11. Juni 2008 Nach Jahren
wieder einmal an meinem Küchentisch: Josef Schützenhöfer. Ein Maler von ungestümer
Ausdauer. Nicht bloß in der künstlerischen Arbeit. Auch den Menschen gegenüber. Zum
Beispiel darin, sich Auftraggebern eben NICHT gefällig zu zeigen.
Eines der lustigstens Beispiele, das ich von ihm kenne: Die
Maler waren einst den Fürsten gegenüber sehr darauf bedacht, mit der Arbeit an Portraits
keine Verärgerung herbeizuführen. Es soll dann aber die Witwe unseres vormaligen
Bundespräsidenten Thomas Klestil alles andere als "amused" gewesen sein,
nachdem sie Schützenhöfers offizielles Klestil-Portrait zu Gesicht bekommen hatte.
(Siehe den Eintrag vom 8.11.2005!)
Gestern erzählte er mir grinsend, daß er der Gemeinde
Pöllau fünf Jahre lang das von ihm gemalte Portrait eines amerikanischen Soldaten (Harry
Moore) angeboten hatte. In der Oststeiermark waren während des Zweiten Weltkrieges
mehrere Bomber abgeschossen worden. Eines der getöteten Crew-Mitglieder aus einer
"Flying Fortress" hat Schützenhöfer als "Liberator", also als
"Befreier" dargestellt. Eine Sicht der Dinge, die in Pöllau nicht rundheraus
geteilt wird ...
Übrigens! Da wir bei "next code: break"
gerade wieder das Thema Ottokar Kernststock aufgreifen: Mit Schützenhöfer war ich in der
Sache vor Jahren auf einer sehr launigen Tour: [link] (Zu
den Hintergründen siehe auch: Klaus Zeyringer "Das Soziale ist nicht abstrakt"!)
Vor meinem Küchengespräch mit Schützenhöfer hatte ich
einen höchst soliden Bürger-Käfig zu testen. (Peugeot 308 SW) So ein klimatisiertes
Auto, an dem alles klappt und nichts Probleme macht. (Genau das, was von Förster eine
"triviale Maschine" nannte.) Im Kontrast zu viel romantischeren Motiven;
nämlich ...
Autor Michael Roloff schrieb mir zum wahrlich kuriosen Chrysler, den ich dieser Tage nahe Ilz entdeckt hatte:
>>i admire your
ability to find "yarderos" [i.e. "beaters", clunkers] in Austrian back
yards. i think they could be exported to cuba?? how did they all get there? via left
behind by the u.s forces i suspect. i recall cruising with them in leisurely fashion on
the autobahn while all the germans raced past... xxx m,.r<<
Ich halte "Yardero" für ein sehr schönes Wort,
dessen genaue Bedeutung mit freilich nicht gar so klar ist. (Etwas mit Hinterhof und einem
Hauch von Mexico ...) Roloff: "THEY WOULD KNOW HOW TO FIX THEM UP JUST THE WAY
MEXICANS DO. " Noch genauer: "YOU GET THEM FROM A JUNK YARD, THEY ARE YARDS
LONG, AND THEY END BACK IN THE JUNK YARD". (Roloff schrieb mir auch zu unserer
Kunst-Debatte einige Anmerkungen, darauf komme ich noch zurück.)
Abends ging es um die Praxis der Kunst. Linda Maria Schwarz (die übrigens zur
Crew von "next code: break" gehört) bespielt zur Zeit den Abbey-Trailer auf dem Grazer
Schloßberg mit einer kleinen Ausstellung. Sie hat sich dabei einigen Aspekten der
Menschenverachtung gewidmet, wie sie sich im Alltag ganz freundlich einzunisten pflegt.
Doch zurück zu einem Punkt von gestern, da ich mit Milan Bosnic über ein vereinfachtes "Dualsystem der Wege"
im Kunstbetrieb gesprochen habe. Um es kurz zu machen:
Wer meint, er oder sie müsse es in die "A-Liga"
schaffen, also in jene viel beachtete und hoch dotierte Zone, in der gegenwärtig Leute
wie Georg Baselitz, Damien Hirst, Gerhard Richter und Co rangieren, muß sich bezüglich
der dort herrschenden Marktmechanismen und Modalitäten extrem schnell extrem fit machen.
(Das sind Hochleistungsstrecken.)
Um vergleichbaren Rang in der Gegenwartskunst zu erreichen,
muß quasi ein ganzer Stab relevanter Fachkräfte dem Künstler entgegen kommen, um sich
auf gemeinsame Schritte zu einigen.
Talent und Erfahrung alleine, künstlerische Qualität
alleine, Inspiration und "Genialität" alleine, aber auch all das zusammen
genommen, können kaum reichen, um auf diesem Feld zu reüssieren. Außerdem schadet es
nicht, wie schon all die Jahrhunderte davor, zusätzlich aus begütertem Hause zu stammen,
um mental und materiell für den Weg dort hin gerüstet zu sein.
Dem gegenüber haben wir den Modus "normal life"
erörtert, in dem "singuläre Exzellenz", die von "aller Welt"
wahrgenommen und zelebriert wird, in dem also eine derartige "Sonderposition"
nicht vorgesehen ist. Dieser moderatere Modus ist auf Lebenslänge angelegt. Wer dagegen
nach dem Status eines Stars aus ist, soweit waren wir einig, sollte es eigentlich bis 30
geschafft haben, ist außerdem mit 40 erledigt, falls es nicht gelang zu reüssieren.
(Ausnahmen mag es ja geben, sie bestätigen aber nichts.)
Wäre zwischendurch der Philosoph Zlavoj Zizek zu zitieren,
der etwa meinte: "Seien wir realistisch, verlangen wir das Unmögliche!" (Ja was
jetzt, Krusche? höre ich den Köstenbauer fragen und antworte: Eben!)
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