsportlegende Leo Aumüller zusieht, wie der Mann nach etlichen Runden bei seinem raren alten Abarth eine Feinabstimmung der Vergaser vornimmt, kommt gar nicht erst auf die Idee, er oder sie könne mit dem Signore ein schlaues Gespräch über das Optimieren von Automobilen führen.

Es besteht eine Differenz der Erfahrungshintergründe und der Kompetenzen. Das ist bei der Kunst nicht anders. Sie unterliegt weder demokratischen Grundsätzen, noch erschließt sie sich selbstverständlich auch jenen, die über Jahre nie Fragen danach gestellt haben.

Weshalb eben Grauzonen bestehen, in denen Trennlinien verborgen sind. Es bestehen beschreibbare Unterschiede zwischen jenen, die sich ihr Leben mit kreativen Praktiken aufwerten und jenen, die sich der Kunst widmen. Da findet man grundverschiedene Intentionen und Verfahrensweisen, ebenso grundverschiedene Zielsetzungen. Also: Die Kunst ist nicht synonym mit kreativem Gestalten.

Wie Nina Strassegger-Tipl demonstriert (und wie es auch bei "kunst O.ST" praktiziert wird), müssen diese beiden Optionen in ihrem Auftreten nicht streng getrennt bleiben. Dazu besteht hier in der Region keinerlei zwingende Notwendigkeit. In anderen Zusammenhängen sind diese Bereiche allerdings streng geschieden.


resethome
30•08