14. April 2009

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Ganz amüsant! Als Behindertenfahrzeug dürfte dieser Dune-Buggy eher nicht durchgehen, dafür ist die Bordkante zu hoch, Türen hat das Fahrzeug nicht. Die Tafel im Hintergrund weist außerdem auf den Parkplatz, der gerade 20 Schritte von dort entfernt liegt. Da darf ein Krüppel dann seine Runden um den Block drehen, bis dieser Platz wieder frei sein mag.

Ich sehe solche Behindertenparkplätze andauernd von Gesunden belegt. Mein Kuriositäten- sammlung bekommt nur selten Zuwachs, denn meist sind es ganz normale Bürgerkäfige, die so abgestellt werden. Vor etwa einem Jahr war mir allerdings in Weiz der Brocken eines ähnlichen Gemütsmenschen untergekommen: [link]

Cut!

Ich habe im Eintrag vom 11. April die Kurzbio des Boris Šribar, erwähnt, der einer Crew des serbischen Bildhauers Mrdjan Bajic angehört. Nächste Position; Radoš Antonijevic schreibt:

>>Ich führe mein Werk bis zu dem Punkt aus, wo es
stärker als mein Wille wird.<<

Radoš wurde 1969 in Pancevo geboren. Das ist der Standort jener Chemiewerke, die von der Nato bombardiert worden sind, was eine ökologische Katastrophe nach sich gezogen hat, an der noch heute Menschen sterben, weil allerhand Gifte völlig unkontrolliert in die Gegend entkamen.

Ein anderes Statement stammt von Milena Bakmaz, welche 1983 in Sarajewo geboren wurde, jener einst wundervollen südlichen Metropole, die unter einer serbischen Soldateska die längste Belagerung des 20. Jahrhunderts erlitten hat. Die „Sniper Alley", also die „Straße der Scharfschützen", gehörte zum Furchtbarsten, was sich bewaffnete Verbände je geleistet haben. Sie schossen dort aus sicherer Entfernung auf unbewaffnete Zivilpersonen allen Alters. Milena schreibt:

>>Der Unterschied zwischen Leben und Kunst ist der,
dass die Kunst erträglicher ist.<<

Es wäre auch daran zu erinnern, daß Europa diesen jungen Mneschen nach wie vor fast alle Wege versperrt, es den meisten von ihnen völlig unmöglich macht, ihr Land zu verlassen, anderen Orte und andere Menschen kennenzulernen.

Da möchte ich manchmal, wenn ich gerade mit solchen Dinge befaßt bin, diesem oder jenem Kollegen zurufen, er möge sein Maul halten und möglichst die Welt (aber mindestens mich) mit Berichten über seine österreichischen Wohlstandsbeschwerden verschonen, während er sein fixes Einkommen, den bezahlten Urlaub und den gesicherten Krankenstand in einem gut bestellten Haus genießt.

Das ist irgendwie so eine Sache wie mit dem oben erwähnten Dune-Buggy. Diese offenbar wachsende Unfähigkeit, sein eigenes Befinden zur nahen Umgebung in Beziehung zu setzen.

Cut!

Ich hab mich über Rade Serbedzija alias "Boris die Klinge" in "Snatch" (2000 von Guy Ritchie) scheckig gelacht und hole mir diesen Kick immer wieder, weil das für mich einer der lustigsten Gauner-Filme in meinem Bestand ist.

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Außerdem wird Mickey, gegeben von Brad Pitt, in dieser Geschichte so fürchterlich vermöbelt, ohne seine Zuversicht und seinen grimmigen Humor zu verlieren, daß ich mir allein diesen Teil der Testosteron-Operette immer wieder gerne anschau. (Ich nehme an: It's a boy's thing. Die meisten Frauen werden sich den Bradster vermutlich in weniger weichgeklopfter Verfassung ansehen wollen.)

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Dieser Tage hat mir ein Geschenk Rade Serbedzija in einer völlig anderen Situation gezeigt. Der Film "Before The Rain" von Milcho Manchevski, 1994 realisiert, also mitten im jugoslawischen Sezessonskrieg. (An seiner Seite die inzwischen verstorbene Katrin Cartlidge, die man auch in "Breaking the Waves" und in einer ganzen Reihe anderer exzellenter Filme findet.)

Manchevski zeigt am Beispiel von Mazedoniern und Albanern, was mir später auch Leute aus dem Kosovo erzählt haben; da geschah genau das zwischen Serben und Albanern.

Daß zwei Dörfer plötzlich auseinanderfallen, die Dorfgemeinschaften zu erbitterten Feinden werden, daß auf einmal Gewehrkugeln fliegen, wo früher einander Grüße zugerufen wurden.

Später werden sich erschüttete und verbitterte Menschen daran erinnern, daß man sich dereinst gut vertragen hatte. Manchevski macht in einer ruhigen Erzählung begreiflich, was das Kernproblem ist.

Diese "galoppierende Verrohung" der Männer, nachdem die ersten Schüsse gefallen sind, wo bloße Hände ebenso gereicht hätten, um einzugreifen; aber so oder so fällt einem auf: Die SPRECHEN nicht mit einander, die drohen nur, dann schießen sie. Und wenn die Kette der Gewalt ausgelöst ist, bricht sie erst wieder ab, nachdem unzählige Tote zu begraben waren.

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So ergeht es Grüppchen, Rudeln, ganzen Völkern. Eine wiederkehrende Geschichte, nichts Neues daran, keine Überrschung dabei. (Dies Gruppe "Anastasia" hat dazu einen hörenswerten Soundtrack geliefert: "Before The Rain".) Es ist offenbar den Leuten auf dem Kunstfeld überlassen, diese Dinge zu erzählen, vielleicht in lebhafter Nachbarschaft zu jenen der Geschichtsschreibung. Aber daß es uns von der Politk erzählt würde, bleibt eine Rarität.

Juli 2004

Dia Coaches lachen, die Kabarettisten schneiden Grimassen.

[Hinfällige Notizen] [***]


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