Andrea Wolfmayr
"Solarbaum"

Inhalt


[53/98]

 

Ein Solarbaum ist ein Baum ist eine Skulptur ist eine Idee

(Zur Übergabe der Skulptur am 10.9.98)

 

Von Andrea Wolfmayr

Der Solarbaum
Martin Krusche:
Kunst, Macht und Raum

 

Warum steht der Baum hier und nicht unten am Hauptplatz, warum hat er keinen Spitz und warum fünf Blätter? Warum ist er nicht beweglich, warum überhaupt schaut er aus, wie er ausschaut? Wird er noch bemalt oder bleibt er so grau? Hätte man ihn nicht weiter rüber, weiter runter stellen können? Überhaupt woandershin? Vielleicht in eine andere Stadt? Oder überhaupt nicht auf? Was hat sich der Künstler dabei gedacht? Wer ist das überhaupt. Aha, Lichtschwert in Graz. Gefällt mir auch nicht, verschandelt nur die Oper. Gott sei Dank haben sies jetzt weiter hinübergestellt, da störts nicht so.

Andrerseits gewöhnt man sich. Diskutiert zuerst ab, wie wild, logo, aber dann wirds normal, gehört zu uns dazu, ins Stadtbild. Schließt man es ins Herz sogar, - vielleicht. Möchte das Ding nicht mehr missen. Eigentlich hat mans immer schon klass gefunden. Hat man es nicht von Anfang an gesagt? Ein wunderbares Wahrzeichen. Endlich. Es hätte keinen schöneren Platz geben können. Aus der ganzen Welt kommen sie jetzt. Bewundern das Ding. Und uns. Vorbildlich. Beispielgebend. Sowas hat Weiz halt nicht! In die Zeitungen kommt man und ins Fernsehen. Wir haben es immer schon gesagt. Wir klopfen dem Künstler auf die Schulter. Wir spendieren ihm ein Bier und trinken per Du.

So geht’s halt mit der Kunst. Da ist so ein Künstler und stellt was auf, malt was, schreibt was, führt sein Stück auf oder einen Film, spielt uns seine Musik vor. Naja, was soll man da sagen? Der kann halt nicht anders. So ein Künstler ist einfach ein anderes Wesen. Muß immer was ausspinnen. Sicher, der wird seine Gründe haben, warum er es so macht und nicht anders. Aber andrerseits hätte man doch... oder hätte man nicht...? Diese Skulptur zum Beispiel, diese Solarstatue. Dieses Photovoltaik-Monster. Gott sei Dank ists wenigstens nützlich und holt Strom von der Sonne. Wenn Kunst einen Nutzen hat, dann ist es nicht so schlimm, find ich. Weil dann tut man sich leichter. Kann man hinwegsehen über das, daß es eigentlich häßlich ist. Und daß mans nicht versteht. Warum man überhaupt sowas braucht. Da darf man sich nicht wundern, wenn dann die Volksmeinung. Und die Politiker wissen auch nicht recht, sollen sie jetzt dafür sein oder dagegen, weil: Bringt das jetzt Stimmen? Da muß man sich erst einmal umhorchen.

Andrerseits ist das immer so mit großen Sachen. Mit dem Eiffelturm wars auch nicht anders. Oder dem Hundertwasserhaus. Das dauert, bis sowas greift. Und da gehen dann die Meinungen auseinander. Aber jetzt, wenn man denkt, die Thermen oder die Autobahnraststätten, oder Styrassic, - ist doch toll, oder?

Und wenn man so denkt, könnte man den Solarbaum eigentlich in Massenproduktion gehen lassen, in verkleinerter Form natürlich, als Bäumchen praktisch. Fürs Eigenheim. Spart man sich was bei der Warmwasserbereitung und der Heizung. Alternative Energiegewinnung, dafür sind "wir" schließlich berühmt inzwischen! Und was die Form betrifft, da kann man sich noch viel ausdenken. Das kann man dann individuell gestalten, da finden sich bestimmt Designer, die das machen, und dann kann sich jeder selber aussuchen, - gegen Aufpreis natürlich, - wie ers haben will. Eher zeitgeistig, in Chrom vielleicht, oder auf Bauernmalerei, mehr sportlich oder elegant, als Material wär auch Schmiedeeisen denkbar oder Messing, mit naturalistischen Blättern, und den Stamm auf Holz. Eiche. Oder exotisch. Oder so.

Also im großen und ganzen bin ich jetzt eher dafür. Und wenn man eine Meinungsumfrage machen tät, wär schon jetzt die Mehrheit von Gleisdorf pro. Tät ich wetten. Ein paar Ideen brauchts noch, wie gesagt, um das Ganze zu verbessern. Vielleicht könnte man es doch noch rot-weiß streichen, so als Symbol für Österreich. Und eine goldene Kugel obenauf, für die Gründungsurkunde. Ein paar Fahnenstangen dran. Und eine Gedenktafel daneben. Vielleicht auch eine Büste vom Künstler, einen Brunnen. Und was Grünes pflanzen, was Rankendes, weil das ist so beruhigend fürs Auge. Uns fallt bestimmt was ein. Wir freuen uns schon auf die Landesausstellung, da können wir uns dann so richtig austoben. Bei Funkenblitz und Geistesflug. Oder wie heißt das Motto noch schnell? Wurscht, um das geht’s nicht. Echt schad, daß wir keine genialen Künstler mehr haben heutzutage, keine begnadeten. Weil die jetzt da leben, unter uns, die sind schon schwierig. Aber sehen wirs einmal positiv: Wenn man ihnen ein bisserl unter die Arme greift, sag ich immer, und behilflich ist und ihnen zeigt, wo der Bartl den Most holt, wos lang geht finanziell und technisch und überhaupt, dann können sie ein echter Gewinn sein fürs Gemeinwesen. Man muß halt Abstriche machen. Aber dafür sind wir ja da, Gott sei Dank. Daß die Bäume nicht in den Himmel wachsen, da werden wir schon schauen drauf.

 

Punkt

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