25. Juli 2005

Ein Wochenende des Staunens. Zum Beispiel, da mir jemand zurief, ich hätte schön braune Füße. Was meine Beine gemeint haben muß, denn meine Füße steckten in Socken und Turnschuhen, waren demnach solchem Befund entzogen. Das ließ mich grübelnd zurück. Was das für einen Kerl in meinen Jahren an Referenz sei, wenn er mit braunen Beinen durch die Gegend rennt. Ich bin zu keinem brauchbaren Schluß gekommen.

Grübeln verursachte mir auch ein Interview mit dem österreichischen Popsternchen Christl Stürmer im "profil" der Vorwoche. Die Stürmer hatte im Kosovo einige Auftritte im Rahmen der "Truppenbetreuung" absolviert und war etwas schockiert von der Situation vor Ort. In diesem Zusammenhang kam es zu einer überaus inspirierten Wortkreation:

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Dieses "halbpolitisch" ist doch das beste was wir seit "ein bißchen schwanger" bekommen haben. Man hat sofort das Gefühl: Da ist Österreich! Halbpolitisch, schwierig und immer ein bißl zwiespältig. Warum sollten wir uns mehr trauen?

Naja, einige Seiten weiter wurde ich von André Müller entschädigt, der sich auf Interviews versteht und ein Gespräch mit dem TV-Entertainer Harald Schmidt geführt hatte. Schmidt gab sich als praktizierender Katholik, der das Heiraten für höchst unnötig hält. Was zu folgender, sehr ergreifender Situation führte:

Müller: Der Papst sagt, außerehelicher Geschlechtsverkehr sei eine "Banalisierung des Körpers". Schmidt: Der Papst muss das sagen.

Ich hab selten ein trefflicheres Statement zur Sache gelesen. Also. Halbseidenes. Heuchelei. Das Kosovo. Und was man halt so sagen muß ... Da bin ich natürlich wieder beim Thema Balkan-Reflex.

Rund 90 Jahre nach den Schüssen von Sarajevo beteuert ein Oststeirer, daß ja nicht "wir" am Ersten Weltkrieg die Schuld trügen, sondern Serbien. So stand es in der Ausgabe 9/05 des "Süd-Ost Journals".

log472x.jpg (24204 Byte) [Der komplette Text] Adolf Weinberger richtet sich damit an jenen Offizier, der in diesem Blatt heuer implizit festgestellt hat, die gerichtliche Verfolgung der Naziverbrechen sei ein Mißbrauch der Justiz: "Ach liebe blinde Justitia, du wirst oft mißbraucht." [LINK]

Meine gestrige Bemerkung, wie erstaunlich es sei, daß Serbien den Beginn und das Ende des 20. Jahrhunderts markiere, hat also hier ihre eine Polarität. (Die andere ist davon grundverschieden.) Die Behauptung einer Kriegsschuld Serbiens ist natürlich blanker Unsinn. Der Thronfolger war am Wiener Hof und beim Kaiser selbst höchst unbeliebt..

Der Attentäter Gavrilo Prinzip wurde verurteilt, ins Gefängnis gesteckt und ist dort elend verreckt. Eine Beteiligung der serbischen Regierung konnte nie bewiesen werden. Dafür wurde von Serbien das gestellte Ultimatum in einem Ausmaß erfüllt, wie das auch nach damaliger Meinung kein anderer souveräner Staat Europas getan hätte. Kurz: Serbien war bloß ein Vorwand.

Aber wir haben uns mit der Metapher "Die Schüsse von Sarajevo" gut eingerichtet, diese meint: Der Erste Weltkrieg wurde von Serbien ausgelöst. Genau! Zwei arme, schlotternde Riesen, die Häuser Habsburg und Hohenzollern, haben sich von einem entnervten kleinen Serbien in die "Urkatastrophe" des 20. Jahrhunderts treiben lassen. So wirds gewesen sein. So war es sicher NICHT! [Meine Replik auf Weinberger]

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