19. April 2009

log1350a.jpg (27819 Byte)

Feine Momente für einen "Automobil-Paparazzo". Da habe ich diesen Steyr Puch 650 T erwischt, der für sich schon merklich rarer ist als der populärer 500er. Und dann kommt plötzlich im Hintergrund genau jener Fiat 500 ins Bild, der jüngst diesen Klassiker höchst erfolgreich zitiert hat.

Ich hatte gerade erst einen versierten Koch für mich arbeiten lassen, Mittagszeit mit anregender Lektüre. Wieder einmal ein Beispiel, wie man in der "Kronen Zeitung" für eine schrittweise Abschaffung des Rechtsstaates eintritt. (Um ihn wodurch zu ersetzen? Die Tyrannis lächelt!)

log1350b.jpg (24774 Byte)

Da werden also Ansichten promotet, in denen einer zwischen Verkehrspolizei und Kriminalpolizei nicht unterscheiden kann. Die Hauptbotschaft ist das Lied von der Verantwortung, die nicht übernommen werden will. Ich habe eine Regel gebrochen und bin erwischt worden? Wie komme ich dazu, den Strafzettel entgegenzunehmen, wo uns doch unsere Politiker völlig schutzlos einer "unglaublich explodierenden Verbrechenswelle" durch Ausländer überlassen.

log1350c.jpg (27224 Byte)

Nachmittags dann die Frage, ob denn Prosecco das Bier von Geschäftsfrauen sei, während ein Prolet wie ich eben ... Wir haben es bei der Erörterung von Codes einigermaßen lustig gehabt. Designerin Barbara Baumgartner (links) und Geschäftsfrau Barbara Lukas.

Codes sind Kommunikationssysteme. Klischees übrigens auch. Sie erleichtern den Umgang von Menschen. Und belasten ihn gelegentlich. In alten ständischen Gesellschaften konnte man an der Kleidung erkennen, welchem Stand jemand angehörte. Na, das haben wir heute teilweise auch noch.

So oder so, die Kultur einer Gemeinschaft handelt eben auch davon, daß man sich mit den Zeichensystemen auskennt. Besser oder schlechter. (Na, besser besser, hm?) Typisch dies und typisch das, solche Verkürzungen kommentierte Baumgartner mit dem treffenden Satz: "Sobald du ihn nicht kennst, ist er typisch."

log1350d.jpg (19390 Byte)

Das übliche Stereotypengeschäft erspart genauere Kenntnis, steht ihr mitunter im Wege. Doch wir hatten uns aus anderem Grund zusammengesetzt. Dieser Kooperationsansatz, der auch ein topographisches Motiv enthält, wie ich das im "next code: log" schon angedeutet habe:

GLEISDORF
ein L für die kunst

Es hängst ja nur der Stümper an der romantischen Idee, daß man sich Kunst in einsamer Genialität abquält und sich "das Gute" in der Folge "von selbst" durchsetze. Das ist kaum mehr als esoterischer Blödsinn, für den sich in der Kunstgeschichte kaum Belege finden lassen.

Die Realität der Kunst jenseits platter Spießer-Phantasien handelt von Kommunikationsräumen, sozialen Netzwerken und wechselseitigen Verpflichtungen. Die "Freiheit der Kunst" bleibt davon unberührt, auch unbehelligt, sie hat andere Bezugspunkte.

log1350e.jpg (22315 Byte)

Abends fand in Markt Hartmannsdorf die zweite Vernissage unseres Festivals "auf.draht" statt. Eine schöne Demonstration, daß sich in der Region ein geistiges Klima hält, in dem interessante Entwicklungen möglich sind, wie man auch an den Arbeiten einzelner Leute ablesen kann.

Hier zeigt sich also Kooperation. Ganz generell ist das Genre natürlich auch von anderen Haltungen geprägt. Ich habe im gestrigen Eintrag Standortkämpfe und Verdrängungsattitüden auf dem Kunstfeld erwähnt. Bei all dem finden sich auch große Gesten und wilde Posen. Es sind letztlich vor allem die Spießer, die man bei Rebellen-Attitüden ertappt. Eine Maskerade.

Da Spießer verachten was sie begehren, werden sie in diesem Zusammenhang letztlich als äußerst eifrige Verfechter einer gebückten Haltung auftreten, wobei sie ihre Beißlust nur zur Seite und nach unten ausleben, aber natürlich nicht nach OBEN, wo an den bestehenden Hierarchien etwas zu regeln wäre. (Na, das werde ich noch genauer ausführen.)

Doch warum finden wir Kunstschaffende im eigenen Milieu, unter Kreativen und Kunstschaffenden, diesen so rechtskonservativen Zug zum Hacken und zur Hackordnung? Zeum Beispiel, weil sich meist nicht einmal die 15 Minuten Prominenz ausgehen, die einst Andy Warhol propagiert hat. Wer 1,5 Minuten im Regional-TV kriegt, ist schon eine regionale Größe. Also wird um Platz und Zeit auf Bühnen und um Publikum manchmal hart gerungen.

Der Spießer auf dem Kunstfeld bückt sich, weil er sich einer Obrigkeit andienen möchte, von der er sich Bühnenpräsenz erhofft, ohne unter den Kolleginnen und Kollegen damit unangenehm aufzufallen. In dessen Hintergrund zeigt (unter anderem) folgendes:

Österreich hat eine lange Tradition anti-aufklärerischer Positionen, die sich spätestens in der Nazi-Ära zu einem massiv anti-intellektuellen Positionsgeflecht verdichtet haben. Sie finden das Echo solcher Ressentiments in einem sehr populären rassistischen Ensemble wieder, nämlich in der Unterstellung von "jüdischer Hast", "jüdischer Geldgier" und "jüdischer Intellektualität" als angeblich schädlichen gesellschaftlichen Kräften.

Zügig Lösungen finden, Geld für relevat halten, kritischen Intellekt entwickeln und pflegen, das kann doch nicht mit "wahrer Kunst" vereinbart werden! ... denkt der Spießer. Das hat allerhand damit zu tun, wie in diesem Lande mindestens seit Josef II. (18. Jahrhundert) eine starke Tradition besteht, Kunstschaffende unter die Fittiche der Obrigkeit zu holen.

Ich habe schon mehrfach festgehalten, daß diese Tradition gegenwärtig zur Errichtung zweier "Brückenköpfe" geführt hat. Hier "Alles Karajan!" und da "Es bellen die Rebellen". Also hier repräsentative "Hochkultur" und da ein SCHEINBARES "Rebellentum", das sich der Spießerkultur als ein angebliches Aufbegehren empfiehlt, ohne den Unwillen der Obrigkeit zu erregen.

Die eine Position drückt sich im Tragen festlicher Kleidung aus, die andere im Tragen komischer Hütchen. Wenn hier auf dem Lande jemand mit einem komischen Hütchen auf dem Kopf auftaucht, dürfen Sie bei wenigstens zwei Dritteln der Erscheinungen damit rechnen, daß damit gesagt werden will: "Achtung, Künstler(in) betritt das Geschehen!"

[auf.draht-doku]

kup.gif (410 Byte)

September 2003

Man braucht Geld, um Geld einzuheben. Die Logistik dafür ist teuer.

[Hinfällige Notizen] [***]


[kontakt] [reset] [krusche]

16•09