18. Oktober 2004

Letzten Freitag hat Hans Rauscher auf der Eins des "Standard" eine weltweite Gallup-Umfrage zitiert, wonach "44 Prozent unserer Landsleute finden", die russischen Menschen seien besonders unsympathisch.

Soll mich solche österreichische Borniertheit betrüben? (Zumal ich "russische Menschen" kennen und den Kontakt mit ihnen sehr schätze.) Das nützt nichts. Vorurteile kommen ohne reale Erfahrungen mit jenen aus, die gemeint sind. "Die Juden", "die Russen", "die Serben", "die Moslems" ... unsere Kultur ist durch die Schule des Rassismus gegangen.

Die Oberlehrer dieser Schule der Menschenverachtung sind oft exponierte Politiker und Schriftsteller. Wie unsere steirische Ikone Peter Rosegger belegt. Wie auch zeitgemäße Beispiele zeigen. Warum?

Komplexitätsreduktion ist ein einträgliches Geschäft. Simplifizieren bringt Stimmen. Stimmen bringen Rang. Rang bringt Geld.

Cut!

Wir erfahren grade aus "News" #42/04 einmal mehr, daß uns der Untergang droht ... wie unlängst aus der "Krone":

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Leider sehe ich nicht, daß Politik und Bildungswesen im öffentlichen Diskurs halbwegs deutlich gegen dieses Geraune von Türkensturm und "Umvolkung" durch Muslime antreten würden. Es begänne mit der wiederholten Klarstellung, was ÖVP-Politiker Karas unlängst schon geäußert hat:

"Ob die Türkei grundsätzlich EU-Mitglied werden kann, ist damit seit fünf Jahren mit einem Ja entschieden."

Dem müßte all die Arbeit gegen Ressentiments, Pauschalurteile und rassistische Motive folgen, für die Künstlerinnen und Künstler sich häufig die Zuschreibung einhandeln, sie würden "Österreich vernandern" . Wenn sie tun, was andere Opinion Leaders aus durchsichtigen Motiven meiden.

Indem sie Gründe nennen, Argumente vorbringen und diese konsequent in die öffentlichen Diskurse einbringen. Um etwa rassistische Vorurteile aufzubrechen.

Während sich also etabliertes politisches Personal meist davor drückt, die unverzichtbare Klärungsarbeit zu leisten, Karas zählt da offenbar zu den Ausnahmen, kommt es gegen Kunstschaffende laufend zu jenen Ausfällen, die -- wie aus aktuellem Anlaß ("Liebe Elfriede!") -- exemplarische Statements generieren ... wie:

"Partik-Pablé: Kann in den Jubel über Jelinek nicht einstimmen ... Man soll nicht vergessen, dass Jelinek Österreich seit Jahren in den Dreck zieht"

Cut!

Interessant bleibt bei diesen Entwicklungen, daß die Klischees anderen gerne vorwerfen, was wir selber auf dem Kerbholz haben. Denn es sind doch die Türken nicht vor Wien gestanden ohne die kollektive Erinnerung an den ersten Kreuzzug des christlichen Europas im 11. Jahrhundert. Bei dem Christen im Blut von Juden und Muslimen gewatet sind, wie von Augenzeugen überliefert ist.

Ich wüßte auch nicht, wann die Russen in unserem Lebensraum eingefallen wären, bevor erst Napoleon und dann Hitler gegen Moskau marschieren ließ.

Als ich vor einiger Zeit St. Petersburg besucht hatte, waren die Bunker noch zu sehen, die an jene furchtbare Blockade erinnern, da Hitler gemeint hat, er würde Leningrad nicht erobern, Leningrad werde sich selbst auffressen. So war es unter der erdrückenden Nazi-Blockade auch gekommen.

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Und da finde ich mich anno 2004 neben einem vormaligen steirischen Landtagspräseidenten wieder, dem seine offen bezeugte Nähe zu einem Traditionsverband der SS nie geschadet hat ... Das gibt zu denken.


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