25. Jänner 2004

Als bald schon älterer Herr mit rund 15 Jahren Bildschirmarbeit auf dem Buckel neige ich inzwischen zu regelmäßigen Spaziergängen. Andere Maßnahmen zum Wohle meiner strapazierten Wirbelsäule gefallen mir gar nicht.

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Da ich gestern das Thema Rosegger angezogen hab, fiel mir heute auf meiner Runde der Roseggerweg auf, der im Oststeirischen vermutlich in keiner Stadt fehlt. So wird das Andenken dieses Wegbereiters von Menschenverachtung hochgehalten. Parallel fand ich eine Bozenerstraße vor. Überraschend. Offensichtlich der damaligen "Südtirolfrage" gewidmet. Also auch im Kontext zur Pflege des Deutschtums.

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Ich hab das nachgeprüft. Laut Stadtchronik wurde die Straße per Gemeinderatsbeschluß vom Oktober 1930 so benannt. In Erinnerung an den Friedensvertrag von St. Germain. Das kommt also auf den Punkt. Zugleich mit der Benennung des Roseggerweges. Die Stadtchronik läßt die nationalistische Seite des Steirers dabei unerwähnt, betont "humorvolle Romane" und "volksverbundene Erzählungen". Naja ...

Außerdem sah ich am Straßenrand die neuen Plakate der „Städtepartnerschaft“, deren Einkaufsgutscheine eine kuriose Hintergrundgeschichte haben. Die Kampagne war anfangs stark kulturell getönt. Mit dem Slogan „Jetzt weiß ich was ich Otto SCHENK!“ Was der Agentur eine Klagsandrohung einbrachte, weil man den Namen des Schauspielers und Regisseurs Schenk ohne Berechtigung für die Werbeaktion verwendet hatte. Man einigte sich mit ihm, billig war’s nicht, und die Agentur zog einen neuen Werbeträger für die Geschichte aus dem Ärmel.

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Den Ex-Catchweltmeister Otto Wanz, der vor Jahrzehnten mit dem Komiker Sepp Trummer als Imageträger für die heimische Wirtschaft agiert hatte. Es irritiert mich, daß PR-Arbeit für das kulturelle Geschehen der Region an einem abgehalfterten Bud Spencer-Verschnitt festgemacht wird, der im Fernsehen gelegentlich noch ausposaunt, daß es ein Vergnügen sei, immenses Übergewicht mit sich zu schleppen, um dann weinerlich zu beklagen, daß er keine Frauen ins Bett bekommt. Da ist also bei den Agenturleuten und Tourismusverbänden ein sehr merkwürdiges Kulturverständnis auszumachen.

Als ich unlängst mit der mysteriösen Miss Lipsky und dem Vogeltanz beim Kaffee gesessen bin, habe ich die beiden gefragt, was denn zu tun sei, wo mir auffällt, daß selbst Kunstwerke, die inzwischen hundert Jahre alt sind, in der Bevölkerung den Ruf „moderner“, also schwieriger und unverständlicher Werke haben. Fällt dazu jemandem was ein?

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