20. Dezember 2015 Die
letzte Jahrhundertwende war eine Jahrtausendwende. Wer in unserer Kultur aufgewachsen ist,
wird gelernt haben, dies sei eine spezielle Markierung. Ich habe davon in Erinnerung, daß
zwei Raumphänomene besondere Schubkraft entwickelt haben, an denen man diese Jahreswende
festmachen kann.
Das eine Phänomen war die sprunghafte Erweiterung unserer
Welt in die "virtuellen Räume" der vernetzten Netze. Ich war damit
schon sehr vertraut und nannte diese neuen Terrains "Mein kühles
Extrazimmer": [link]
Künstler Sergey Yugov vor meinem
Küchenfenster [QUELLE]
Das andere Phänomen hab ich als einen zunehmenden
Abverkauf des Öffentlichen Raums in Erinnerung. Das heißt, was eigentlich dem
Gemeinwesen gehörte, ging in vielen Bereichen zur Bewirtschaftung an Firmen über und
wurde so den strikten Reglements von Privatbesitz unterworfen. (Derlei hat Europa schon
einmal erschüttert.)
Das heißt aber auch, wir haben unsere Ansprüche auf den
öffentlichen Raum weitgehend aufgegeben, verzichten auf öffentliches Leben, überlassen
es gerne Professionals, uns das Leben in der Öffentlichkeit und im öffentlichen Raum zu
organisieren. Wir selbst haben öffentlichen Raum preisgegeben, den Partikularinteressen
verschiedener Kräfte überlassen.
Raum! Als Weltreisender, Abenteurer, würde ich vermutlich
stets völlig unerwartete Dinge erleben oder hauptsächlich im Kreis rennen. Ich bin für
Fragen der Raumüberwindung mit einem denkbar schlechten Orientierungssinn ausgestattet.
Selbst Landkarten bieten mir darin nur wenig Milderung.
Projekt-Cover aus der Kalenderwoche
8/2001
Dem steht gegenüber, daß mich Raum fasziniert und ich
mich in die Betrachtung von Räumen gerne vertiefe. Das gilt besonders auch für meinen
unmittelbaren Lebensraum, den ich mir seit Jahren zur Bühne mache, welche bespielt sein
will.
Das war ab dem Jahr 2000 der Anlaß, über die Idee von
einer "Praxiszone Kunstraum Gleisdorf" aktuellen Veränderungen
nachzugehen. 2002 hatte ich diese Arbeit formell mit dem Begriff Neue Räume
versehen: [link]
Dieses Foto stammt, wenn ich mich recht erinnere, ungefähr
aus dem Jahr 2006. Ich hab es jetzt zum ersten Cover-Foto der neuen Leiste Gleisdorf
Zentrum gemacht: [link]
Das ist ein nächstes Stück der Darstellung zu Gleisdorf West: [link]
Solches Betrachten des Raumes, der Prozesse und
Veränderungen auf visueller Ebene ist ein Teil der Geschichte. Das blättere ich hier
gerade exemplarisch mit dem "Fenster" auf: [link] Es hat aber auch
diskursive Ebenen.
Eines der frühen Beispiele dafür stammt aus dem Jahr
2002, wo wir im "House" einige Beiträge von Friedrich Achleitner
publizieren durften: [link] Autor Walter Grond fragte damals anlaßbezogen zu unseren
Debatten: "Wie sieht das aus, wenn Architekten Schrift-Räume, Sinn-Orte bauen?"
Aufnahme vom 12.2.2013
Meine kleine Skizze in diesem Eintrag sollte deutlich
machen, was der Prozeß hinter den eben aufgeblätterten Blicken aus meinem (Küchen-)
Fenster [link]
ist, die über wenigstens eineinhalb Jahrzehnte erhalten sind.
Dazu gehört, daß ich an den Debatten um die Konzeption
jenes Gebäudes teilgenommen hab, dessen Entstehen man oben auf diesem Nachtbild sieht.
Mein Einstieg in diesen Diskurs ist unter "Lebensraum. Zeitraum.
Möglichkeitsraum" notiert: [link] Siehe dazu auch: "Neue Wohnformen" (Gleisdorf
strebt Vorreiterrolle an): [link]
Damit will ich überdies deutlich machen, daß jedes Bild
für eine Geschichte steht und hinter einer Bildersammlung komplexe Prozesse liegen, die
Ihnen nicht offensichtlich sein können. Das rührt nun an einem Motiv, welches ich alle
Jahre wieder zu bearbeiten habe.
Sie kennen gewiß das leichtfertig dahingesagte "Ich
kann das auch"? Meist, wenn Menschen diesen Satz in der Begegnung mit
künstlerischer Arbeit raushauen, können sie es nicht, sondern reden bloß abschätzig
über das was sie sehen, während sie nicht sehen, womit sie es zu tun haben. So ist es ja
auch oft mit der Betrachtung von Raum, überdies der Außenhaut der Innenstadt...
-- [Raum | Debatte zum
vierten Gleisdorfer Kunstsymposion] -- |