31. Oktober 2020

Vernetzung ist kein Inhalt

Ich brauche Ihnen doch keinen aktuellen Problemkatalog herbeten. Oder? Wie viele Versionen haben Sie selbst vorrätig? Eben! Und dann ist es immer noch ein erheblicher Unterschied, ob Sie eine Anstellung haben oder Freelancer sind.

Aber was sollte ich Ihnen von den Sorgen eines Metiers erzählen, dem Sie nicht angehören? oder wäre es doch nützlich, zwischendurch das kennenzulernen, was man selbst nicht ist, hat, kennt? Ich bin laufend im Austausch mit inspirierten Menschen.

Da kam eben ein interessantes Motiv ins Blickfeld. Ich brauche nicht generell für „Die Kunst“ und „Die Kultur“ klug zu sein, um in der aktuellen Situation zu bestehen. Das ist zu komplex. Ich konzentriere mich auf mein Genre und kläre 1) was da zu tun ist sowie 2) wie es getan werden kann.

Mein großer Vorteil: ich brauche als Autor dazu nicht zwingend eine Bühne und ein LIVE-Publikum. Oliver Mally braucht das als Musiker sehr wohl. Er ringt um seine Klarheiten. Dafür muß ich nicht schlau sein, sondern er. Kerstin Feirer, Cartoonistin und Teil eines Frauen-Trios, das in Gleisdorfs Zentrum einen Laden betreibt, hat ihrerseits ganz andere berufliche Anforderungen, Aufgaben, Probleme.

Aber dann wäre da noch Manuel Wutti. Sein Puch Club Magazin kam gerade auf eine Ausgabe. Letzten März. Dann der Lockdown. Wir sind als Kooperationspartner „Der Schrauber und der Schreiber“, er nämlich ein exzellenter Handwerker.

Eben haben wir uns zurechtgerüttelt, um nun eine weitere Ausgabe des Magazins zu schaffen. Und was kommt? Der zweite Lockdown. Danke! Egal! Wir sind uns alle einig: unter eben diesen Bedingungen muß uns was gelingen. Vom Jammern wird nichts besser. Also neue Strategien finden, neue Praxisformen der Kultur- und Wissensarbeit aushecken, praktisch erproben.

Wir sind uns auch einig: wer jetzt nicht handlungsfähig bleibt, nicht im Tun bleibt, geht sehr wahrscheinlich emotional unter, ökonomisch sowieso. Niemand regelt da was für uns. Es gibt ausschließlich das, was uns derzeit selbst einfällt. Nichts sonst.

Man könnte auch sagen: wir sind auf uns gestellt. Und? Gut, es gab schon bequemere Verläufe. Daher heißt das für mich wie schon früher: niemand muß alleine schlau sein. Jegliches Wir ist vermutlich mehr Relation als Zustand. Also eher nicht: wo stehen wir? Vermutlich: wie verhalten wir uns zueinander?

Und mein Lieblingsmantra: Vernetzung ist kein Inhalt, sondern ein Werkzeug. Wenn ich es anwende, sollte erst der Inhalt klar sein oder zumindest flott erarbeitet werden.

Ich kenne mich mit dem Musikgeschäft leidlich aus, aber ich bin in den Details nicht sachkundig. Muß ich auch nicht, denn der Mally kennt sich in den Details gut aus, handelt, experimentiert. Ich hab von den anderen Genres ebenso eine Ahnung, aber ich bin nicht umfassend schlau. Muß ich auch nicht.

Wir kommunizieren, ich erhalte Anregungen aus den Anstrengungen anderer, eben weil sie nicht denken und ticken und ich, eben weil sie in anderen Genres tätig sind. Daher auch: Wie? Welches Wir? Zum Beispiel: eine umfassende „Künstlergewerkschaft“, das wäre in Kategorien des 19. Jahrhunderts gedacht. Wir leben im 21. Jahrhundert.

Wissens- und Kulturarbeit. Kunstpraxis. Verschiedene Genres, die sich an etlichen Stellen verzahnen können. Das ist einer der Kernbereiche, in dem die Zukunftsfähigkeit einer Gesellschaft verhandelt und erprobt wird.

Ich sehe derzeit in der Steiermark kein kulturpolitisches Personal, das wenigstens eine kursorische Kenntnis dieser Zusammenhänge auf der Höhe der Zeit zeigen würde. Gut, auch ein Stück Klarheit.

+) Satetement Kerstin Feirer
+) Statement Martin Krusche
+) Statement Oliver Mally

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