19. April 2009
Feine Momente für einen "Automobil-Paparazzo".
Da habe ich diesen Steyr Puch 650 T erwischt, der für sich schon merklich rarer ist als
der populärer 500er. Und dann kommt plötzlich im Hintergrund genau jener Fiat 500 ins
Bild, der jüngst diesen Klassiker höchst erfolgreich zitiert hat.
Ich hatte gerade erst einen versierten Koch für mich
arbeiten lassen, Mittagszeit mit anregender Lektüre. Wieder einmal ein Beispiel, wie man
in der "Kronen Zeitung" für
eine schrittweise Abschaffung des Rechtsstaates eintritt. (Um ihn wodurch zu ersetzen? Die
Tyrannis lächelt!)
Da werden also Ansichten promotet, in denen einer zwischen
Verkehrspolizei und Kriminalpolizei nicht unterscheiden kann. Die Hauptbotschaft ist das
Lied von der Verantwortung, die nicht übernommen werden will. Ich habe eine Regel
gebrochen und bin erwischt worden? Wie komme ich dazu, den Strafzettel entgegenzunehmen,
wo uns doch unsere Politiker völlig schutzlos einer "unglaublich explodierenden
Verbrechenswelle" durch Ausländer überlassen.
Nachmittags dann die Frage, ob denn Prosecco das Bier von
Geschäftsfrauen sei, während ein Prolet wie ich eben ... Wir haben es bei der
Erörterung von Codes einigermaßen lustig gehabt. Designerin Barbara Baumgartner (links)
und Geschäftsfrau Barbara Lukas.
Codes sind Kommunikationssysteme. Klischees übrigens auch.
Sie erleichtern den Umgang von Menschen. Und belasten ihn gelegentlich. In alten
ständischen Gesellschaften konnte man an der Kleidung erkennen, welchem Stand jemand
angehörte. Na, das haben wir heute teilweise auch noch.
So oder so, die Kultur einer Gemeinschaft handelt eben auch
davon, daß man sich mit den Zeichensystemen auskennt. Besser oder schlechter. (Na, besser
besser, hm?) Typisch dies und typisch das, solche Verkürzungen kommentierte
Baumgartner mit dem treffenden Satz: "Sobald du ihn nicht kennst, ist er typisch."
Das übliche Stereotypengeschäft erspart genauere
Kenntnis, steht ihr mitunter im Wege. Doch wir hatten uns aus anderem Grund
zusammengesetzt. Dieser Kooperationsansatz, der auch ein topographisches Motiv enthält,
wie ich das im "next
code: log" schon angedeutet habe:
GLEISDORF
ein L für die kunst
Es hängst ja nur der Stümper an der romantischen Idee,
daß man sich Kunst in einsamer Genialität abquält und sich "das Gute" in der
Folge "von selbst" durchsetze. Das ist kaum mehr als esoterischer Blödsinn,
für den sich in der Kunstgeschichte kaum Belege finden lassen.
Die Realität der Kunst jenseits platter
Spießer-Phantasien handelt von Kommunikationsräumen, sozialen Netzwerken und
wechselseitigen Verpflichtungen. Die "Freiheit der Kunst" bleibt davon
unberührt, auch unbehelligt, sie hat andere Bezugspunkte.
Abends fand in Markt Hartmannsdorf die zweite Vernissage
unseres Festivals "auf.draht" statt. Eine schöne Demonstration, daß sich in
der Region ein geistiges Klima hält, in dem interessante Entwicklungen möglich sind, wie
man auch an den Arbeiten einzelner Leute ablesen kann.
Hier zeigt sich also Kooperation. Ganz generell ist das
Genre natürlich auch von anderen Haltungen geprägt. Ich habe im gestrigen Eintrag Standortkämpfe und Verdrängungsattitüden auf dem
Kunstfeld erwähnt. Bei all dem finden sich auch große Gesten und wilde Posen. Es sind
letztlich vor allem die Spießer, die man bei Rebellen-Attitüden ertappt. Eine Maskerade.
Da Spießer verachten was sie begehren, werden
sie in diesem Zusammenhang letztlich als äußerst eifrige Verfechter einer gebückten
Haltung auftreten, wobei sie ihre Beißlust nur zur Seite und nach unten ausleben, aber
natürlich nicht nach OBEN, wo an den bestehenden Hierarchien etwas zu regeln wäre. (Na,
das werde ich noch genauer ausführen.)
Doch warum finden wir Kunstschaffende im eigenen
Milieu, unter Kreativen und Kunstschaffenden, diesen so rechtskonservativen Zug zum Hacken
und zur Hackordnung? Zeum Beispiel, weil sich meist nicht einmal die 15 Minuten Prominenz
ausgehen, die einst Andy Warhol propagiert hat. Wer 1,5 Minuten im Regional-TV kriegt, ist
schon eine regionale Größe. Also wird um Platz und Zeit auf Bühnen und um Publikum
manchmal hart gerungen.
Der Spießer auf dem Kunstfeld bückt sich,
weil er sich einer Obrigkeit andienen möchte, von der er sich Bühnenpräsenz erhofft,
ohne unter den Kolleginnen und Kollegen damit unangenehm aufzufallen. In dessen
Hintergrund zeigt (unter anderem) folgendes:
Österreich hat eine lange Tradition
anti-aufklärerischer Positionen, die sich spätestens in der Nazi-Ära zu einem massiv
anti-intellektuellen Positionsgeflecht verdichtet haben. Sie finden das Echo solcher
Ressentiments in einem sehr populären rassistischen Ensemble wieder, nämlich in der
Unterstellung von "jüdischer Hast", "jüdischer Geldgier" und
"jüdischer Intellektualität" als angeblich schädlichen gesellschaftlichen
Kräften.
Zügig Lösungen finden, Geld für relevat
halten, kritischen Intellekt entwickeln und pflegen, das kann doch nicht mit "wahrer
Kunst" vereinbart werden! ... denkt der Spießer. Das hat allerhand damit zu
tun, wie in diesem Lande mindestens seit Josef II. (18. Jahrhundert) eine starke Tradition
besteht, Kunstschaffende unter die Fittiche der Obrigkeit zu holen.
Ich habe schon mehrfach festgehalten, daß
diese Tradition gegenwärtig zur Errichtung zweier "Brückenköpfe" geführt
hat. Hier "Alles Karajan!" und da "Es bellen die
Rebellen". Also hier repräsentative "Hochkultur" und da ein
SCHEINBARES "Rebellentum", das sich der Spießerkultur als ein angebliches
Aufbegehren empfiehlt, ohne den Unwillen der Obrigkeit zu erregen.
Die eine Position drückt sich im Tragen
festlicher Kleidung aus, die andere im Tragen komischer Hütchen. Wenn hier auf dem Lande
jemand mit einem komischen Hütchen auf dem Kopf auftaucht, dürfen Sie bei wenigstens
zwei Dritteln der Erscheinungen damit rechnen, daß damit gesagt werden will:
"Achtung, Künstler(in) betritt das Geschehen!"
[auf.draht-doku]
September
2003Man
braucht Geld, um Geld einzuheben. Die Logistik dafür ist teuer.
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