22. Jänner 2009

Darf es das geben? Gewöhnlich nicht. Ich finde sehr ärgerlich, wenn meine Schadenfreude derart gekickt wird und prompt mit mir durchgeht, was eine schäbige Seite preisgibt. Da habe ich gestern möglichst moderat meine Verwunderung über Jäger ausgedrückt, die Wände mit den Resten toter Tiere dekorieren.

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Und nun DAS! (Quelle: "Kleine Zeitung") Er sei ein "langjähriger und passionierter Jäger", hieß es laut Polizei, der also seinen Balkon zum "Ansitzen" auf das Wild nutzte, während seine Frau drinnen, in der guten Stube, vor dem TV-Gerät hockte. Und PENG! Schußwaffen sind eben selbst in den Händen von ausgebildeten Leuten sehr gefährlich.

Ich erinnere (mit Verlaub) daran, daß vor allem Exponenten einer fröhlichen Kerl-Politik sich immer wieder aufraffen, der Welt zu empfehlen, daß "unbescholtene Bürger" mehr Waffen tragen sollten. (Bitte nicht!) Wie etwa der durchaus schießlustige Hace Strache. (Siehe dazu den Eintrag vom 19. April 2007.) Diesen dümmlichen Empfehlungen liegt die kindliche Vermutung zugrunde, daß eine gefährliche Situation geregelt werden könne, wenn der unbedarfte (unbescholtene) Bürger dank Knarre in der Hand demonstrativ behauptete, er habe etwas Längeres oder Größeres als der Bösel vorzubringen.

Ich bin dagegen überzeugt, daß selbst der an Luftgewehren erprobte Hace Strache ein lebensgefährliches Fiasko erleben würde, wollte er einem hartgesottenen Ganoven mit einem geladenen Revolver kommen. (Leider haben wir Männer nicht nur den Großteil unseres Lebens allerhand Probleme mit einem hohen Testosteronspiegel, wir glauben auch recht leicht die selbst generierten Legenden über das Kerl-Sein.)

Wer öffentlich so schlichtes Denken praktiziert wie diese vaterländische Waffenblobby, sollte eigentlich aus entsprechenden Ämtern gefeuert werden. Aber dafür ist in einer Demokratie kein Reglement vorgesehen. Apropos schießlustig! Das hab ich nicht erfunden. Im Amerikanischen gibt es dafür den Ausdruck "trigger happy".

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Ich hab mir derlei eben in einer alten Schmonzette erneut vorhüpfen lassen. Wie das so ist, wenn resche Burschen "trigger happy" an ihre Mission gehen. Der Screenshot zeigt ein Segelflugzeug auf dem World Trade Center. Ganz Manhattan ist ein Hochsicherheitsknast. Der Oberknacki nennt sich "The Duke" (Isaac Hayes als der Nämliche; ohne Motive adeligen Lebensstils kommt der Pöbel offenbar nicht zurecht.)

Es ist in der Schmonzette 1997, eben hat ein Jet neben dem WTC in ein Hochhaus eingeschlagen. Leider saß der amerikanische Präsident drinnen, den "Snake" Plissken (ein wunderbar drahtiger Kurt Russel) wieder herausholen soll.

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Der Film von John Carpenter heißt "Escape from New York", erschien 1981 ... Ich erinnere mich noch genau, wie beeindruckt ich damals im Kino davon war und kann mich heute nur mehr wundern, wie dünn die Suppe und die Story bei so einem Watschentanz sein durfte. Das war also "Cyberpunk". Ich bin gerührt ob meiner schlichten Vergnügungen in jener Zeit. (Zum Glück bedienen heute Tarantino und Rodriguez diese Seiten an mir wesentlich virtuoser.)

Am besten gefällt mir gegenwärtig bei Carpenter eine auf tuntig gebürstete Klaus Kinsky-Paraphrase, die offenbar den Hofnarren des Duke zu geben hat. (Oben links im Bild.) Die Figur Romero wird von einem Schauspieler mit dem schönen Namen Frank Doubleday vorgeführt.

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Ich hatte eigentlich, was Schießlustigkeit betrifft, noch einen ernsteren Clip auf Lager (Quelle: "Der Standard"), aber das Thema ist mir heute einfach zu sperrig. Ich hab derweilen die Antrittsrede von Barack Obama aus dem Web gesaugt [link] und denke noch immer darüber nach, was das bedeuten mag, wenn ein einzelner Mensch (Mann) zur "ganzen Welt" spricht. Bei einigen gehört das zum Job, wie etwa auch der Bischof von Rom manchmal "urbi et orbi" Mitteilungen macht, aber mutmaßlich nicht auf die gleiche Reichweite kommt wie Obama.

Ich versuche zu verstehen, was zur Zeit alles passiert, um gleichzeitig "eine Welt" und einzelne Menschen zu bewegen, auch zu erschüttern. Hat neben mir noch jemand gestaunt, als der Einsturz eines Kirchendaches in Sao Paulo hartnäckig durch alle Medien-Etagen getrieben wurde? Was denken sich eigentlich Redakteure, mit solchen Meldungen die Aufmerksamkeit von Menschen zuzuschütten? Anästhesie!

Was sollte mir stattdessen alles in Ruhe berichtet, erklärt, wiederholt, analysiert werden, das tatsächlich von Belang ist? Nämlich auch für mein individuelles Leben. Aber ein Kirchendach in Sao Paulo ... Pardon! Könnte jemand vom Fach mir das plausibel machen? Dann doch bitte gleich geschundene Leiber, abgetrennte Köpfe und was sonst noch an ekelhaften Distanzverletzungen machbar ist, um den Pöbel zu unterhalten.

Oder! Nun habe ich es schon mehrfach Werbespots für Katzenfutter gehört, in denen der "natürliche Geschmack" des Produktes hervorgehoben wird. Wie klärt man sowas? Gibt es da Tester, die Katzenfutter fressen und sich hinterher mit Katzen unterhalten, um Meinungen über das Zeug auszutauschen? Was mögen das für Leute sein?

Manchmal irritiert mich all das sehr. Aber vielleicht sollte ich einfach froh sein, daß es genau so passiert und ich stets etwas zu Staunen hab. Wenn mir etwa der amerikanische Autor Michael Roloff ("well, i just turned 72 though having been an overgrown kid in my forties has it's advantages now...") von einem Tarock-Spiel mit Peter Handke erzählt, bei dem er von Handke gefragt wurde:

>>"are you going to be a kid who plays all your life" and i replied "yes forever" ...<<

Dezember 2002

Da ist ein Monsieur, der möchte zu Monsieur.

[Hinfällige Notizen] [***]


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