25. Juli 2005

Guten Tag!

Interessant, was man hier über den Ersten Weltkrieg erfährt. Aber ich vermisse Hinweise darauf, daß Franz Josef diesen Thronfolger eher gehaßt als geliebt hat, daß dessen Ehefrau bei Hofe geschnitten wurde und daß der Wiener Hof es sich nur mit Mühe verkneifen konnte, dem kleinen Gavrilo Prinzip für seine Schüsse zu applaudieren.

Derlei erfährt man ja einerseits aus historischen Sachbüchern, andrerseits auch aus der Weltliteratur. (Z.B.: Stefan Zweig "Die Welt von gestern")

Man könnte hier daran erinnern, daß Preußen mit dem Sieg bei Königgrätz k. u. k. Österreich aus dem Deutschen Bund befördert hat und Bismarck recht froh war, die Habsburger auf dem Balkan beschäftigt zu wissen. Wobei ja Serbien überhaupt keine relevante Rolle spielte. Weil eigentlich Rußland das Gegenüber war, gegen das Österreich noch zauderte, weil es militärisch nicht ausreichend gerüstet war. (Schon Prinz Eugen klagte oft über die notorisch schlechte Rüstung der Habsburger Armee.)

Europas Diplomatie war einhellig verwundert, in welch hohem Maß Serbien das gestellte Ultimatum erfüllt hatte. Es heißt, kein souveräner Staat hätte sich vergleichbar gebeugt. Serbien wäre auch gar nicht in der Lage gewesen, einem Imperium zu trotzen. Die Osmanen waren geschlagen, alle größeren Mächte Europas hatten Interessen auf dem Balkan. Dabei waren ihnen die südslawischen Völker ziemlich egal und kaum im Wege, weil eben: keine ernstzunehmenden Gegner.

Während Habsburg dann doch Rußland herausforderte, das sich klar als Schutzmacht Serbiens deklariert hatte (Orthodoxie versus Katholizismus), hatte Deutschland längst (in vielleicht gerade 20 Jahren) mit allen Mitteln den Aufbau einer mächtigen Marine durchgepowert. Warum wohl von Null auf Seestreitmacht?

Um gegen England antreten zu können. Deutschland hatte ja die "Verteilung der Welt", das Okkupieren von Kolonien, völlig verschnarcht und wollte aufholen. Ohne Seestreitmacht undenkbar.

Ich vermute, Deutschland war höchst zufrieden, daß Österreich auf dem Balkan erstmal Rußland beschäftigte, während es (gegen alles Völkerrecht) durch Belgien auf England losmarschierte. Denn um die Russen wollten sich die Deutschen lieber später kümmern, um ihre Ideen vom "Lebensraum in Osten" durchzusetzen. Was ja auch Hitler noch versucht hat - ohne Erfolg, wie der olle Willem.

Lesen Sie ein bißerl! Die nächste Buchhandlung liegt doch nahe.

Martin Krusche, Gleisdorf

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