27. September 2005 Die
Straße als Präsentationsort für künstlerische Arbeiten und Momente ... gestern lief
unsere "Guided Tour" durch einen Teil von Graz, der einst
"Murvorstadt" hieß. (Foto: J. Vogeltanz)
"High Spirited Networked City wird
somit nun im analogen Raum dem Publikum zugewandt. Die Dokumentation dieser Tour ist im
Web HIER zu
finden.
Dokumentarfilmer Christian Reiser widmete sich
einer komplexen medialen Option dem "Grid of Books",
worin Schreibakt und Verbleib auf der Metaebene (Filmen des Schreibaktes) in eins gingen
... Anläßlich eines Augenblicks in Voltaires "Candide".
Und der düstere Herr Vogeltanz hat mir auf einem
Nebenschauplatz meinen "Bird Lancaster"
illustriert ... wobei auch einige Uneinigkeit über den Rang von His Bobness Dylan aufkam,
was ja erst unlängst hier Thema gewesen ist.
Cut!
Ich habe gestern
von einer kleinen Debatte mit einem Biologen erzählt. Darüber, daß es dem Rassismus
geschuldet sei, wenn man politische Opponenten mit blutrünstigen Raubtieren gleichsetzt.
Ganz egal, was man damit an politischer Realität gemeint habe, die zur Debatte stehen
müsse, solche Analogien verbieten sich mindestens nach unseren nennenswerten Beiträgen
zum Holocaust. (Unsere Beiträge im Sinne der Verantwortung, welche Kinder und
Kindeskinder der Täter einzulösen haben.)
Bezüglich der Naivität im Konzept
"Polit-Dinosaurier", die verdeckt, was diese Netzwerke an Relevanz und
Lebensdauer vermutlich noch vor sich haben, sagte ich zum Wahlkampfhelfer: Ich meine
damit noch nicht mal 60 Jahre ÖVP-Dominanz in der Steiermark. Sondern ich meine mehr als
600 Jahre Erfahrung mit Machterhalt des katholischen Hauses Habsburg und dessen
Gefolgsleute. Ich meine Kontinuitäten, die von alten Familien handeln, von einem
Ennstaler Kreis, vom Cartellverband, vom Opus Dei und von konservativen
Gebetszirkeln, die einen verflossenen Kaiser für eine Himmelskarriere promoten können...
oder der gegenwärtigen Innenministerin, die einer erklärt monarchistischen
Frauenverbindung angehört.
Es ist ein ziemlich naives Spiel, Leute wie Klasnic
und Voves, die aus einfachen Verhältnissen stammen (und deshalb nie zum eigentlichen Kern
solcher Netzwerke gehören werden), mit derlei Seilschaften zu verwechseln. Denn als
politisches Personal repräsentieren sie solche Kreise bestenfalls an einigen Stellen des
öffentlichen Lebens, mehr nicht.
Da haben wir Kleinbürgerkinder es also mit was
vollkommen Anderem zu tun als den Abbildern von Saurier, welche an der Adaption an neue
Verhältnisse ihre Lebenskraft einbüßen würden. Bei genauem Hinsehen haben wir es da
schließlich mit jenen Eliten zu tun, die neue Verhältnisse SCHAFFEN. Manchmal zu Lasten
der breiten Bevölkerung. Eliten, die bisher noch jede Revolution der vergangenen
Jahrhunderte überstanden haben.
Denn wenn wir sachlich prüfen, wie wenige Familien
im Lande über den meisten Teil an Grund und Boden und an machbarem Profit (im Rahmen des
Bruttosozialproduktes) verfügen, dann kann man sich sein Saurier-Bildchen abschminken,
einrahmen und übers Bett hängen. Das wars.
Zu diesen Details einer möglichen Erörterung sind
wir aber nicht mehr gekommen. Der Biologe hatte sich mit einem Handschlag von mir
verabschiedet. Es warteten an diesem Vormittag noch andere Aufgaben auf ihn. Aber er hatte
mir konzediert, es würde den Grünen in Gleisdorf längst die Zeit für derlei Debatten
fehlen. Was zum Nachteil der politischen Entwicklung sei. (Soweit es dann mindestens
derart naive Propagandabildchen betrifft. Wie diese Saurier-Pausennummer.)
Cut!
Naivität bezüglich realer politischer Verhältnisse
kann man ja niemandem zum Vorwurf machen. Denn man weiß eben grade so viel, wie sich
über Hintergründe herausfinden ließ. Und das sind in der Annahme einer
"Dinosaurier-Politik", die sich in kommenden Anpassungsproblemen selbst
erledigen solle, eben Hintergründe, vor denen allerhand Schleier hängen.
Will man den steirischen Anteil des
"Operetten-Österreichs" begreifen, jene Klamotte, die zum Verschleiern solcher
Hintergründe aufgeführt wird, möchte man erahnen, aus welchen Kontinuitäten sich die
"Balkan-Reflexe" und andere (politische relevante) Kuriositäten schöpfen,
nützt es, sich das vor Augen zu holen, was ich gestern mit "Familien-Clans,
Old Boys- Netzwerken und alten Eliten" gemeint habe.
Die Hinweise darauf hat man gelegentlich vor der Nase. (Man muß sie
eben zu deuten lernen.) Zum Beispiel in der Einleitung des Buches "Die Steiermark im
20. Jahrhundert" des renommierten Historikers Stefan Karner. Da steht auf Seite 26:
[Balkan-Reflex]
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