Hartmut Skerbisch:
Solarbaum 1
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baum4.jpg (12556 Byte)   Der "Solarbaum"

 

 

Energie zeitgemäß!

Der "Solarbaum" in Gleisdorf

 

Von Martin Krusche

 

Der "Solarbaum" von Hartmut Skerbisch ist natürlich kein Baum, sondern eine Skulptur. Abbildung der Natur ist nicht Angelegenheit des Künstlers. Er befaßt sich mit den Prozessen, die ihr innewohnen und macht etwas davon wahrnehmbar - erfahrbar. Dieses Erfahrungsangebot, das in Skerbischs Arbeit liegt, ist freilich nicht in dekorativer, gefälliger Art verfaßt. Skerbisch ist weder "Raumausstatter" noch der Verfasser von Denkschriften. Er widmet sich Themen, indem er selbst radikale Erfahrungs- und Erkenntnisprozesse sucht. Seine Arbeit reflektiert diese Prozesse. Das verlangt den Betrachtenden ein Mindestmaß ähnlicher Neigung ab: Das Interesse, Erfahrungen zu machen. Sinnliche und ästhetische Erfahrungen ebenso wie rationale.

Die Photovoltaik ist ein faszinierendes Phänomenen: Aus Sonnenlicht wird elektrische Energie. Was Skerbisch mit diesem "Solarbaum" ausdrückt, ist ein vitales Prinzip der Evolution, das hier von der biologischen auf die technologische Ebene übersetzt wurde. Natur heißt: Die Photosynthese geschieht etwa in den Blättern der Bäume. Erst dadurch hat unsere Erde jene Atmosphäre erhalten, in der unser Dasein, unser Leben möglich ist. Der Baum als Symbol der Lebensspendung wird darin deutlich.

Der "Solarbaum" hat nicht bloß eine ästhetische Dimension, er trägt auch diesen Prozeß - symbolisch - in sich. Seine "Blätter" sind aus Solarzellen gefügt, deren Flächen in einem bestimmten Verhältnis zueinander stehen und die Strom / Energie liefern. Die Skulptur ermöglicht dadurch, in andere Lebens- und Informationsprozesse dieser Stadt aktiv eingebunden zu werden. Wichtig ist aber auch eine weitere Gemeinsamkeit des "Solarbaumes" mit natürlichen Bäumen. Bäume "erzeugen" Orte. Ein Baum bringt eine bestimmte Atmosphäre hervor und kann dadurch "Anlaufstelle" sein, ist das Zentrum eines Aufenthaltsortes, ist Treffpunkt. Skerbisch: "Wo ein Baum wächst, kommt ja ein unverwechselbares Wesen heraus. Der Baum prägt seine Umgebung. Er manifestiert sich dort selbst." Weiters: "Es ist für uns selbstverständlich, in einer Blätterwelt zu leben. Das schätzt man erst, wenn man darauf verzichten muß." betont Skerbisch unsere existentielle Abhängigkeit von Pflanzen.

Der "Solarbaum" schafft einen neuen Platz im öffentlichen Raum. Ursprünglich hatte es einen Wettbewerb gegeben, vier markante Zugänge zum Zentrum der Stadt mit künstlerischen Arbeiten zu betonen. Eine schöne Idee, der sich etliche Kunstschaffende gewidmet haben. Das war 1993 (!). Wir sehen in der Oststeiermark öfter, daß sich die Politik mit Kunst zwar gerne schmückt, den angemessenen Umgang mit Kunstschaffenden aber erst aneignen muß. Gleisdorf hat jedenfalls das ursprüngliche Vorhaben nicht realisiert. Die "Solar 94" und 96 wären weitere Gelegenheiten gewesen, Angebotenes umzusetzen. 1998 schienen die Entscheidungsträger ihre Agenda endlich halbwegs geordnet zu haben.

Inzwischen herrscht eine gehetzte Atmosphäre mit Blickrichtung Landesausstellung, die Planungsdefizite sind eklatant (siehe zum Beispiel "Klosterkomplex"), es gibt auch immer noch kein angemessenes Gremium oder Instrumentarium, durch das die eigentlichen kulturellen Gehalte adäquat bearbeitet werden. Skerbisch: "Was kulturell mit dem Gemeinwesen Gleisdorf geschehen soll, hängt davon ab, ob Macht und Kunstschaffen in einen sinnvollen Dialog treten wollen. Bis jetzt nutzt man nur den oberflächlichen Gehalt." Immerhin hat der Raum Gleisdorf kraftvolle Kunstschaffende, die dem Raum Akzente geben können.

Der "Solarbaum" wird - neben der Innenstadtbeleuchtung - an seiner Basis eine elektronische Anzeigetafel mit Strom versorgen, die allgemeine und aktuelle Informationen transparent anbieten kann, die auch für weitere künstlerische Beiträge genutzt werden könnte.

 

Punkt

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Photosynthese: fundamentale Stoffwechselreaktion chlorophyllhaltiger Organisamen, bei der Kohlendioxid und Wasser unter Anregung durch Lichtenergie (Sonnenlicht) zu Sauerstoff und Glucose umgesetzt werden.

Photovoltaik: direkte Umsetzung von Lichtenergie in elektrische Energie (in Halbleietermaterialien / Solarzellen)

Der Solarbaum von Hartmut Skerbisch (Projektdetails, zusammengestellt von Klaus Muik)
Martin Krusche: "Kunst, Macht und Raum" (Zur Eröffnung)
Andrea Wolfmayr: Ein Solarbaum ist ein Baum ist eine Skulptur ist eine Idee (Zur Eröffnung)