20. September 2005 Ich habe
es in meinen Kindertagen nicht genossen, daß mein Vater ständig klassische Musik hörte.
Laut. Im Gegenzug haben sich meine Eltern sehr am Rock & Roll gestoßen. Laut. (Der
Rock & Roll UND meine Eltern.)
Zweite Schulwoche. Mein Sohn kommt heim, zieht ein Gesicht.
Man hat im Musikunterricht Elvis Presley gesungen. Was dem Buben sehr gegen den Strich
ging. Denn Presley erscheint ihm offenbar so indiskutabel wie mir einst die Kammermusiken
und Opern aus dem Radio meines Vaters.
Die Welt der Eltern-Kind-Beziehungen ist dahingehend also
in Ordnung, wie mir scheint. Was sich auch an einer kleinen Dialogsequenz ablesen läßt,
die etwas zurückliegt. Mein Sohn sah ein Album von His Bobness auf meinem Arbeitstisch
liegen.
Er: "Bob Dylan."
Ich: "Ja?"
Er: "Steht da drauf."
Ich: "Ja. Gfallt dir aber wahrscheinlich net so sehr."
Er: "Na, eh net."
Ich: "Ist aber einer der Größten in der Rock-Musik."
Er: "Des glaub i net. So wie der singt ..."
Cut!
Ich hab gestern die
kindliche Messerstecherei erwähnt, bei der eines der Kinder zu Tode kam. Über die
Gründe spekuliere ich hier nicht. Das wäre Unsinn. Über die Rahmenbedingungen gibt es
aber Diskussionsbedarf. Beispiel:
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Das "Ideal des
soldatischen Mannes" hat in unserer Kultur sowohl die Gräuel des Ersten Weltkrieges
als auch den Holocaust überstanden. Es ist in seinen Derivaten überall in unserem Alltag
wirksam. Passend kam mir dazu gestern der neue Landrover-Prospekt in die Hände:
"Talking about the Revolution". |
Die Titelgebung ist so dümmlich, wie Mazdas Spiel mit Che Guevara. Aber die
"Gstopften", also: Wohlhabenden, sind offenbar gerade in Zeiten sozialer
Spannungen mit "Radical Shick" gut ansprechbar. Da schimmern dann die
Testosteronstrotzenden, Waffen tragenden Rebellen durch die Werbesujets.
Bemerkenswert, gerade der Landrover ist eben NICHT ein
Produkt des Krieges. Wie der Willys Jeep oder der VW Kübelwagen. Landrover sind
ursprünglich ein Produkt der Landwirtschaft. Aber das schicke Arbeitsgerät muß sich
emotional aufrüsten und zum Beispiel als "Verteidiger" (Defender) vermarkten
lassen.
Ich gehe davon aus, daß die Werbeleuten hier nicht am
Thema Ironie gearbeitet haben. "Macht euch die Erde Untertan" ist ja, wie die
letzten zweitausend Jahre belegen, eine der schlimmsten Kampfansagen gewesen, zu der sich
die vorherrschende Männerkultur je verstiegen hat.
Wer sich also, etwa mit 13, 14 Jahren, fragt: "Wie
geht Mannsein? Wie ist man als Kerl?", dem liegen die Rollenangebote in so
kriegerischen Varianten reichlich nahe.
Cut!
Ich habe die Prüfung zweier Bücher von Handke noch
abzuschließen. Jene ersten Publikationen, für die man ihm sogar nach zehn Jahren noch
vorwirft, er sei ein Verharmloser der serbischen Kriegsverbrechen, er sei Anhänger eines
serbischen Nationalismus, er sei ein Verehrer Milosevic'. Die Rede ist von "Eine
winterliche Reise zu den Flüssen Donau, Save, Morawa und Drina oder Gerechtigkeit für
Serbien" (1996) und "Sommerlicher Nachtrag zu einer winterlichen
Reise" (1996) (Letzter Eintrag dazu vor fast einem Monat.)
Ich habe seit geraumer Zeit oft gefragt: Welche Stelle in
den Büchern belegt das? Diese Vorwürfe? Es hat sich der Tenor der Antworten, die ich
erhalte, verändert. Weil man weiß, ich setze voraus, wer dazu Behauptung äußert,
sollte die Bücher kennen. Nun höre ich öfter, naja, in den Büchern finde man nichts,
es sei seine Haltung. Hm. Haltung ...
Ich bleibe noch ein Weilchen bei den Publikationen.
Serbien. Wird ähnlich wie wir zu klären haben, daß ein Volk zwischen Schuld und
Verantwortung unterschiedliche Zugänge nehmen muß. Schuld setzt Täter voraus.
Verantwortung ist den Kollektiven übertragen.
Aber jetzt noch zu den letzten Seiten des zweiten der
erwähnten Bücher, wo es explizit um Srebrenica geht. Auf Seite 76 finde ich:
[Zu
Handke]
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