14. März 2009
Zeitmaschine im Alltag. Die 70er-Jahre als Momentchen im
Stau von Graz. Ein Rover P6 in der stattlichen Version mit einem V8-Triebwerk. Die 70er
... Wir hatten damals zwar noch den Kalten Krieg, aber warme Füße. Eine europäischer
Westler oder westlicher Europäer zu sein war eine angenehme Sache. Der eine oder andere
Sündenfall lag gut unter diesem oder jenem Teppich herum.
Freilich werde ich gelegentlich gefragt, warum das denn
sein müsse, "immer nur das Negative am eigenen Land zu sehn". Nein, das muß
keineswegs sein und ist auch nicht der Fall. Würde ich "nur das Negative"
sehen, wäre ich vermutlich längst ein schwermütiger Mensch mit schmächtigem Lebensmut.
Wir "gewesenen Untertanen" haben offenbar tief
sitzenden Ressentiments gegenüber Menschen und Situationen, die das Risiko bedeuten,
innerhalb einer Hierarchie den Unmut "von oben" abzubekommen.
Es wäre daran zu erinnern, was unter Demokratie verstanden
werden kann und was durch die Abschaffung der Leibeigenschaft beginnen durfte: Die
umfassenden Partizipation aller Menschen am öffentlichen, am politischen und am
kulturellen Leben. Das klingt auf Anhieb etwas pathetisch und abstrakt. So weit ich sehe,
plagen wir uns ja heute noch heftig damit, was denn das überhaupt in der Praxis bedeuten
soll.
Ich habe gestern
das Schild vom Heck diese Autos gezeigt. Darüber ein Weizer Kennzeichen, das Ganze die
ländliche Simulation einer hierarchischen Position auf einem Gleisdorfer Parkplatz. Ich
spekuliere dabei nicht über den Rang des Mannes innerhalb der heimischen Ibo-Community.
Das über Zeichen inszenierte Weihespiel der hochgestellten Persönlichkeit, die dafür
auch hohe Verantwortung trägt, ist ja allgemein äußerst populär.
Es klappt mit der Verantwortung der hochgestellten
Persönlichkeiten keineswegs verläßlich. Österreich erlebt gerade, was Autor Christian Felber bei seinem
Vortrag in Gleisdorf betont hat. (Siehe dazu auch den Eintrag vom 12. Februar 2009!) Daß nämlich auf Staaten, die in diesen
Finanzfragen nicht angemessen kooperieren, Druck ausgeübt werde. (Quelle: "Der Standard")
Ich habe gestern notiert, daß die G-20-Staaten genau das nun tun. Es meint
bei Österreich, der Staat kooperiere zwar im Falle strafrechlicher Delikte, aber nicht
bei verwaltungstechnischen Straftaten. (Diesbezüglich rangieren wir momentan HINTER den
Bermudas, Bahamas oder Liechtenstein.)
Zur Erinnerung:
Es geht um Modi, die es Menschen ermöglichen, dieses oder jenes Gemeinwesen
auszuplündern. Es geht um Rahmenbedingungen jener Vorgänge, die zur aktuellen
Weltwirtschaftskrise grundlegend beigetragen haben.
Nun mußte sich dieser Tage offenbar erheblicher Druck
aufbauen, damit eine von Sozialdemokratie und Christlichsozialen getragene Regierung
folgenden Schritt tun mochte:
>>In Zukunft soll bei Anfragen
ausländischer Behörden auch ein "gut dokumentierter, begründeter Verdacht"
auf ein Steuervergehen ausreichen, um von Österreich Konteninformationen des unter
Verdacht geratenen zu erhalten.<< [Quelle: APA]
Ich lese es einmal anders herum:
Trotz der aktuellen Erfahrungen mit Zockern, die ganze
Volkswirtschaften ruinieren, zögern Sozialdemokratie und Christlichsoziale immer noch,
der Politik Europas jene Arbeitsbedingungen zu schaffen, mit denen solchen Banditen
effizient in den Arm gefallen werden kann.
Ich höre als Begleitmusik das Geblöke der Ratlosigkeit,
was man denn als "kleiner Mann" schon tun könne, dagegen sei ja von einzelnen
Leuten nichts auszurichten. Falsch! Es geht keineswegs darum, einen unmittelbaren Zugriff
auf das Verhalten von Regierungsmitgliedern zu haben.
Ich kann innerhalb des Handlungshorizontes meines
Alltagslebens aber zweierlei tun: Erstens mich zu relevanten Themen sachkundig machen, um
eine diskussionswürdige Ansicht vertreten zu können. Zweitens wenigstens die
Lokalpolitik damit zu konfrontieren, also einigermaßen kompetent an (lokalen)
öffentlichen Diskursen teilnehmen.
Ich habe eingangs erwähnt, wünschenswert sei: "Die
umfassenden Partizipation aller Menschen am öffentlichen, am politischen und am
kulturellen Leben."
Das hieße dann auch, seinen Teil an Verantwortung für
diese Demokratie zu übernehmen, unabhängig davon, welcher Weltanschauung man sich
verpflichtet fühlt. Um solche Aspekte geht es übrigens bei der Ereignis-Serie "In
Augenhöhe".
Sie ist Teil des Projektes "next code: crossing",
mit dem wir heuer einen Beitrag zum Festival "steirischer herbst" erarbeiten.
Den Auftrakt gibt es kommenden Freitag, wo Historiker Robert F. Hausmann (auf dem Foto
rechts) mit mir an einen öffentlich aufgestellten Tisch gehen wird: [link]
Ich werde mit ihm und später mit anderen exponierten
Menschen über Fragen der Redlichkeit sprechen. Das ist, wie angedeutet, kein direktes
Zugreifen auf das Verhalten von Leuten in der Politik, das ist ein Beitrag zu
öffentlichen und privaten Diskursen.
Mai
2007Aufgabe
von Kunst: Relativität
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