30. Juni 2006
Als wäre ein Rudel Brautjungfern in der Stadt und am
Kirchriegel kurz ins Wasser gestiegen ... Auf halbem Wege der weiteren Strecke gibt es
einen Laden, wo mit Computerspielen und DVDs gehandelt wird. Im Vorbeigehen sehe ich einen
Teenager, der seinen Citybag über dem Tresen entleert. Das Kleingeld fliegt in allerhand
Richtungen.
Weiter auf Umwegen. Über die Berechenbarkeit von
Situationen staune ich immer wieder. Wie und woher weiß ein Ingenieur, daß ihm keine
dieser Hütten unkontrolliert niedergehen wird?
In der Nähe dieser Ecke eine Imbißstube, in der jemand
ausreichend laut, um durchs offene Fenster hörbar zu sein, der Welt mitteilt: "Meine
Ex kriegt nix!" Sein gereckter Hals, sein energisches Blicken machen einen Eindruck,
da möchte man dem Menschen sagen: "Meine Omi ist fieser als du."
Im Kebab-Stand schleift Mehmed das lange, biegsame Messer.
An solchen Tagen findet er mit einem einzigen T-Shirt kein Auslangen. (Ob er in der
Tiefkühltruhe einen Vorrat davon hat?) Ich frage ihn, wie man das überlebt. Er fragt
zurück, wie ich das meine. "Na die Hitze von der Sonne und vom Griller. Wie machst
du das, dabei nicht zu krepieren?" Mehmed sieht mich an, lacht, sagt:
"Beten."
Cut!
Medienanwendung ist Realitätserzeugung. Sage ich gerne und
hartnäckig. Berlusconi-Faktor. Würde ich das heute nennen, was in diesem Gewerbe an
Eigennutz zur Wirkung kommen kann. Ein Deal. In dem verschiedenste Akteure der aktiven
Deutungseliten sich den Menschen eines Landes aufdrängen.
Ich schreib das gar nicht in saurer Stimmung. Die gute
Nachricht wäre ja, daß trotz solcher Wettläufe der Einsatz für Menschenwürde
nicht aus der Mode kommt. Dieser Tage staunte ich, als ich in einem regionalen Journal
sah, wie ein hoher Offizier, der kein glühender Freund der Demokratie ist, das belegen
seine bisherigen Texte, wie also dieser Mann seine Kolumne mit Elias Canetti begann und
mit Ingeborg Bachmann abschloß.
Ein Wunder? Aber geh! Solche Wunder gibt es nicht. (Davon
später.) Im aktuellen "profil"
hat ein Profi des Realitätsgeschäftes die Grundlagen dieser Branche ganz entspannt
offengelegt. Franz Prenner ist Chef des österreichischen Privatsenders ATV.
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"Ich bin in der Werbung, aber meine
Mutter glaubt, ich bin Pianist in einem Bordell." |
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