14. Juli 2006

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Der eine Professor (Schauspieler Simonischek) an der Plakatsäule, der andere (Aktionist Nitsch) kam per Post. Wobei ja niemand, der bei Trost ist, annehmen kann, daß dieser Ehrentitel im Kunstkontext auch nur die geringste Relevanz hat. Ehrt man hier den Künstler? Oder sich selbst? Ist das einfach ein zusätzliches Verkaufsargument?

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Ursprünglich war "Professor" bloß ein Amtstitel. Der Lehrern an Universitäten und Hochschulen zukam. Ab 1866 wurde er auch für Lehrer an mittleren und höheren Schulen eingeführt. Als Ehrentitel für Künstler und Wissenschafter kam er während der Ersten Republik in Gebrauch.

So gesehen besagt er bestenfalls: "Wir, der Vater Staat, erkennen die Leistungen unseres Sohnes an." Wobei mir nicht klar ist, ob das vor allem eine rührende Geste ist. Oder ob es sehr konkreten Nutzen hat, um andere zu besonderen Leistungen für das Gemeinwohl zu ermutigen. ("Dann könntest du vielleicht mal Professor sein.")

Auf dem Kunstfeld ist das besonders launig. Wenn etwa die ganze "Bürgerschreck-Liga" in die Jahre kommt und den Professoren-Titel umgehängt bekommt. Auch erfreut annimmt. (So hart war man also in der Anti-Establishment-Pose doch nicht.) Wie eben Nitsch. Oder auch Peter Weibel. Was die Männer zu Nachbarn der Bänkelsänger auf dem Boulevard der Sentimentalität macht. Von Udo Jürgens weiß man:

"1984 [...] Am 30. September feiert UJ seinen 50. Geburtstag. Der Bundesminister für Unterricht, Kunst und Sport, Dr. Herbert Moritz, verleiht UJ die ordentliche Professur der Republik Österreich." [Quelle]

Unterm Strich zeigt sich auf ganz unsentimentale Art, daß eben auch beim Genre Kunst die ganz üblichen bis banalen "Mechaniken der Würde" zur Anwendung kommen. Dignitäts-Techniken, durch welche kompensiert werden soll, was man an Defiziten empfindet, weil doch viele Menschen vom Gefühl getragen sind, die Welt haben ihnen dies und das vorenthalten.

Im Zentrum ist es vor allem ein smartes Spielchen, um sich im Wechselbezug gegenseitig aufzuwerten. Der Verleiher adelt sich durch die blendende Wahl, der Bezieher gibt im Gegenzug etwas von seiner Popularität ab.

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Cut!

Beim Umsehen unter der gealterten Bürgerschreck-Liga bin ich grade auf einen kuriosen Kommentar von Günther Brus gestoßen. Der war ja auch mal so ein "harter Hund" und ist inzwischen eine jammernde Tante geworden. Im Magazin "Datum, Seiten der Zeit" hat er demonstriert, wie man einfach nur sudert, statt zu argumentieren:

>>Handke stützt sich auf längst vergangene Ereignisse, auf die vermutlich gewalttätige Albanisierung urserbischen Gebiets. Ach Gott, immer wieder diese ausgestorbenen Amselfeldzüge. Milosevics Motto aber lautete: Willst du nicht mein Sklave sein, schlag ich dir den Schädel ein. Handke, zur Rechtfertigkeit gedrängt, vermeldete, dass es nicht seine Sache sei zu richten. Aber ein Urteil fällt man nicht nur mit der Sprache.<<

Da will einer gar nicht erst etwas zur Sache wissen, aber er reißt das Maul auf. Was man allein schon aus diesem Satz schließen darf: "... die vermutlich gewalttätige Albanisierung urserbischen Gebiets."

Denn das Kosovo ist, wie man heute leicht wissen könnte, nicht "vermutlich gewalttätig" oder sonst wie dubios "albanisiert" worden. Sondern die albanische Ethnie hat es dort in einem überschaubaren Zeitraum durch ihre Geburtenraten auf rund 90 Prozent der Bevölkerung gebracht. Gegenüber einigen anderen Ethnien, wovon die serbische nur ein Teil ist. Brus weiter:

>>Seine Anwesenheit beim Begräbnis, abgesehen von seiner "Mini-Rede" (welch ein Wortfehlgriff eines Sprachkünstlers), war ein Urteilsspruch, wenn auch ein "poetisch" gemeinter. Handke hat sich somit in die Reihe jener Künstler eingereiht, die aus Überzeugung oder bloß aus einem infantilen Querulantentum Diktatoren und Massenmördern ach so poetisch und elfenbeintürmig huldigten.<< [Quelle]

Das ist bloß Geschwätz, mit dem Brus in keiner ernsthaften Debatte zu den Problemen des westlichen Balkans auch bloß fünf Minuten bestehen könnte. (Und welche Künstler stehen denn noch in dieser "Reihe"?)

Dabei finde ich ganz bemerkenswert, daß der einstige Protagonist jener spektakulären Aktion ("Kunst und Revolution"), die als "Uni-Ferkelei" rezipiert wurde, heute im Ausdruck seiner Ablehnung genau solche herabwürdigenden Sprachregelungen einsetzt ("infantiles Querulantentum"), wie sie einst ein verschrecktes Kleinbürgertum gegen ihn verwandt hat.

Das halte ich für ziemlich erbärmlich. "1996 Großer Österreichischer Staatspreis" ... tja, der Souverän belohnt die Haltung jammernder Tanten ...

[Zu Peter Handke]
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