12. Juli 2006

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Als Mensch mit Augengläsern von zwölf Dioptrien Stärke hab ich wenig Illusionen, daß meiner Nase je ein leichterer Job zufallen könnte. Da ich mich nicht auf Kontaktlinsen einlassen möchte. Gestern ließ ich mir zeigen, wovon der Profi ausgeht, wenn er einem Gläser anmißt.

Lorenz Spielhofer hat das Handwerk vor rund 30 Jahren gelernt, da kamen solche Rohlinge noch nicht in eine EDV-gesteuerte Maschine. Man schliff die gewünschte Form von Hand an der Diamant-Scheibe.

Cut!

Franz Prenner, Boss einer heimischen TV-Anstalt, bekannte unlängst seine Skrupellosigkeit im Streben um Aufmerksamkeit. (Siehe Eintrag vom 30.6.) Boulevard-Fürst Wolfgang Fellner hatte einen Traum von der Erneuerung Österreichs. (Siehe Eintrag vom 5.7.) Nun legte der Erzbischof österreichischer Komplexitätsreduktion offen, worum es im Geschäft geht. (Quelle: "profil")

Richard Nimmerrichter (alias "Staberl") ist einer der einflußreichsten Journalisten der Zweiten Republik, heute im selbstgewählten Ruhestand.

Daß dieses Entertainment im Gewande der Meinungsbildung (in Korrespondenz vor allem mit sehr populären Ressentiments) sehr einträglich ist, kann man sich denken.

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Nimmerrichter wird dazu recht konkret. Seine Gewinnbeteiligung an der "Kronenzeitung" (in der Höhe von 1,43 Prozent) habe Gegen Ende seines Jobs "sechs Millionen Schilling pro Jahr gebracht". Also rund 400.000 Euro.

Die Assoziation mit Rängen alter Eliten, der Vergleich mit Fürsten und Bischöfen, verweist auf Eliten vordemokratischer Verhältnisse. Denn in diesem Geschäft, das ja aktive Politik bedeutet, stellt man sich keinen Wahlen. Die Abnstimmung erfolgt am zeitungs-Kiosk oder auf der Wohnzimmer-Couch. Die saloppe Behauptung, daß im Geschäft der Meinungsbildung via Massenblatt nichts zu ändern sei, verschleiert bloß, was Wirkung und Einträglichkeit dieser Profession ausmacht.

[Wir Kinder des Kalten Krieges]

Cut!

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Auf dem Weg um Christoph Stark, Gleisdorfs Bürgermeister, zu treffen, kam ich mit zwei Frauen ins Gespräch, die wohl den Zeugen Jehovas zuzurechnen sind. Ich erwähnte, daß ich praktizierender Heide sei. "Sie geben es wenigstens zu." Das war eine aufschlußreiche Antwort darüber, was die Damen für normativ halten.

Rund eine Stunde später, auf dem Rückweg, waren die Frauen noch immer in der Gasse zugange und suchten eine zweite Chance, meine Seele zu ergründen. So kamen wir etwas über den Nazarener ins Gespräch. An dem mich mindestens beeindruckt, in welchem Maß er den Konventionen seiner Zeit widerstanden hat. Er brachte die etablierten Autoritäten zur Weißglut und legte sich mit der Besatzungsmacht an. Ohne Waffengänge in Betracht zu ziehen. Das war eine äußerst mutige Haltung in Zeiten, da ein Leben sehr kurz sein konnte.

Das sahen die Frauen nicht im Fokus der Geschichte. Ich hab geltend gemacht, die Idee von der Menschwerdung Jesu habe etwas Radikales, indem der Gottessohn das "Gottsein" aufgibt und sich bis zur letzten Konsequenz ins Menschsein begibt. Was die furchtbarste Todesart einschloß, die man damals kannte.

Aber er sei eben als "der perfekte Mensch" zu uns gekommen, hielten die Frauen dagegen. Genau das eben nicht, wandte ich ein. Davon erzählt mir auch die Bibel nichts. Daß er als eine Art "Übermensch" hervorgetreten wäre. Ganz im Gegenteil. Was ja mindestens am Ende seines Erdenlebens durch seine letzten Zweifel an seinem Vater und Herrn ausgedrückt sei. So zeige sich doch kein "perfekter Mensch". Dem widersprachen die Frauen ganz entschieden. Er sollte also für sie keiner "wie wir" sein, sondern mußte aufs Podest.

Das ist so ein Punkt. Der mir an eifrigen Christen aller Art mißfällt. Daß sie in der Nachfolge Jesu sich über ihn stellen, indem sie ihn, den Menschen, dort hin anheben, wo ihn ihre Moral haben will. Wodurch sie eben jene Distanz zu den "Minderen" aufbauen, auf deren Seite sich Jesus, so die Überlieferung, ostentativ gestellt hatte.

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