2. März 2010

Als wäre es das vergessene Reserverad eines antiken Streitwagens. Die schlanke Felge verweist auf die Frontpartie eines Choppers. Die Symbolik von Kriegsgerät in ziviler Verbauung. Noch genauer: Fetisch-Angelegenheiten.

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Unser Besuch in der Werkstatt von Roman Hold [link] war einer Praxisebene gewidmet, wo solchen Dingen über handwerkliche Optionen nachgegangen wird. Der Reisende Emil Gruber, Herr einer klassischen "Wunderkammer", hat nun einen "Tra(c)ktat 1 zur Gründungsurkunde eines postnationalen Reisebüro" verfaßt, der beim nächsten Update auf der "track"-site publiziert wird. Darin heißt es eingangs:

I. Geltung
Das postnationale Reisebüro (im Nachfolgenden kurz PNR genannt) tritt sowohl als Anbieter von Ausgangspunkten, avantouristische Erkenntnis bringender Einzelleistungen oder fremd veranstalteter Fetischreisen als auch als Veranstalter eigener trivialer Mythen auf. Ziele sind nur dann Gegenstand einer Leistung, wenn dafür eine ausdrücklich vom Kuratorium für triviale Mythen ausgestellte Buchungsbestätigung vorliegt.

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Das hat unter anderem Gewicht im konkreten Brückenschlagen zwischen ganz unterschiedlichen Professionen, wo nun Künstler und Handwerker für kleine Ausflüge im gleichen Boot sitzen. In unserem (augenzwinkernd) neu angelegten "Avantourismus" hatte Philosoph Georg Flachbart vor rund einem halben Jahrzehnt folgende Grundlage formuliert:

Im Zug könnten wir dann dank dieser Lektüre auf zwei Ebenen spielen, und hätten auch in den Augenblicken allgemeiner Sprachlosigkeit und Einfallsarmut oder des Hungers nie Minderwertigkeitsgefühle:
1) Wir Können darüber diskutieren, wie solche experimentelle Formen des Denkens als Handeln aussehen könnten.
2) Wir Können öfters, an unseren Butterbroten kauend, aus dem Fenster nach Außen schauen, sodass unser Denken mit ihm stets in Verbindung bleibt. Dadurch werden wir alle, zumindest laut Deleuze, wie echte Philosophen wirken -- entweder als Neue Konstruktivisten oder Avantouristen. Diese Entscheidung wird jedem selbst überlassen. Beides zukunftsweisende Berufe. (Jetzt zeigt sich deutlich der Vorteil des Zuges: es ist kein Elfenbeinturm.) [Quelle]

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Dieses Foto von meinem "Symposion im fahrenden Zug" zeigt Emil Gruber am Stativ. Links von ihm die Politikwissenschafterin Monika Mokre und der Schrifsteller Helmut Schranz. Aber auch andere sind versierte Reisende. Wie etwa Michael Kang, den ich vor einigen Tagen wieder gesehen hab: [link] Das folgende Foto hab ich von der "Faktor"-site geklaut.

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Es zeigt die "Gründungs-Session" auf dem Dach der Grazer "Seifenfabrik" (links Peter Weißensteiner), ein Ereignis, das damals von der Polizei beendet wurde. Ich erwähne das, weil kommenden Freitag eine Ausstellung von "Faktor" im Grazer Rathaus eröffnet wird. (Ich werde meinen Teil dazu beitragen.) [link]

Cut!

Sie sieht sich eher links, erklärt sich als "slawophil", ist zumindest auf Facebook sozial  engagiert, da sie dauernd aufruft, irgend einer Protestgruppe beizutreten. Und sie hat mit mir Kummer, den sie in einer Email ausdrückt:

>>[S. R. B. 01. März um 01:24] habe heute erst deinen blog gelesen. ich finde es absolut nicht ok, dass du ellermann namentlich genannt hast. das ist öffentliche bloßstellung. er hat das, was sachlich vielleicht völlig falsch ist, - dass sich leute aus ex-jugoslawien eher prostituieren -, ja nicht einmal abwertend gemeint. er hat, und du hast es gelesen, davon gesprochen, dass er sie als stolzes und freies volk empfindet, das sich nicht so leicht unterjochen lässt. all das hast du dann NICHT erwähnt. aus dem zusammenhang gerissen.<<

Wie bewußtlos muß man eigentlich sein, um nach einer ausführlichen Debatte noch immer so eine dem Rassismus geschuldete Position zu vertreten? Denn erstens gibt es kein VOLK der "Jugoslawen". Zweitens ist das mit dem "Stolz" eine unscharfe Zuschreibung und drittens verbietet es sich wohl von selbst, à la Karl May ein "stolzes und freies Volk" zu phantasieren, das sich lieber der Prostitution hingebe, als schlecht bezahlte andere Arbeit zu tun.

Nebenbei: Wenn gerade die südslawischen Völker etwas die längste Zeit mit Sicherheit NICHT waren, dann frei im Sinne von selbstbestimmt.

Ich habe Ellermanns diesbezügliche Ansicht natürlich zitiert. Im entsprechenden Eintrag beim "Balkan Büro" [link] kann man es nachlesen. Wie auch das Statement dieser Dame S.R.B., von der ich nun POst erhalten hatte: "also, ganz ehrlich gesagt, bevor ich für irgendeinen verhassten ausbeuter um minimales geld schuften würde, würde ich auch lieber meinen körper verkaufen." (Ähem, räusper, worin bestünde der UNTERSCHIED?) Ergänzend dieses Ellermann-Zitat:

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>>Jugoslawen sind sehr stolze und ehrenvolle Menschen. Und wenn sie in die Prostitution gehen, dann nur, um eigene, höhere Interessen zu schützen. Ich kann das nachvollziehen. Oder meinst du, die wollten damals den letzten Krieg, der ihre Heimat gespalten und aufgerissen hat (unter anderem mit deutscher Hilfe)? Die wollten ihren Frieden, aber die europäische und die Weltgemeinschaft wollte dies nicht. Also blieb ihnen nur noch ihre Ehre und ihr Stolz. Und das kann ich wirklich nachvollziehen.<<

Die "Jugoslawen", also die "Südslawen", das besagt nämlich diess Wort, werden heute als sieben "Nationen" verstanden, wie mir vor einigen Jahren der Historiker Karl Kaser darlegte:

>>Lieber Martin, "Voelker" ist etwas unpraezise, sagen wir doch "Nationen". Aus meiner Perspektive ist das relativ einfach und unproblematisch: Slowenen, Kroaten, Serben, Bulgaren, Makedonier, Montenegriner, Bosniaken. Take it easy. Karl (aus Dubrovnik)<< [Quelle]

Das "alte Jugoslawien" war freilich nicht bloß von slawischen Ethnien bevölkert, sondern von vielen anderen mehr. Wer sich also "Die Jugoslawen" als "Ein Volk" phantasiert, müßte erst einmal genauer erklären, was damit gemeint sein soll. Ergänzend: [link]

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