5. April 2009 Der letzte
Satz des gestrigen Eintrages lautete: "Ich
hatte nachmittags noch ein ganz anderes Gespräch gehabt, ..." dessen Tenor in
eine ähnliche Richtung ging. Mein Dialog im Schaufenster der Gleisdorfer
Hubertus-Drogerie mit Franz Wolfmayr, dem Präsidenten der EASPD ("European Association of Service Providers for Persons
with Disabilities"): [link]
... Es sei irritierend, in welchem Maße Menschen
ihresgleichen Gefährdungen und Belastungen aussetzen würden, die einem mit fast
neunzigprozentiger Sicherheit selbst blühen würden.
Wir hatten darüber gesprochen, daß fast jeder Mensch im
Laufe seines Lebens in irgendeine Abhängigkeit kommt und Hilfe braucht. Spätestens alte
Menschen erleben das streckenweise oder für den Rest ihres Lebens. Aber wir bereiten uns
darauf nicht vor. Weder individuell, noch gesamtgesellschaftlich. Eine zutiefst
irritierende Situation. Dabei beginnt ja unser Leben genau damit", meinte ich,
in der umfassenden Abhängigkeit eines Säuglings." Und irgendwann wird
offenbar ausgeblendet, wie sehr das Teil unseres Lebens ist. Männer tun sich da
besonders schwer", sagte Franz. Mein Vater hat das nicht ertragen können,
abhängig zu sein, und sich daher erschossen."
Wir reden also über ein kulturelles, gesellschaftliches
Defizit, das sich heute als ein erhebliches politisches Problem darstellt, aber weitgehend
tabuisiert ist, im öffentlichen Diskurs kaum vorkommt. Ich lote gerade ein Stück
gesellschaftlichen Status quo in der Stadt aus. Als Teil des Kunstprojektes next
code: crossing", dessen Festivalschwerpunkt im Herbst dann von ganz anderen Dingen
handeln wird: [link]
Aber was sich hier später künstlerisch manifestieren
wird, hat ein konkretes Umfeld, hat Alltagsrealitäten und hat eine
Öffentlichkeit", in der viele Dinge, die unser Leben ausmachen, einfach nicht
zur Sprache kommen. Aus welchen Gründen auch immer. Also durchforste ich einen Teil
dieser Umgebungsbedingungen" unseres Kunstprojektes. (Es wird daraus eine
kleine Audio-Edition entstehen.)
Wir haben dank sehr verschiedener Aktiver in der Region nun
wieder ein lebhaftes "Diskursfeld", wodurch relevante Themen permanent
debattiert und in Öffentlichlkeiten eingebracht werden. Das ist zwar nicht von der
regionalen Politik ausgegangen, wird aber da und dort von der Politik mit Rückhalt
versehen.
In dieser Entwicklung hat die "Weizer
Pfingtsvison" über Jahre eine starke Position entwickelt. Auf launige Art arbeiten
in Summe also etliche Heiden und Christen an den Fragen, die anfallen, wenn man das
überprüft, was hier regional an "gesellschaftlicher Realität" besteht.
Das fokussiert sich dann auch im kommenden Schwerpunkt
"Weg der Hoffnung", in dem die Kunst ihre Position hat: [link] Die Fragestellung "Angst
vor Freiheit?" hat ein Gewicht, das gerade unter uns Kunstschaffenden gerne völlig
unterschätzt wird. Es ist ja zweierlei, die Varianten der Freiheit herzubeten und bei
anderen zu ordern, oder die Grundlagen dafür selbst zu schaffen und die Verantwortung
dafür zu übernehmen.
Das war übrigens auch einer der Punkte, den der Sportler
Jörg Painsipp, den ich gestern erwähnt habe,
sehr betont hat. Die Verantwortung für das übernehmen, was einen betrifft und was man
sich wünscht.
Das sind auch für Keramikerin Christa Ecker-Eckhofen
(oben) und Künstlerin Michaela Zingerle (unten) ziemlich selbstverständliche Positionen.
Zum Beispiel, sich selbst mit den nötigen Kompetenzen auszustatten, um das voran zu
bringen, was einem wichtig ist. Respektive angemessene Netzwerke zu bilden, wo man eben
auch auf Fertigkeiten angewiesen ist, über die man selbst nicht verfügt.
Letzten Freitag war (nach meinem Dialog mit Franz Wolfmayr)
in der Innenstadt wieder Mobiliar auf den Straßen, weil das Wetter dafür mild genug
geworden ist. Also: Inhalte, kritische Diskurse, eigene Kompetenzen und Netzwerke. Das ist
auch Sinn jenes "Quartetts", welches nun Schlüsse aus drei Jahren Arbeit im
Rahmen von "kunst O.ST" gezogen hat: [link]
Das bedeutet unter anderem: Die Kunst und ihre Werke
bleiben nach wie vor der Autonomie gewidmet, ihrem Selbstzweck, die Kunst braucht keine
Zurufe und keine sozialen Funktionen, ist in keine Pflicht zu nehmen.
Aber Kunstschaffende selbst sind nicht mit dieser
umfassenden Autonomie versehen, bleiben als Staatsbürgerinnen und -bürger einer Reihe
wechselseitiger Verpflichtungen überantwortet.
Diese feine Unterscheidung wird von manchen
Kunstschaffenden selbst gerne ignoriert oder unterschlagen. Darin liegt sicher einer der
Gründe, warum das gesamte Kunstfeld in unserer Gesellschaft eher als Randphänomen, als
Orchideenfach, Dekorationsgeschäft, als Nebensache betrachtet wird.
Juni
2006Wir
analysieren, bevor wir werten.
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