21. Jänner 2009 Es
behelligt mich nicht übermäßig, macht mir aber doch ein Unbehagen. Diese Art der
Präsentation von Trophäen. Vor mir und in meinem Rücken solche Ensembles in einem
Weizer Gasthof.
Merkwürdige Inszenierung von "Mannbarkeit". Als
Wildbret noch der Herrschaft vorbehalten war und ein Wildschütz am Strick enden konnte,
war so eine Schaustellung vermutlich das, was heute ein scheißteures Auto in der Garage
ist. (Übrigens! Kutschen sind beizeiten auch eine ziemlich teure Sache gewesen, durch die
man seinen Stand ausdrücken konnte.)
Heute sitzt es sich für einen wie mich mit einiger
Nachdenklichkeit in so einer Kulisse, die von einer sozialen Distanz erzählt, welche
eigentlich erst kürzlich der ganz normale Stand der Dinge gewesen ist. Darin liegt
übrigens der Anlaß für das Aufsuchen dieser Kulisse. Und eine weitere Merkwürdigkeit
in diesem Zusammenhang.
Theologe Fery Berger hatte den Künstler Walter Kratner und
mich an einen Tisch gebeten. Er arbeitet an einem mehrjährigen Vorhaben unter dem Titel
"Weg der Hoffnung" (Spirituelle Initiative für einen Wandel unserer
Gesellschaft). Wir haben in diesem Zusammenhang erörtert, welche Vorstellungen von
(gesellschaftlicher) Verantwortung speziell unter Kunstschaffenden bestehen mögen. Die
Frage nach dem Verhältnis zwischen Eigennutz und Gemeinwohl verliert nie an Aktualität.
Die oben erwähnte Merkwürdigkeit in diesem Zusammenhang
besteht darin, daß Kratner und ich, beide praktizierende Heiden, also keineswegs
"Vorzeigechristen", bei einem Repräsentanten der Diözese gelandet sind, um
für die Region und darüber hinaus ein Gegenüber zu haben, wenn der Frage nachzugehen
ist, welches TUN, was an Handeln nun gefordert sei, falls man den Stand der Dinge in der
Welt beunruhigend findet.
Mit Kratner verbindet mich nun schon ein mehrjähriges
Denken und Tun, dessen Ergebnisse vor allem auf dem Kunstfeld Niederschlag finden. Aber
all das wirft auch Fragen auf, was uns das übrigen Geschehen in der Welt schert. Denn
darin bin ich mit Kratner einig, die künstlerische Praxis führt zu Kompetenzen, welche
auch soziale und politische Relevanz haben.
Es ist erstaunlich: Weltwirtschaftskrise, Gasstreit, Krieg
im Gaza-Streifen und Amerikas erster schwarzer Präsident. Während all der Woche voll
solcher Ereignisse erreichte mich aus der Künstler-Community genau eine Email zu einem
Thema außerhalb unserer österreichischen Gemütlichkeit: "Betreff: Fw:
Weiterl.: FW: Schande über Dänemark!"
Dieser MaiI waren Bilder über das Schlachten von Delphinen
angehängt, aber leider keinerlei Sachinformation darüber, was man da genau sieht. Solche
Befindlichkeitsprosa hilft mir ja bei keiner Sache weiter: "Es ist unglaublich
aber leider wahr! Jedes Jahr werden diese Delphine brutal abgeschlachtet, weil diese junge
Männer beweisen wollen, daß sie erwachsen sind! "
Ist es nun kleinlich anzunehmen, daß eben "diese
Delphine" eigentlich nur einmal und nicht jedes Jahr abgeschlachtet werden können?
Ich wünschte, Menschen würden sich darin üben, ihre Anliegen etwas klarer vorzubringen.
Es sollte uns doch gelingen, einen Kontrast zum "Behauptungsgewerbe" auf dem
Boulevard zu schaffen.
Ich hab gestern
notiert:
>>Genau dieses Thema sollte es eigentlich noch
ein Stück leichter machen, in solchen Dingen weit über eigene Familienerfahrungen hinaus
zu denken und eine Art "transnationales Verantwortungsgefühl" zu
entwickeln.<<
In solchem Sinn war das oben erwähnte Treffen gemeint.
Verständigung darüber, was uns all das Weltgeschehen angeht und wie wir darauf handelnd
zu reagieren gedenken.
Übrigens! Die "Delphin-Post" war während all
der Wochen nicht die einzige Botschaft, welche mich zu m Weltgeschehen erreichte. Heute
morgen kam eine Email von Regisseur Ernst
M. Binder, die seine eigene Inauguration behandelt und den Wunsch "God Bless
Austria" mittrug.
>>Politiker hoffen auf
Neuanfang in den USA Washington/ Wien/Rom (APA/dpa/ag.) - Von London über Wien bis
Teheran und Bangkok setzen Politiker aus aller Welt enorme Hoffnungen in den neuen
US-Präsidenten Barack Obama.<< [Quelle]
Heilsversprechen scheinen etwas
Unwiderstehliches zu sein. Ich hab es allerdings auch gerne gehört, wie gestern die Ära
Bush formell ihr Ende fand. Was beim Amtsantritt von Barack Obama sehr plausibel klingt,
ist die Nachricht, Amerika werde Europa "härter in die Pflicht nehmen", wo es
um Krisenherde und Problemlagen der Welt gehe.
Ich halte das für eine gute
Nachricht. Sich nicht raushalten, abputzen, zurücklehnen, wenn Probleme hochgehen. Wir
sollten gleich mit dem Üben beginnen ...
Dezember
2006In
vielen Ländern trinke ich Tee, weil du den Kaffee dort nicht trinken kannst.
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