11. Mai 2009 "Die
Kunst ... zur Erbauung, Versöhnung und Erlösung? Eher nicht!" Diese Notiz von gestern handelt davon, daß Gegenwartskunst und
historische Kunst eigentlich zu unterscheiden wären. Eigentlich. Keine sehr
populäre Vorstellung.
Im LEADER-Kontext haben wir eine Situation. Aus
dem Umfeld regionaler Managements wird Unbehagen hörbar, es sei da ein zu massiver Fokus
auf "Avantgarde" gelegt. Das kann natürlich nicht sein, weil "Die
Avantgarde" rund hundert Jahre hinter uns liegt. Der Fokus liegt auf Gegenwartskunst.
Das bedeutet, ich treffe "da draußen"
gelegentlich Leute, die zwar nach Kunstbudgets greifen möchten, denen aber das Thema
nicht vertraut ist. Aus Desinteresse, wie ich annehmen muß. Denn was sonst sollte einen
hindern, in den eigenen Vorstellungen von "Kunst" über die Ästhetik des
Biedermeier noch nicht hinausgekommen zu sein? (Siehe dazu next code: log #137!)
Ich denke, es hilft etwas, sich in unserer Kultur
zurechtzufinden, wenn einen die Begriffe Renaissance, Aufklärung und Französische
Revolution nicht völlig ratlos lassen. Ich vermute, eine sehr flüchtige Skizze muß
von einer Linie über diese Punkte handeln, die schließlich über den Ersten Weltkrieg
und den Auftritt der Nazi führt, um uns bei der "Allgemeinen Erklärung der
Menschenrechte" ankommen zu lassen.
Ist es also zu viel verlangt, von Profis diese wenigstens
kursorische Kenntnis der Kultur des 20. Jahrhunderts zu erwarten, wenn diese Leute in der
Regionalentwicklung tätig sind? Unlängst waren solche Kenntnisse noch Bildungsstandard
einer bürgerlichen Existenz, ergo Voraussetzung für viele Positionen, die wir heute
recht selbstverständlich beanspruchen.
Wie sollte Regionalentwicklung gegenwärtig gelingen, wenn
in den kulturellen Grundlagen ein ganzes Jahrhundert fehlt? Durch solche Arten höchst
mangelhafter Vorstellungen unserer "kulturellen Fundamente" sind auch so
radikale Auswüchse möglich, wie sie der aktuelle EU-Wahlkampf hervorbringt.
Diese obszöne und historisch unsinnige Forderungen wurden
inzwischen sogar von den Kirchen des Landes schon zurückgewiesen (Siehe dazu den Eintrag vom 7. Mai 2009!), die FPÖ schaltet die
Inserate aber weiter. (Quelle: "Kronen
Zeitung")
Die Vaterländischen strapazieren hier ein
kulturgeschichtliches Phantasma, das sich entkräften ließe, wenn es breiteren Konsens
gäbe, wo wir kulturell heute angekommen sind, begleitet von einiger Kenntnis, auf welchen
Wegen und über welche Wegmarken diese "Reise" sich ereignet hat.
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