Blatt #139 | KW 45/2020

Flugmotoren

Ich hab hier Inserate aus dem amerikanischen Magazin „Aircraft“ der Jahre 1911 und 1912 aufgegriffen, um einen Eindruck zu schaffen, wie Flugmotoren, die damals angeboten wurden, aussahen. Blériot und Konsorten hatten mit ihren erfolgreichen Flügen einen Boom ausgelöst. Damit läßt sich vermutlich die Beschreibung des angeblich ersten Puch-Motors ein wenig relativieren.



Der Puch Boxer von 1898

In seinem zweiten Buch über die Puch Automobile beschreibt Friedrich Ehn den Puch Boxer von 1898 als „Eigener Voituretten-Motor“. Das schließt er aus einem Bericht in der Allgemeinen AutomobilZeitung vom Jahr 1911. Es ist das Jahr, in dem Edvard Rusjan mit seinem nach Blériot gebauten Eindecker über dem Belgrader Kalemegdan zu Tode stürzte.



Der Motor des zweiten Marcus-Wagens.

Kurz davor, nämlich 1909, hatte Blériots Vorführung seines Flugapparates XI auf der Simmeringer Heide bis zu 300.000 Menschen angelockt. Undenkbar, daß man in der AAZ-Redaktion von diesem Ereignis nichts wußte.

Der kleine Absatz über den Puch-Boxer wurde im Blatt sehr vage gehalten. Dieser Motor sei „ein kurioses Ding“, er „ging und ging sogar nicht schlecht“, was ich für eine überraschend laienhafte Beschreibung halte. Doch war, so der Bericht weiter, „die damalige Zeit für die Fabrikation von Automobilen in Österreich noch nicht reif“.



Der kompakte Maximotor

Der nicht genannte Autor deutet an, Puch habe um 1898 sein Experimentieren mit dem Automobil-Bau unterbrochen, um das „erst auf dem Weg über das Motorrad mit großem Erfolg wieder aufzunehmen“. Ich halte das für pure Legendenbildung.

Außerdem war Altmeister Puch ein Meister der Öffentlichkeitsarbeit. Womöglich drückt das einfach seine effiziente PR-Arbeit aus. Zur Orientierung, der dreirädrige Benz Patent-Motorwagen Nummer 1 war am 3. Juli 1886 öffentlich vorgeführt worden. Der Zweite Marcus-Wagen wurde erstmals 1898 auf der Kaiser Franz-Joseph-Jubiläumsausstellung einem breiten Publikum präsentiert.



Von Blériot und Rusjan bevorzugt.

Seine genaue Bauzeit gilt als umstritten, doch es soll geklärt sein, daß das Chassis 1888/89 entstand. Hier, zum Vergleich, der Motor von Siegfried Marcus, den dieser damals erprobt hatte. Es scheint mir wenig einleuchtend, daß Johann Puch zu der Zeit mit dem Entwickeln von Automobilen einfach Pause gemacht haben soll, also diesen Ereignissen voraus war.

Für mich weist mehr darauf hin, daß er damals erfolgreiche Konzepte anderer Kräfte als Anregungen aufgegriffen und mit seinen Leuten modifiziert haben dürfte. Nicht umsonst erinnert sein erstes Motorrad (1900) an das De Dion-Bouton Tricycle von 1896. Puchs Voiturette von 1906 sieht der von Laurin & Klement aus dem gleichen Jahr sehr ähnlich. Eine damals ganz übliche Praxis.



50 bis 100 HP war damals ziemlich mächtig.

Einige Quellen berichten, Puch habe den Flugapparat XI von Blériot geordert, was wohl nach der Flugvorführung von 1909 geschah. In jenem Jahr hatten die Renner-Buben in Graz ihren Lenkballon Estaric I mit einem Reihenmotor von Puch vorgeführt.



Fox Aero Motors

Mir fallen auf Anhieb keine Voiturettes ein, die damals mit so ausladenden Boxermotoren bestückt waren. Mangels solider Quellen stelle ich mir vor, daß dieser luftgekühlte Puch-Boxer eher jünger als angegeben war. Mag sein daß er in einem Automobil erprobt worden ist, in einem Motorrad sicher nicht, weil für Kurven viel zu sperrig. Auf die Nase von Flugzeugen hätte er rund um 1909 aber vorzüglich gepaßt.



Kirkham Aviation Power Plant.
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