19. Juli 2006
Zwei Jungs aus verschiedener Ära. Ich war gestern bei
Josef Pfleger zu Gast, einem Automechaniker
in Weiz. Der, ich schätze mal: rund 20 Jahre jünger als ich, mich damit überrascht hat,
daß er einem Helden meiner Bubentage anhängt.
Jochen
Rindt ist für die Formel 1, was Jimmy Dean für Hollywood ist. Kühn, exzellent, in
Autos ziemlich schnell ... und längst nicht mehr am Leben. Rindt ist bei seiner
Großmutter in Graz aufgewachsen, die eine Nachbarin meiner Großmutter gewesen ist. Sein
Lotus war für uns eine Ikone. Sein Tod 1970 eine Katastrophe.
Aus heutiger Sicht: Rindt hätte mit seiner Art und seinem
Gesicht sehr gut in einem Film von Claude Lelouch vorkommen können. In welchem? Na, neben
Jean-Louis Trintignant. In "Ein Mann und eine Frau" (1966), wo der in einem 1965er Mustang
nach LeMans fährt, um dort in einem Ford GT 40 (dem Ferrari-Killer) sein Rennen
abzuspulen. Und da er endlich kapiert, wo er mit seinem Herzen hin soll, fährt er in der
Nacht noch zurück, um Anouk Aimée endlich in die Arme zu nehmen.
Cut!
Nochmal in diese Kerbe: Ein TV-Boss bekennt seine
Skrupellosigkeit im Streben um Aufmerksamkeit. (Siehe Eintrag vom 30. Juni!) Einer der einflußreichsten
Journalisten der Zweiten Republik bekennt, daß er sein Geschäft vor allem als
Entertainment verstanden hat. (Siehe Eintrag vom 12.
Juli!) Begreiflich. Denn es ist eben ein sehr gutes Geschäft, Massen zu unterhalten.
Ein Profi dieses Metiers, Dieter Chmelar, hat im "profil" unlängst Zahlen genannt. Anläßlich des 80 Geburtstages
von Peter Alexander:
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"Die bewegte Bildminute Alexander steht,
quasi laut Katalog, mit rund 2500 Euro zu Buche." Nun ist das ja ohne Frage ziemlich hart verdientes Geld. Und es haben nicht all
zu viele Menschen das Zeug, solche Summen über eine Bühne zu bewegen. |
Worum es letztlich geht, habe ich in einem
alten Groschenheft auf rührende Weise offengelegt gefunden:
Ich neige dazu, prinzipiell ein Recht auf billige
Unterhaltung anzunehmen. Aber es wäre mir recht, das könnte vom Nachrichtengeschäft
sehr deutlich unterschieden sein.
[Wir
Kinder des Kalten Krieges]
Was mich wieder zu Handke bringt. Diese Forderung,
Entertainment und Nachrichtengeschäft mit Trennschärfe zu versehn. Seine lauten
Ankläger aus dieser oder jener Ecke der Metiers sind ja inzwischen wieder ganz leise.
Haben sich aber immer noch nicht aufgerafft, Belege vorzubringen, welche Textstellen und
welche Aussagen von Handke geeignet erscheinen, ihn als einen dastehen zu lassen, der
"Diktatoren und Massenmördern ach so poetisch und elfenbeintürmig
huldigt(en)", wie das etwa der Künstler und pragmatisierte Bürgerschreck Günther
Brus konstatierte. (Siehe Eintrag vom 14. Juli!)
Zielbewußte Zerstreuung. Eine Groschenheft-Attitüde.
Warum? Wozu? Naja, andernfalls müßte man sich ernsthaft mit den Gründen, den Ursachen
dieses Sezessionskrieges befassen. Auch damit, wie das westliche Europa sich im
Eigeninteresse womöglich schuldhaft verstrickt hat.
Wenn Handke nicht müde wird zu behaupten, daß es auf der
Opferseite AUCH Menschen serbischer Herkunft gibt, daß es auf der Täterseite AUCH andere
als serbische Menschen gibt, sieben Völker zählen die Südslawen, dann erstaunt doch,
daß man ihm dies als Verehrung eines Despoten auslegt.
Übrigens! Um in der Sache etwas präziser zu sein, wäre
etwa Wolfgang Petritsch zu zitieren. Ab 1997 für etliche Jahre Österreichs Botschafter
in Beograd. Petritsch schrieb im vergangenen März (Quelle: "profil"): "War Milosevic
ein Diktator? Ein totalitätes Regime im üblichen Sinne was das Jugoslawien Milosevics
nicht. Die ...
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Es wäre an der
Zeit, von der Entertainment-Ecke (Wir haben unseren Spaß gehabt!) etwas verläßlicher in
den Bereich des Nachrichtengeschäftes zu wechseln. Um nun eine seriöse Debatte zu
erreichen, aus welchen Vorbedingungen Jugoslawiens sich dieser Krieg mit seinen Massakern
entfaltet hat. Darin gibt es viele Beteiligte und
Rollen, auch außerhalb Ex-Jugoslawiens.
Einzelnen Spaßvögeln steht es dabei ja nach wie vor frei,
an ihren bequemen Klischeebildern festzuhalten. |
[Zu Peter Handke]
Apropos! Ich werde in dem Zusammenhang immer
noch gelegentlich mit solchen Artigkeiten beschickt:
>>krusche, du bist ohnehin schon
dreckig genug, und wer dreckig ist, kann bloss dreckig schreiben, und das in einer
stilistik, die sowas von gschrauft und hanebuechern ist, wie ich es schon lange nicht mehr
gelesen habe.<<
Wobei, wenn es gestattet ist, festzustellen
wäre: Wer ein Wort wie "Stilistik" wählt, um etwas über den Stil eines Textes
auszusagen, hat vielleicht nur bescheidene Referenzen, in Stilfragen Vorträge zu halten.
(Erbauliche Details in der kleinen "Enzyklopädie der Beschimpfungen".)
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