9. Oktober 2007

Wenn die Tage so unruhig sind wie die letzten, sammeln sich in meiner Küche ungelesene Zeitschriften zu einem erheblichen Stapel. Eine wunderbare Aussicht für Abende wie gestern. Bei der üppigen Lektüre haut es mich natürlich auch in Unerfreulichkeiten. Aber immerhin ist das bei einem Stapel Zeitschriften recht vielfältig kontrastiert.

Was soll ich dagegen mit einer "Top-Nachricht" anfangen, die durch verschiedene Medien und Sender rauf- und runterdekliniert wird, wonach ein gerade 20jähriger amtlicher Waffenträger (Deputy Sheriff) in irgend einem Winkel der USA aus mutmaßlich Eifersucht nicht nur sein Ex-Mädchen, sondern auch einige andere Leute mit seiner Dienstwaffe umgenietet hat?

Sowas läßt mich am Verstand leitender Redakteure zweifeln. Das Nachrichtendetail, ein Scharfschütze der Polizei habe den Mann danach aus dem Leben gebracht, hebt den Nachrichtenwert der Sache keine drei Millimeter an.

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Dieses Ineinaderrutschen von Entertainment und Informationsgeschäft ist kein Novum. Aber da wäre von einem Revival zu berichten. Denn das war einst ja viel verbreiteter, daß versierte Autorinnen und Autoren AUCH in Zeitungen präsent sind. Hier hat man das einmal zum Hauptereignis einer Ausgabe gemacht, nicht bloß verschämte Gastkommentare, sondern breite Präsenz im Blatt.

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Unmittelbar darunter diese Headline (Quelle: "Der Standard"), die ich beim Stapeln der Zeitungen schon aufgeschnappt hatte. (Das Thema hab ich in den "Nekrolog" von Vogeltanz mitgeschleppt.) Der vormalige Kanzler stellt sich hier gegen ein Rechtsgut, das Teil "abendländischer Werte" ist. Daß nämlich nur als schuldig gilt, wer in einem "ordentlichen Verfahren" verurteilt wurde.

Zu einem ordentlichen Verfahren gehört das Prinzip der Verteidigung, deren Aufgabe ist, alle Kraft der Mandantschaft zu widmen. Und das ist eine "Wurzel des Übels"? Sehr interessant! Ein kurioser Beitrag zur Auffassung von Schüssels Parteikollege Missethon: "Die Linken beschädigen die Autoritäten." (Siehe Eintrag vom 29. August!)

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Apropos "Nekrolog", heute geht die Sendung aus dem "herbst_raum" um 23:00 Uhr on air. Auf dem Foto von Jörg Vogeltanz sieht man, daß aus dem "Socken-Radio" ein "Kluppen-Radio" geworden ist ... abgeleitet jeweils von der Zusatzausstattung des Mikrophons.

In der Sendung geht es unter anderem auch darum, daß es nicht angeht, den Iran zu bombardieren. Unter anderem, weil ich einen Freund in Teheran habe. Ferner, weil aus unserer "europäischem Erfahrung" abzuleiten ist, daß seit Verdun jedem Bombardement neue Massaker folgen.

Wie sehr sich Bombardements auch auf jene auswirken, die dabei nicht getroffen und versehrt werden, habe ich ja eben erst am Beispiel unserer serbischen Gäste bei "next code: love" geschildert. Außerdem mißtraue ich jenen zutiefst, die uns via Medien ausrichten, dieses oder jenes Land müsse bombardiert werden. Was genau sind die Gründe dafür? Und was genau ist der Nutzen? Vor allem aber: Welche Legitimation hat man dafür vorzuweisen? Das ist alles höchst unglaubwürdig. Apropos Bombardement und Serbien!

Die Nato hat Serbien, wenn ich mich recht erinnere, ohne UNO-Mandat bombardiert. Unter anderem, weil man dem Regime unter Milosevic "ethnische Säuberungen" vorzuwerfen hatte, welche auf diese Art gestoppt werden sollten.

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Diese kleine und eher unscheinbare Meldung (Quelle: "Der Standard") läßt für möglich halten, daß albanische Paramilitärs nun aufgerüstet haben, um das Kosovo eventuell ethnisch zu säubern. Ich bin sehr neugierig, wie sich vor allem Europa, aber auch die USA nun engagieren werden, um den serbischen und anderen Minoritäten diese verbrecherische Organisation vom Hals zu halten und die Lektion des Bombardements glaubwürdig zu halten.

Was das wohl sei, "das Ethnische" ... Ich hab zum Abend mit Heinz Janisch und Mohammad Abdullahpour (Siehe Eintrag vom 5. Oktober!) noch einiges nachzutragen. Im Augenblick dies: Daß ich bei meinem Kaufmann ein kleines Plakat zu dieser Veranstaltung entdeckt habe:

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Was daran auffällt? Ich erkläre es gerne. Nein, nicht das Aviso, der renommierte Kinderbuchautor Janisch werde >>... natürlich die neuesten Bücher aus seiner "Feder"<< präsentieren, sowas gehört zum Geschäft; sowohl des Autors als auch der Buchhandlung.

Aber der iranische Kurde fehlt auf dem Plakat. Obwohl vom Anfang an klar war, dies sei ein "Doublefeature", mehr noch, gerade der Immigrant sei Repräsentant eines Themenaspektes der Frage nach Liebe.

Dieses Plakat drückt im Grunde aus, daß man den Menschen in Gleisdorf den "Orientalen" nicht ankündigen könne, sondern unterschieben müsse; was ich für eine fatale Annahme halte. Ein bitteres Exempel für die üble Kraft der selbsterfüllenden Prophezeiung, die sich dann gerne in Spielarten eines "vorauseilenden Gehorsams" einlöst, indem sie so tut, als existiere sie nicht ... die  selbsterfüllenden Prophezeiung, mit der man hier zum Beispiel einen realen Menschen schlicht ausblendet.

Ja, ich weiß schon, bei anderen Gelegenheiten wurde der Kurde auf Einladungen erwähnt. Ich mißtraue diesem "selektiven Kommunikationsstil" ...

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